- Behandlung
Mehr Diabetes-Patienten in Kliniken als bislang angenommen
3 Minuten
Eine systematische Untersuchung in Baden-Württemberg zeigt, dass tatsächlich doppelt so viele Patienten mit Diabetes in Kliniken versorgt werden als bislang angenommen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) warnt daher vor einem Mangel an diabetologischem Fachpersonal und finanziellen Kürzungen in diesem Bereich.
Zu den wichtigsten Folgeerkrankungen des Diabetes zählen koronare Herzkrankheiten, Schlaganfall, Durchblutungsstörung der Beine, die diabetesbedingte Netzhauterkrankung des Auges, die dialysepflichtige Nierenschwäche und neurologische Störungen. Nicht selten sind diese Erkrankungen auch die Todesursache für Diabetes-Patienten.
„Bei einer stationären Aufnahme werden jedoch diese Patienten – je nach Art der Diabetes-Folgekomplikation – der entsprechenden Fachabteilung wie der Kardiologie, Angiologie, Nephrologie, Chirurgie oder Neurologie zugewiesen, obwohl der Diabetes mellitus die Ursache für die Komplikation ist“, erklärt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG und stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik IV am Universitätsklinikum Tübingen.
„Damit verschwindet der Diabetes als Hauptdiagnose aus dem Fallpauschalensystem DRG und folglich aus allen daraus abgeleiteten Statistiken.“
Fachbeirat Diabetes des zuständigen Ministeriums weist auf Problematik hin
Auf diese Problematik verweist nun der Fachbeirat Diabetes des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg in seiner Stellungnahme „Diabetes mellitus in der Klinik“. Er bezieht sich dabei auf eine Studie des Universitätsklinikums Tübingen aus 2016: Ärztinnen und Ärzte erfassten bei allen Patienten, die in einem repräsentativen vierwöchigen Zeitraum im Jahr 2016 in der Klinik stationär aufgenommen wurden, die Haupt- sowie Nebendiagnose Diabetes.
So sollte überprüft werden, wie hoch die Zahl an bekannten und unerkannten Diabetespatienten tatsächlich ist, die in einem Krankenhaus behandelt werden. Zusätzlich bestimmten die Mediziner in allen Abteilungen des Universitätsklinikums bei jedem Patienten über 18 Jahren den HbA1c Wert. So konnten sie auch Patienten mit bislang unerkanntem Diabetes oder Hinweis auf eine beginnende Diabeteserkrankung identifizieren.
Doppelt so viele Krankenhaus-Patienten wie angenommen hatten Diabetes
„Das Ergebnis ist alarmierend: Durchschnittlich 22 Prozent der in allen Abteilungen des Klinikums erfassten Patienten hatten eine Diabeteserkrankung“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Studienautor und Mitglied des Fachbeirats Diabetes aus Tübingen. Hochgerechnet auf Baden-Württemberg würden demzufolge jährlich rund 500.000 Diabetespatienten im Krankenhaus behandelt.
Mit der Gesundheitsstrategie Baden-Württemberg wurde 2009 eine gesundheitspolitische Gesamtpolitik skizziert, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Auftreten chronischer Krankheiten zu vermeiden und, wo dies nicht möglich ist, deren Auftreten in eine spätere Lebensphase zu verschieben. Hierzu setzt die Gesundheitsstrategie Baden-Württemberg verstärkt auf Gesundheitsförderung und Prävention.
Zur Umsetzung dieses Ziels wurden verschiedene Maßnahmen eingeleitet. Unter anderem wurde im März 2014 ein Fachbeirat Diabetes des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg eingerichtet, um das Sozialministerium in diesem Themenbereich zu beraten. Der Fachbeirat setzt sich u.a. aus Vertretern der Wissenschaft, der Versorgungsebenen, des öffentlichen Gesundheitsdienstes, anderer betroffener Ressorts, der Selbsthilfe und der Kostenträger zusammen.
Das bedeutet, dass 2016 nicht etwa jeder achte Krankenhaus-Patient eine Diabeteserkrankung hatte, wie offizielle Zahlen des Statistischen Bundesamts verlautbaren, sondern jeder vierte Patient – also doppelt so viele wie bislang angenommen. Eine retrospektive Analyse am Klinikum Stuttgart bestätigt diese Zahlen: Dort ergab sich sogar eine Rate von rund 30 Prozent der stationär behandelten Patienten mit der Diagnose Diabetes mellitus.
Zu wenige Ausbildungsstellen für die Weiterbildung in der Diabetologie
Aus diesen Zahlen leitet der Fachbeirat Diabetes in seiner Stellungnahme ab, dass der zukünftige Bedarf an diabetologischen Fachabteilungen in Krankenhäusern unterschätzt wird und somit auch zu wenige Ausbildungsstellen für die Weiterbildung in der Diabetologie innerhalb aller medizinischen Berufsgruppen zur Verfügung stehen. Dies impliziert negative Folgen für die adäquate Betreuung und Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus.
„Sicherlich ist diese Untersuchung nicht repräsentativ für Deutschland und es müssen weitere Erhebungen folgen, um diese Zahlen zu untermauern. Doch es ist ein wichtiger erster Hinweis darauf, dass der Anteil von Diabetespatienten in Krankenhäusern als zu gering angesetzt wird“, betont DDG Präsident Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland.
Steigende Typ-1-Diabetes-Rate: auch in Kinderklinken drohen Engpässe
Auch in Kinderklinken zeichnet sich ein besorgniserregendes Bild ab: „Mehr als 3.000 Kinder und Jugendliche erkranken in Deutschland jährlich neu an einem Typ-1-Diabetes“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Neu, Leiter der Diabetes-Ambulanz der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen. „Die Neuerkrankungsrate an Diabetes Typ 1 hat sich damit in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt.“
Viele Kliniken sind diesem Anstieg nicht gewachsen und personell unzureichend ausgestattet. Zudem ist eine adäquate Vergütung der Schulungen und Langzeitbetreuung in diesem Bereich derzeit nicht gewährleistet. „In Anbetracht der steigenden Erkrankungsraten bei Kindern und Jugendlichen ist dies alarmierend“, mahnt der Experte.
Orientierungshilfe für Patienten: Diabetes-Zertifikat für Kliniken
„Wenn bislang fehlinterpretierte Zahlen die tatsächlichen stationären Behandlungsfälle in Zusammenhang mit Diabetes mellitus verdecken, besteht Handlungsbedarf“, schlussfolgert Müller-Wieland. Zum einen müsse die Diabetologie im Fallpauschalensystem DRG besser berücksichtigt werden.
Zum andern schließt sich die DDG den Forderungen des Fachbeirats Diabetes an, diabetologische Schwerpunkte an Kliniken zu erhalten, diabetologische Fachabteilungen strukturell zu unterstützen und die Weiterbildung Diabetologie in der Klinik und Ambulanz zu fördern, um auch mittelfristig die stationäre und ambulante diabetologische Versorgung bedarfsgerecht sicherzustellen.
Darüber hinaus bietet die Fachgesellschaft das Zertifikat „Klinik für Diabetespatienten geeignet (DDG)“ an. Dies soll sicherstellen, dass Patienten mit der Nebendiagnose Diabetes in den entsprechenden Abteilungen bei jedem Krankheitsfall kompetent behandelt werden.
Quelle: Pressemitteilung der http://DeutschenDiabetesGesellschaft(DDG)
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig