- Behandlung
Haben Sie bei Diabetes ein Auge auf Ihre Augen!
4 Minuten
Wie oft sollten Menschen mit Diabetes zum Augenarzt oder zur Augenärztin gehen? Und was kann getan werden, wenn die Augen durch den Diabetes geschädigt sind? Augenärztin Dr. Stefanie Schmickler beschreibt die Untersuchungsmethoden und gibt einen Einblick, wie Schäden im Auge behandelt werden können.
In Deutschland leben ca. 8 Millionen Menschen mit Diabetes. Von etwas höheren Zahlen geht der Ende 2019 veröffentlichte Diabetes Atlas der International Diabetes Federation (IDF) aus: Die Zahl der an Diabetes erkrankten Erwachsenen wird hierzulande auf 9,5 Millionen geschätzt, davon 90 % mit Typ-2-Diabetes. In diese Zahl bereits eingerechnet ist die hohe Dunkelziffer derjenigen, die an Typ-2-Diabetes erkrankt sind, aber davon noch nichts wissen.
Schäden an der Netzhaut durch Typ-1- und Typ-2-Diabetes
Es ist das Anliegen der Augenärzte, Menschen mit Diabetes vor Seheinschränkungen zu bewahren. Bei 24 bis 27 % der Menschen mit Typ-1-Diabetes finden sich diabetesbedingte Veränderungen in der Netzhaut – also an der innersten, lichtempfindlichen Haut des Augapfels. Bei mittlerweile 15 % kommt es zur Ansammlung von Flüssigkeit in der Netzhautmitte (Makula-Ödem), was zu einer deutlichen Einbuße beim Sehen führt.
Menschen mit Typ-2-Diabetes weisen bereits beim Erkennen des Diabetes mellitus durch den Arzt bei 2 bis 16 % diabetesbedingte Netzhautveränderungen auf. Das Auftreten von Flüssigkeit in der Netzhautmitte, also eines Makula-Ödems, wird mit 6 % angegeben.
Wie häufig sollten die Augen von einem Facharzt untersucht werden?
In der Nationalen VersorgungsLeitlinie wird festgelegt, wie häufig die Augen eines von Diabetes mellitus betroffenen Menschen augenfachärztlich kontrolliert werden sollen. Eine Vorsorgeuntersuchung braucht inzwischen nur alle zwei Jahre durchgeführt zu werden, wenn keine weiteren Risikofaktoren neben dem Diabetes und bisher keine Netzhautveränderungen vorliegen und der Arzt das individuelle Risiko des Entstehens von Netzhautveränderungen als gering einschätzt. Bei der Vorsorgeuntersuchung dokumentiert der Augenarzt auf einem standardisierten Vordruck den Befund für den überweisenden Hausarzt bzw. Diabetologen/Internisten.
Risikofaktoren, die zu einer augenfachärztlichen Kontrolle häufiger als alle zwei Jahre führen sollen, sind:
- die Dauer der Erkrankung (bei jahrelanger Erkrankung steigt auch das Risiko für Veränderungen in der Netzhaut),
- eine durch den Diabetes bedingte Netzhauterkrankung,
- ein erhöhter HbA1c-Wert,
- eine diabetesbedingte Nierenveränderung,
- Bluthochdruck.
Liegt nur eins dieser Risiken vor, sollte der Augenarzt jährlich eine Netzhautuntersuchung durchführen, nachdem die Pupillen des Patienten mit speziellen Tropfen weitgestellt wurden. Zeigen sich bereits diabetische Netzhautveränderungen, müssen die augenfachärztlichen Wiedervorstellungsintervalle entsprechend dem Schweregrad und den sonstigen Befunden angepasst werden. Hierfür gibt es bestimmte Leitlinien.
Ausnahmen von diesen Vorstellungsintervallen bilden Kinder mit Typ-1-Diabetes: Diese müssen vor dem 11. Lebensjahr nur untersucht werden, wenn der Diabetes mellitus bereits 5 Jahre und länger besteht.
Schwangere mit Diabetes sollten bei Feststellung der Schwangerschaft sofort und danach in Drei-Monats-Intervallen untersucht werden. Kommt es zu diabetischen Netzhautveränderungen, müssen die Kontrollintervalle in Abhängigkeit vom Befund verkürzt werden. Ebenso sollte bei einem neu aufgetretenen Diabetes mellitus kurzfristig kontrolliert werden.
Was untersucht der Augenarzt?
Beim Augenarzt/der Augenärztin wird zunächst die Sehschärfe mit optimaler (Brillen-)Korrektur bestimmt. Ferner wird das Auge mikroskopisch – mit einem Untersuchungsgerät, das der Augenarzt Spaltlampe nennt – untersucht, nachdem die Pupillen mit Augentropfen geweitet wurden, um die Netzhaut einzusehen. Häufig wird der Augeninnendruck gemessen.
Besteht der Verdacht auf eine diabetesbedingte Sehminderung, kann heutzutage die Netzhautmitte schichtförmig mit Hilfe der OCT (optische Kohärenztomographie) dargestellt werden. Hierbei handelt es ich um eine Untersuchung, die bei nicht erweiterter Pupille und vollkommen schmerzfrei durchgeführt wird. Sie wird allerdings erst dann von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt, wenn sich eine diabetesbedingte Netzhautschwellung nachweisen lässt.
Feine Veränderungen in der Netzhaut lassen sich darstellen
Im Fall von diabetesbedingten Netzhautveränderungen wird daraufhin eine Fluoreszenzangiographie durchgeführt. Das ist ein Verfahren, um feine Veränderungen in der Netzhaut und an ihren Gefäßen darzustellen. Dieses Verfahren wird auch bei der altersbedingten Makuladegeneration zum Stellen der Diagnose angewandt. Hierzu wird ein gelber Farbstoff in die Vene gespritzt und die Verteilung des Farbstoffs in der Netzhaut zu verschiedenen Zeitpunkten fotografiert.
Zeigt sich in der OCT eine Schwellung der Netzhaut, die die Sehschärfe mindert, da sie nahe am schärfsten Punkt des Sehens ist, muss eine intravitreale operative Medikamenteneingabe (IVOM) durchgeführt werden. Die IVOM wird zunächst immer mit drei Injektionen im Abstand von vier Wochen als Aufsättigungsbehandlung durchgeführt. Vier Wochen nach der letzten Injektion wird mittels OCT überprüft, ob sich noch Feuchtigkeit in der Netzhautmitte befindet.
Falls ja, muss der Patient weiter in monatlichen Abständen Injektionen bekommen. An Medikamenten kommen unterschiedliche Präparate zum Einsatz, die aber alle dasselbe Ziel verfolgen: dafür zu sorgen, dass neu gebildete, aber minderwertige Blutgefäße wieder verschwinden. Derzeit kommen dabei Avastin (Bevacizumab), Lucentis (Ranibizumab), Eylea (Aflibercept) und Ozurdex (Dexamethason) zum Einsatz.
Nützliche Quellen
Zeigen sich hingegen auf der Netzhaut des Auges kleine Gefäßausbuchtungen (Mikroaneurysmen), Blutungen, perlschnurartige Venen oder Anomalien der kleinen Netzhautgefäße (IRMA), ist eine Laserbehandlung der gesamten Netzhaut (panretinal) nötig. Hierbei werden in mehreren Sitzungen insgesamt ca. 1000 Lasereffekte in die Netzhaut gesetzt. Da das Lasern zu kleinen Netzhautnarben führt und gerade die nicht zentrale Netzhaut für das Sehen in der Nacht verantwortlich ist, werden durch diese Behandlung das Dämmerungs- und Nachtsehen und das Gesichtsfeld eingeschränkt.
Alternativ kann auch in den Fällen von schwerer proliferativer diabetischer Retinopathie (also der Form der Retinopathie, bei der neue, minderwertige Blutgefäße gebildet werden) eine IVOM-Therapie durchgeführt werden. Allerdings muss man als Patient wissen, dass diese Therapie ggf. aus mehr als nur drei Aufsättigungsinjektionen besteht und mit jeder Injektion das Risiko einer Augapfelentzündung besteht. Letztendlich wird sich eine Laserbehandlung aber auch bei diesen Patienten nicht vermeiden lassen.
Neben diesen schweren Veränderungen am Auge, deren Risiko sich durch eine gleichmäßige Stoffwechseleinstellung reduzieren lässt, erkranken Menschen mit Diabetes früher am Grauen Star. Dabei handelt es sich um eine Eintrübung der Augenlinse. Der Graue Star kann heutzutage problemlos ambulant operiert werden. Bei dieser Operation wird die getrübte Linse durch eine klare Kunststofflinse ausgetauscht.
Ferner kommen bei Menschen mit Diabetes häufiger trockene Augen vor. Ein Fremdkörpergefühl, aber auch ein vermehrtes Tränen als Antwort auf den Reiz sind die Folge. Helfen können hier künstliche Tränen und auch ein Blinzeltraining.
Schwerpunkt: „Kleine Blutgefäße schützen“
- Diabetische Mikroangiopathie: Wenn kleine Gefäße „verzuckern“
- Haben Sie bei Diabetes ein Auge auf Ihre Augen!
- Nephropathie bei Diabetes feststellen und behandeln
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2021; 70 (10) Seite 26-29
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gingergirl postete ein Update vor 6 Tagen, 23 Stunden
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 3 Tagen, 12 Stunden
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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hexle postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 3 Tagen, 3 Stunden
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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