Typ-1-Diabetes: Zeit für neue Wege

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Typ-1-Diabetes: Zeit für neue Wege

Wissenschaftler des „Helmholtz Zentrums München“ starteten im Januar in Berlin die crossmediale Kampagne „A World Without 1“: Sie widmet sich u. a. mit Plakaten der Früherkennung und Verhinderung von Typ-1-Diabetes, der häufigsten Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. Durch aktuelle Studien soll die Krankheit früh erkannt und rechtzeitig ihr Ausbruch verhindert werden. Die Forscher hoffen auf möglichst viele Unterstützer.

Prof. Dr. Otmar D. Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, zu Beginn der Pressekonferenz: „Wir sind die größte Forschungsorganisation in Deutschland und als solche haben wir auch den Anspruch, nicht allein zum Zweck des Erkenntnisgewinns zu forschen, sondern der Gesellschaft konkrete Lösungen für drängende Probleme zu bieten. Typ-1-Diabetes als Stoffwechselerkrankung mit fast 350.000 Betroffenen in Deutschland und wachsenden Fallzahlen ist definitiv ein solches drängendes Problem, auch wenn das Bewusstsein dafür bislang noch gering ist.“

Typ-1-Diabetes früh erkennen und in Zukunft verhindern

Wie man diesem Problem konkret begegnen möchte, erklärte Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler: „Wir am Institut für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München haben uns gemeinsam mit anderen Forschungseinrichtungen und Kliniken (…) auf die Fahnen geschrieben, die Versorgung von Menschen mit Typ-1-Diabetes durch Früherkennung zu verbessern und die Entstehung der Krankheit in Zukunft zu verhindern“, so die Initiatorin des Projekts.

Risikotests auf Typ-1-Diabetes


Beispiel 1:
Das Risiko wird durch ein genetisches Screening aus einem Blutstropfen von Neugeborenen bestimmt. Kinder mit erhöhtem Risiko bekommen anschließend die Möglichkeit, an einer Präventionsstudie teilzunehmen. Dabei wird der normalen Nahrung Insulinpulver beigemischt: Durch die Aufnahme über den Verdauungstrakt wirkt das Hormon nicht blutzuckersenkend, sondern wird in kleine Bausteine zerlegt und im Darm dem Immunsystem präsentiert. So soll langfristig eine Toleranz des Körpers aufgebaut und der Angriff auf die insulinproduzierenden Zellen unterbunden werden.

Beispiel 2:
Zudem testen die Forscher auch ältere Kinder auf Typ-1-Diabetes im Frühstadium, wenn noch keine Symptome vorliegen, sondern die Krankheit nur durch den Nachweis von Inselautoantikörpern festgestellt werden kann. Auch hier greifen Folgestudien mit Insulinpulver zum Essen.

„Durch Screenings und Präventionsstudien wollen wir dafür sorgen, dass Kinder mit einem erhöhten genetischen Risiko und mit einem Frühstadium des Typ-1-Diabetes künftig vorbeugend behandelt werden können, sodass die klinische Manifestation der Krankheit ausbleibt. Unsere Vision ist eine Welt ohne Typ-1-Diabetes: A World Without 1!“

A World Without 1
A World Without 1 steht für alle Studien und Projekte, die zum Ziel haben, Typ-1 Diabetes bei Kindern zu stoppen oder zu verhindern.

Getragen wird es vom Institut für Diabetesforschung (Helmholtz Zentrum München) in Kooperation mit der Forschergruppe Diabetes (der Technischen Universität München am Klinikum rechts der Isar), dem Center for Regenerative Therapies Dresden und der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden) und dem Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT Hannover und internationalen Forschungskonsortien: GPPAD (Global Platform for the Prevention of Autoimmune Diabetes), TrialNet und INNODIA sowie dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD).

Hier finden Sie eine Übersicht zur Teilnahme an einer Studie im Rahmen von A World Without 1.

Ziegler und ihrem Team war es nach jahrelanger Forschung zu den Ursachen von Typ-1-Dia­betes gelungen, das entsprechende Risiko frühzeitig durch einen Gentest zu identifizieren. Darauf aufbauend laufen aktuell weitere klinische Studien, um den Ausbruch der Krankheit bei den oft sehr jungen Risikoträgern zu verhindern (Studienübersicht siehe Seiten 34/35).

Dr. Astrid Glaser, Geschäftsführerin vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung: „Die Forschungsarbeiten, die Frau Ziegler und ihr Team verfolgen, haben das Potenzial, Typ-1-Diabetes zukünftig zu verhindern. Es freut mich sehr, dass es durch die exzellente Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gelungen ist, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung nun in großen klinischen Studien, die von Deutschland aus geleitet werden, weiter zu untersuchen.“

„Zeit für andere Wege“

Eine davon ist Prof. Dr. Olga Kordonouri, Stv. Ärztliche Direktorin des Kinder- und Jugendkrankenhauses AUF DER BULT in Hannover. Sie leitet das dortige Studienzentrum und hat täglich Umgang mit Betroffenen: „Natürlich ist es für Typ-1-Diabetiker ein Segen, dass es die Behandlung mit Insulin gibt. Doch die erstmalige Extrahierung von Insulin durch Frederick Banting ist jetzt nahezu 100 Jahre her – es wird Zeit, dass wir andere Wege der Behandlung finden, als dass Menschen sich bis zu 150 000-mal im Leben eine Insulinnadel in den Körper stechen müssen.“

Karin Seyffarth (Bernau) rief dazu auf, sich an den Studien-Projekten zu beteiligen und die Kampagne zu unterstützen: Mit 17 Jahren wurde bei ihr ein Typ-1-Diabetes diagnostiziert, heute ist sie Mutter von zwei kleinen Töchtern. Beide haben ein erhöhtes Risiko, selbst einmal zu erkranken, und nehmen am Präventionsprogramm teil.


von Günter Nuber
Chefredaktion Diabetes-Journal, Kirchheim-Verlag,
Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (3) Seite 10-11

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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