- Behandlung
Insulin? Glukagon-Test!
3 Minuten
Spritzen oder nicht spritzen? Ein Glukagon-Test kann die Entscheidung für den Einsatz von Insulin erleichtern, weiß unser Kolumnist Hans Lauber zu berichten.
Bei Typ-1-Diabetes ist die Sache klar: Weil die Bauchspeicheldrüse praktisch kein Insulin mehr produziert, muss das Hormon regelmäßig gespritzt werden, um zu überleben. Die Entwicklung des künstlichen Insulins durch die Mediziner Grant Banting und Charles Best im Jahr 1921 war somit eine der größten pharmakologischen Leistungen – und hat seitdem Millionen Menschen gerettet.
Beim Typ-2-Diabetes ist die Sache differenzierter: Denn da verringert sich oft langsam die Leistung der Bauchspeicheldrüse. Das habe ich neulich bei mir erlebt, wo Ende November 2021 meine Blutzuckerwerte plötzlich explodierten, weil wohl eine Entzündung im Körper wütete, welche die Hormonproduktion beeinträchtigte. Da musste ich Insulin spritzen, worüber ich auch ausführlich geschrieben habe: Plötzlich braucht´s Insulin.
Das war offensichtlich aber nur temporär, denn in den folgenden Wochen besserten sich meine Werte, weshalb ich immer weniger spritzen musste. Um aber nun herauszufinden, wie stark denn meine eigene Hormonproduktion noch ist, machte ich Mitte Februar in der Diabetes-Schwerpunktpraxis von Dr. Meinolf Behrens in Minden einen Glukagon-Test, für den ich nüchtern sein musste, und es wird zuerst der Blutzucker bestimmt.
Dann wird eine „Venenverweilkanüle“ im Unterarm angelegt, über die eine erste Blutprobe entnommen wird. Anschließend wird über den venösen Zugang das Glukagon (1 mg in 10 ml physiologischer NaCl-Lösung) langsam appliziert. Das Hormon ist der Gegenspieler zum blutzuckersenkenden Insulin, und es bewirkt ein Ansteigen des Blutzuckers. Nach sechs Minuten wird über den Zugang die zweite Blutprobe entnommen – und die Verweilkanüle kann wieder entfernt werden, sodass der ganze Test rund 15 Minuten dauert.
In einem Labor werden dann die beiden Proben ausgewertet – und es wird das C-Peptid bestimmt, ein Nebenprodukt der Insulinbildung. Dieses Peptid erlaubt Rückschlüsse über die eigentliche Insulinproduktion. Wichtig ist nun der Anstieg des C-Peptids nach der Stimulation – und der fiel bei mir erfreulich aus: Der Wert kletterte von 1,25 µg/l nach sechs Minuten um 1,5 µg/l auf 2,75 µg/l, was etwas weniger als die Norm ist, aber signalisiert, dass ich immer noch über einige funktionsfähige Betazellen verfüge.
Was bedeutet das nun für mein Handeln? Ich habe noch eigenes Insulin, aber es ist so rar, dass ich sorgfältig damit umgehen muss. Das heißt, ich vermeide weitgehend schnelle Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel in die Höhe treiben, also Weißbrot, durchgekochte Nudeln, Reis und vor allem gesüßte Getränke. Regelmäßig verzehre auch den eingeweichten Samen der blutzuckerbalancierenden Heilpflanze Bockshornklee, die auch in meinem Diabetes Garten im Frankfurter Krankenhaus Sachsenhausen wächst. Auch bewege ich mich regelmäßig, denn straffes Gehen von mindestens einer Stunde wirkt fast so gut wie Insulin, auf das ich aber nicht ganz verzichten will.
Insulin-Impulse nenne ich das gezielte Spritzen von schnell wirkendem Insulin, bei mir Lispro von Sanofi. Es sind in der Regel zwei, drei oder vier Einheiten, je nachdem wie hoch mein Blutzucker ist – und wie sich der Trend gestaltet. Den „Trend“ zeigt ziemlich zuverlässig ein Pfeil auf dem Messgerät „FreestyleLibre3“ an, mit dem ich seit Wochen meinen Blutzucker kontrolliere (etwa „gleichbleibend“ auf dem Foto). In der Regel spritze ich einmal am Tag das Hormon, vor allem morgens und am späten Nachmittag vor dem Abendessen, wenn steile Anstiege drohen.
Verschwindend geringe Mengen sind das im Vergleich zu einer herkömmlichen Insulin-Therapie, aber auch so schone ich offensichtlich meine Bauchspeicheldrüse, was Dr. Behrens als „Betazell-Protektion“ bezeichnet. Erfreulich: Durch das regelmäßige taffe Gehen vor dem Schlafengehen gelingt es mir, die nächtliche Blutzuckerkurve in schickliche Bahnen zu lenken, so dass ich derzeit auf das Spritzen von basalem Insulin verzichten kann. Lohn der Kombinationstherapie aus klugem Essen, flottem Laufen und gezieltem Spritzen: Der Langzeitwert HbA1c lag am 6. Februar 2022 bei beruhigenden 6,5 Prozent – so tief wie seit Jahren nicht mehr.
So muss sie sein: Perfekte nächtliche Blutzuckerkurve.
Überschaubare Kosten fallen für den Glukagon-Test an, was bei entsprechender Indikation von den Kassen übernommen wird. Zur Verwunderung von Dr. Behrens ist dieser Test aber ein wenig aus der Mode gekommen, wird kaum mehr angewandt, weshalb das Procedere auch nicht hundertprozentig genormt ist.
Dr. med. Meinolf Behrens ist jedenfalls überzeugt, dass der Glukagon-Test ein wichtiger Baustein ist, um die bei Diabetes so essentielle Frage zu entscheiden: Insulin spritzen oder nicht. Seine Forderung: „Der Test sollte häufiger eingesetzt werden“.
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
Internet: www.lauber-methode.de
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gingergirl postete ein Update vor 6 Tagen, 11 Stunden
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus -
hexle postete ein Update vor 1 Woche
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Tagen, 15 Stunden
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*
LG Sndra