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Mediziner und Anthropologen der Marburger Philipps-Universität erforschen im südlichen Afrika das Fortschreiten des Diabetes durch den Wandel der dortigen Lebensgewohmheiten.
Die Verstädterung im südwestafrikanischen Namibia führt zu einer Zunahme von Diabetes und anderen Störungen des Zuckerstoffwechsels. Das schreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Marburger Leitung in einer aktuellen Veröffentlichung des Fachblatts “Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism”. Das Autorenteam führt den Trend auf Änderungen der Ernährung und Lebensweise zurück, vermuten aber auch Stress als Ursache, etwa aufgrund von sozialer Instabilität und kulturellem Wandel.
Über 387 Millionen Menschen weltweit leiden an Diabetes; der “International Diabetes Federation” zufolge leben mehr als drei Viertel davon in armen Ländern. Die Neigung zu Diabetes kann sowohl an genetischen Prädispositionen liegen als auch an Umweltfaktoren. Um die Ursachen genauer zu erforschen, untersuchten die Mediziner und Ethnologen das Bantuvolk der Ovahimba in Namibia, einem der am wenigsten dicht besiedelten Länder der Welt. Die Ovahimba, einstmals fast ausschließlich halbnomadisch auf dem Land lebend, ziehen zunehmend in die Städte.
Welchen Einfluss üben die neue Umgebung und Lebensweise auf die Gesundheit der Ovahimba aus? “Stress durch eine Situation der soziokulturellen Instabilität im Kontext der Urbanisierung führt zu hoher Cortisol-Ausschüttung, was Stoffwechselprobleme hervorrufen kann”, erklärt der Erstautor der aktuellen Veröffentlichung, der Endokrinologe und Ethnologe Professor Dr. Dr. Peter Herbert Kann von der Philipps-Universität; er arbeitete für die Studie mit weiteren Medizinern sowie mit dem Marburger Ethnologen Professor Dr. Mark Münzel und mit dem Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität von Namibia in Windhoek, Professor Dr. Peter Nyarango, zusammen.
Das Autorenteam vergleicht in seiner Publikation 60 städtische mit 60 halbnomadisch lebenden Männern und Frauen. Das Ergebnis: Bei Städtern finden sich Diabetes und andere Krankheiten des Zuckerstoffwechsels doppelt so häufig wie bei Landbewohnern (28,3 Prozent vs. 12,7 Prozent). Wie die Befragung der Probanden ergab, ist die Ernährung in der Stadt ungesünder als auf dem Land, wo sich die Leute außerdem mehr bewegen.
“Die eigentliche Besonderheit unserer Befunde besteht darin, dass die Cortisolkonzentration im Speichel bei Stadtbewohnern deutlich höher ist”, hebt Kann hervor. Die Wissenschaftler deuten dies als Antwort auf psychosozialen Stress, der durch die Verstädterung hervorgerufen wird. “Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass das erhöhte Diabetesrisiko in Entwicklungsländern durch soziokulturelle Instabilität gefördert wird, wenn diese zu einem gestörten Cortisolhaushalt führt”, resümiert Kann.
Quelle: Pressemitteilung der Philipps-Universität Marburg
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