Niedriger Langzeitblutzuckerwert kein Risikofaktor für Unterzuckerungen

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Niedriger Langzeitblutzuckerwert kein Risikofaktor für Unterzuckerungen

In Deutschland und Österreich erleiden immer weniger Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes eine Unterzuckerung, die zu Bewusstlosigkeit und im schwersten Fall auch zum Tode führen kann. Experten haben durch eine Daten-Auswertung herausgefunden, dass niedrige Langzeitblutzuckerwerte kein Risikofaktor mehr für eine schwere Hypoglykämie und Koma darstellen. Für die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) sind die neuen Zahlen ein Erfolg der modernen Diabetesbehandlung.

Keine erhöhte Hypoglykämiegefahr

Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen ein Leben lang Insulin spritzen. Die Autoimmunerkrankung tritt meist bereits im Kindes- oder Jugendalter auf. Um Diabetes-Folgeerkrankungen wie Nierenschäden, Erblindung, Nervenschäden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu vermeiden, soll der Blutzucker der Patienten möglichst normnah eingestellt sein. Der Langzeitblutzuckerwert, das HbA1c, soll laut Leitlinie unter 7.5 Prozent liegen.

Lange Zeit galt, dass unter Insulinbehandlung bei Kindern und insbesondere Jugendlichen ein niedriger Blutzuckerwert mit einem deutlich erhöhten Risiko für Unterzuckerungen einhergeht. Nun zeigen die Daten der „Diabetes Patienten Verlaufsdokumentation“, dass heute bei zeitgemäßer Diabetesbetreuung eine normnahe Blutzuckereinstellung die Gefahr für eine Hypoglykämie nicht mehr erhöht.

Am Dokumentationsprogramm, das von 1995 bis 2012 an 372 Zentren in Deutschland und Österreich lief, haben über 53.000 Patienten teilgenommen. Es werden circa 80 Prozent aller an Typ-1-Diabetes erkrankten Kinder und Jugendlichen erfasst.

Zahl der Unterzuckerungen sinkt

„Zu Unterzuckerungen kommt es, wenn die Patienten vor den Mahlzeiten zu viel Insulin spritzen oder den nächtlichen Bedarf überschätzen. Die schlimmste Folge ist, dass der Patient in ein lebensgefährliches Unterzuckerungskoma fällt“, erklärt Professor Dr. med. Beate Karges vom Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Mitautorin der Studie. Unterzuckerungen sind bei jungen Patienten mit Diabetes nicht selten.

1995 kamen auf 100 Patienten und pro Jahr im Durchschnitt noch 42,3 Hypoglykämien und 13,5 Fälle von Bewusstlosigkeit („Koma“) durch Unterzuckerung. Doch seither ist die Zahl stetig gesunken. Im Jahr 2012 traten nur noch 17,6 Hypoglykämien und 1,8 Koma-Fälle pro 100 Patienten pro Jahr auf.

Die aktuellen Zahlen belegen also einen deutlichen Rückgang der Hypoglykämien. Dies gilt besonders für Patienten, deren Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) zwischen 6 bis 7.9 Prozent lag. Bei diesen Individuen nahm das Risiko für schwere Hypoglykämien um 50 Prozent und für Koma-Fälle um 86 Prozent ab. „Ein niedriger HbA1c-Wert ist erstrebenswert, weil er Spätfolgen des Diabetes vermeidet“, erläutert die Expertin für pädiatrische Endokrinologie.

Im ersten Studienjahr stieg das Hypoglykämie-Risiko noch um 28 Prozent, sobald die Patienten ihren HbA1c-Wert um einen Prozentpunkt absenkten. Im Jahr 2012 nahm das Risiko dann nur noch um 5 Prozent zu. Professor Karges fasst zusammen: „Bei guter fachärztlicher Betreuung kann heute das Therapieziel einer normnahen Blutzuckereinstellung ohne zusätzliche Gefährdung erreicht werden.“

Bessere Versorgung

Die genauen Gründe für die Abnahme der Hypoglykämien kann die Studie nicht klären. DGE-Mediensprecher Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Bochum, meint, dass die Versorgung junger Diabetespatienten insgesamt besser geworden ist. „Heute bekommen die Patienten oft die neuen Analoginsuline und in recht differenzierten Formen wie mehrfachen Injektionen am Tag oder zunehmend mit der Insulinpumpe. Sie werden von diabetologisch erfahrenen Teams behandelt, intensiv geschult und auch psychologisch betreut.“

Diese neuen Daten seien erfreulich. Nach wie vor sollte man aber gerade bei Kindern und Jugendlichen sorgfältig darauf achten, dass Unterzuckerungen, insbesondere schwere, das heißt mit Bewusstseinsverlust einhergehende, vermieden werden, betont der Experte.

Literatur:
Karges B, Rosenbauer J, Kapellen T, Wagner VM, Schober E, Karges W, Holl RW. Hemoglobin A1c Levels and Risk of Severe Hypoglycemia in Children and Young Adults with Type 1 Diabetes from Germany and Austria: A Trend Analysis in a Cohort of 37,539 Patients between 1995 and 2012. PLOS Med. 2014; 11(10): e1001742

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 4 Tagen

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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