In der Serie Blaulicht stellen wir Ihnen die häufigsten Notfälle vor und erläutern diese – und was Sie als Ersthelfer tun sollten.
Der Notfall
Beim Spielen am Beckenrand des Schwimmbades rutscht der 13-jährige Tobias K. aus und schlägt mit dem Hinterkopf auf den Fliesenboden. Er bleibt danach reglos liegen und blutet stark aus einer Kopfplatzwunde. Dies beobachtet der Schwimmmeister und eilt sofort zu Tobias. Zunächst ist Tobias nicht ansprechbar, erwacht jedoch nach einer halben Minute. Er kann sich an den Sturz nicht erinnern und ist weiterhin benommen.
Das unternimmt der Ersthelfer
Mit Material aus dem Verbandkasten wird die Kopfplatzwunde versorgt. Es erfolgt eine sterile Abdeckung mit einer Kompresse und einem zirkulären Kopfverband. Tobias wird in den Sanitätsraum des Schwimmbades gebracht, um auf den Rettungsdienst zu warten. Dort erbricht der Patient einmal.
- Rettungsdienst informieren.
- Erste Hilfe leisten: Wunde versorgen, Patient betreuen.
- Überwachung in der Klinik und Abklärung: Gibt es weitere Schädigungen?
Das macht der Rettungsdienst
Der alarmierte Rettungswagen trifft wenige Minuten nach dem Notruf, den der Schwimmmeister über die 112 abgesetzt hat, im Schwimmbad ein. Aufgrund der Schilderungen der Ersthelfer und aufgrund der Tatsache, dass Tobias kurzzeitig bewusstlos war und sich übergeben hat, fordert die Besatzung einen Notarzt zur weiteren Versorgung nach. Dann beginnen sie mit der Untersuchung des jungen Patienten.
Durch den Sturz kann die Halswirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen worden sein, daher bekommt Tobias vorsorglich eine Halskrause (Stiffneck) angelegt, um ggf. weitere Schäden zu vermeiden. Das Rettungsdienstteam untersucht ihn eingehend und überwacht alle Vitalwerte des Jungen wie Blutdruck, Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung.
Auch wird ein neurologischer Status erhoben: Kann sich Tobias an alles erinnern, ist ihm schwindlig, reagieren die Pupillen auf Lichtwechsel usw.? Die Platzwunde wurde von den Ersthelfern vorbildlich versorgt, so dass hier keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Nach Eintreffen des Notarztes bekommt Tobias noch einen venösen Zugang gelegt, um während des Transports ggf. Medikamente geben zu können. Auf dem Transport wird immer wieder der neurologische Status abgefragt, um schnell reagieren zu können, sollte sich Tobias’ Zustand verändern.
Das passiert in der Klinik
Tobias wird in die Klinik gebracht, um die Kopfplatzwunde mit zwei kleinen Stichen zu nähen. Die kurze Bewusstlosigkeit und das Erbrechen sind typische Symptome der Gehirnerschütterung. Da beim Sturz auf den Schädel sowohl der Schädelknochen brechen kann und auch Blutungen im Gehirn auftreten können, muss Tobias für ein bis zwei Tage überwacht werden.
Bei der Aufnahme und in regelmäßigen Abständen untersucht der Kinderarzt Tobias sorgfältig und achtet vor allem darauf, ob er Ausfälle der Gehirnleistung hat, auf den Wachheitsgrad und ob sich Differenzen der Pupillen ergeben. Für den Fall, dass Tobias neurologisch auffällig wird, sind weitergehende Untersuchungen wie eine Computertomographie des Schädels notwendig, um Gehirnverletzungen rechtzeitig zu erkennen.
In diesem Fall hat Tobias Glück gehabt: Nach eineinhalb Tagen kann er nach Hause gehen. Bis auf leichte Kopfschmerzen für zwei weitere Tage bleibt nichts von dem Sturz übrig.
In der Serie Blaulicht stellen wir Ihnen die häufigsten Notfälle vor und erläutern Ihnen die Art des Notfalls – und was Sie als Ersthelfer sinnvollerweise tun sollten.
Danach zeigen wir Ihenen die Maßnahmen, die die Kollegen vom Rettungsdienst durchführen werden. Da die meisten Notfallpatienten in ein Krankenhaus gebracht werden müssen, erfahren Sie, was dort üblicherweise gemacht wird.
von Prof. Dr. med. Thomas Haak
Chefredakteur des Diabetes-Journals, Ltd. Notarzt im Main-Tauber-Kreis
und Kai Schlecht
Rettungsdienstleiter beim DRK Bad Mergentheim
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (6) Seite 34-35