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„Die Pubertät meiner Tochter war die schlimmste Zeit meines Lebens“, sagte meine Mama einmal, ich lief rot an, konnte es ihr aber nicht wirklich verübeln. Heute habe ich ein wundervolles Verhältnis zu meinen Eltern, aber das war nicht immer so. Gerade in der Pubertät gerieten wir immer wieder aneinander, aus vielen Gründen, und der Diabetes mischte auch mit.
Nicht nur ich habe Typ-1-Diabetes, sondern auch mein 11 Jahre älterer Bruder. Als ich mit 10 meine Diabetes-Diagnose bekam, hatten meine Eltern schon erfolgreich ein Kind mit Diabetes großgezogen. Die Pubertät stellte auch da eine besondere Herausforderung dar, war aber nicht wirklich nennenswert. Ganz im Gegensatz zu mir. Meine Pubertät war schwierig, ich war schwierig, mein Diabetes war schwierig. Damit bin ich aber absolut keine Ausnahme. Auf einem Diabetes-Infotag erzählte ein Kinder- und Jugenddiabetologe: „Die Pubertät ist eine besondere Zeit. Es passiert viel mit dem Körper der Jugendlichen, aber es spielt sich noch viel mehr in den Köpfen ab. Es gibt so viele Dinge, die die jungen Menschen beschäftigen, sie müssen ihren Platz und sich selbst finden und nebenbei noch den Diabetes managen. Wir, die keinen Diabetes haben, unterschätzen das oft.“ Außerdem berichtete er, dass viele immer nach dem Diabetes und den Blutzuckerwerten fragen würden, aber nicht nach all den anderen Dingen, die den Menschen beschäftigen.
Ich saß während dieser Rede im Publikum und war überwältigt. Gerne hätte ich in meiner Jugend einen Diabetologen mit derartigem Verständnis gehabt. Leider war es genau das Gegenteil. Ich selbst fühlte mich in der Pubertät tatsächlich auf meinen Diabetes und meine Werte reduziert. Die Folge war, dass ich meinen Diabetes versteckte, kaum noch jemandem davon erzählte und vor allen anderen wirken wollte wie ein gesunder Mensch. Vor anderen testete oder spritzte ich kaum. Auch ich hatte tausend andere Dinge im Kopf, war total damit beschäftigt, meinen Platz in der Welt zu finden. Für meinen Diabetes blieb da nicht viel Zeit und Aufmerksamkeit übrig und natürlich hatte ich katastrophale Werte. Meine Eltern machten sich Sorgen, aber je mehr sie mit mir über meinen Diabetes reden wollten, umso mehr machte ich dicht. Nicht selten endete die Situation damit, dass ich türknallend den Raum verließ. Immer wieder schickten meine Eltern mich zur Neueinstellung ins Krankenhaus, da sie nicht mehr wussten, was sie noch tun sollten. Ich hasste meine Krankheit immer mehr, denn zu diesem Zeitpunkt war mein Diabetes wirklich nur noch eine Krankheit und nichts anderes.
In der Pubertät passiert so viel. Man möchte sein wie jeder andere, möchte immer überall dabei sein. Man macht sich plötzlich Gedanken über sein Äußeres, seine Freunde, darüber dazuzugehören. Bei vielen bleibt dann manchmal die Schule auf der Strecke, bei Menschen mit Diabetes ist es häufig der Diabetes, der zurückstecken muss. Mein Diabetologe zeigte leider wenig Verständnis für meine Situation. Bei jedem Besuch musste ich mir eine gewaltige Standpauke anhören – und nicht nur ich, sondern auch meine Eltern. Der Grund für meine schlechten Werte waren für meinen Diabetologen ganz klar wir. Ich tat nicht das, was er mir vorschrieb, und meine Eltern kontrollierten mich zu wenig. Die Frage, warum das so ist, die wurde nicht gestellt. Ich hasste den Besuch beim Diabetologen und hatte jedes Mal schon Tage vorher Bauchschmerzen, denn ich fühlte mich dort immer wie ein Versager. War ich denn die einzige, die Pubertät und Diabetes nicht unter einen Hut bekam? Zumindest wurde mir dieses Gefühl vermittelt.
So ist es aber absolut nicht. So, wie es mir damals ging, geht es vielen Jugendlichen mit Diabetes. Die Pubertät ist auch ohne Diabetes eine schwierige Zeit, mit Diabetes vielleicht sogar noch ein Stückchen mehr. Wichtig ist, dass ihr euren Weg findet. Mit all dem seid ihr nicht alleine. Es gibt viele, denen es so geht und die euch verstehen. Mein Tipp lautet deswegen, sich Gleichgesinnte zu suchen, mit denen man sich austauschen kann – die einen verstehen. Zum Glück gibt es heute immer mehr Diabetologen, die Verständnis zeigen, denn in den letzten Jahren wurde immer präsenter, dass die Auswirkungen von Diabetes auf die Psyche des Menschen eine größere Rolle spielen, als man noch vor Jahrzehnten vermutete.
Mehr zu dem Thema Diabetes & Pubertät von Caro hier.
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