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Mit großer Spannung werden sie jedes Jahr von Sport- und Fitnesstrainern, Übungsleitern und vielen anderen Gesundheits- und Fitnessexperten erwartet: die weltweiten Fitnesstrends des „American College of Sports Medicine“. Auch für 2019 haben die amerikanischen Sportwissenschaftler und -mediziner eine Übersicht der Top-20-Fitnesstrends weltweit erstellt. Was geht mit Diabetes? Das Diabetes-Journal hat für Sie einige davon genauer unter die Lupe genommen.
Schon wieder neue Ernährungs- und Fitnesskonzepte? Wer bei Google nach „Fitnesstrends“ sucht, bekommt weit über 1 Mio. Ergebnisse angezeigt. Fitnesslaien und mitunter selbst Fitnessexperten ist es kaum noch möglich, nachhaltige, gesundheitsorientierte Fitnesstrends von mitunter kommerzgetriebenen Modeerscheinungen einer boomenden Fitnessbranche zu unterscheiden.
Mehr als nur eine Orientierung im Dickicht der Fitnesslandschaft bieten erfreulicherweise die jährlich veröffentlichten weltweiten Fitnesstrends der amerikanischen Experten (siehe Kasten).
Die Digitalisierung der Fitnesswelt ist eine Tatsache. Waren Wearables (am Körper getragene Fitness-Tracker etc.) im Jahr 2018 noch auf Platz 3, sind die im Ranking der Fitnesstrends 2019 oben angekommen: Ob als Motivationshilfe für den Bewegungseinsteiger oder als Instrument für die perfektionierte Trainingssteuerung – Trainings-Apps, Pulsuhren oder Fitness-Tracker sind aus dem Fitnessalltag nicht mehr wegzudenken.
Moderne Geräte verfügen u. a. über eine Aktivitäts- und Schlafüberwachung, messen die Herzfrequenz, berechnen den Energieverbrauch und bieten ein integriertes GPS (Globales Positionsbestimmungssystem).
Eine Erkenntnis bleibt bei aller Begeisterung: Ohne Bewegung nützt der beste Tracker nichts. Die motivierende Wirkung selbst gesetzter Ziele ist nicht neu. Wearables ermöglichen, die eigenen Bewegungsziele in unterschiedlicher Form messbar, sichtbar, vergleichbar und abrufbar zu machen. Mit den erreichten Zielen vor Augen bewegt es sich einfacher.
Fitness-Tracker & Co: Wearables sind heutzutage bei Sport und Bewegung nicht mehr wegzudenken.
Sportlern mit Typ-1-Diabetes bieten solche technischen Spielereien, sprich „Fitness-Gadgets“, in Verbindung mit den rasanten Entwicklungen in der Diabetestechnologie große Möglichkeiten. Kontinuierlich erfasste Glukosewerte gemeinsam mit Wearable-Messdaten wie Herzfrequenz, Beschleunigung, Wärmefluss oder Hautfeuchtigkeit werden die Therapiesteuerung bei körperlicher Aktivität zunehmend erleichtern.
Eine stetig verbesserte Messgüte der unterschiedlichen Systeme, der Einsatz schneller wirksamer Insuline und intelligenter Algorithmen zur Insulindosisfindung mit Daten verschiedenster Messmethoden erleichtern heute schon eine bessere Glukoseeinstellung – nicht nur beim Sport.
Diabetes-Fazit: kleine Helfer mit riesigem Potenzial für Diabetiker.
Auf Rang 2 liegt das Gruppentraining. Gruppentraining: eigentlich ein alter Hut – oder doch mehr? Das Schwierigste auf dem Weg zur Fitness ist nicht das Training selbst, sondern überhaupt erst damit durchzustarten. Diese Erfahrung hat auch Sabine W. gemacht: Die 46-jährige Versicherungskauffrau ist vor drei Jahren an Typ-2-Diabetes erkrankt. „Sie sollten sich mehr bewegen“, hörte sie immer wieder von ihrem Diabetologen. „Mehr bewegen – ich bin aber einfach nicht vom Sofa gekommen“, erinnert sich Sabine.
Gruppentraining: einer der Top-Fitnesstrends! Denn das Schwierigste ist, mit der Bewegung überhaupt erst zu beginnen.
Im letzten Sommer hat sie sich dann einer Fitnessgruppe angeschlossen – und auf einmal klappte es mit der Bewegung. Sportpsychologen wissen schon lange, dass man beim Sport von der Gruppendynamik profitiert – die Motivation steigt. Sabine W. ist stolz, die richtige Gruppe gefunden zu haben. Das ist nicht immer einfach – neben Sportart und Trainingsintensität müssen vor allem auch Fitness- und Gesundheitszustand der Teilnehmer passen.
Diabetikern steht erfreulicherweise ein breites Angebot an Präventions- und Rehabilitationskursen zur Verfügung, die in der Regel auch von den Krankenkassen finanziert werden.
Diabetes-Fazit: großes Angebot an Präventions- und Rehabilitationskursen; sollten Sie unbedingt nutzen.
Seit 2014 immer unter den Top 5: das hochintensive Intervalltraining (HIIT), eine Trainingsform mit hochintensiven Belastungen, die durch Erholungsphasen von geringer Intensität unterbrochen werden.
Die amerikanische Diabetes-Gesellschaft (ADA) empfiehlt jüngeren und fitteren Diabetikern HIIT als mögliche Alternative zu einem moderaten Ausdauertraining. Was Diabetiker im Detail zum HIIT wissen sollten, erfahren Sie im Schwerpunkt-Beitrag „Kurz oder lang trainieren: Was bringt HIIT bei Diabetes?“.
Diabetes-Fazit: effiziente Alternative zum Ausdauertraining; nicht für jeden geeignet.
Laut Deutschem Gesundheitsbericht Diabetes 2019 ist davon auszugehen, dass in Deutschland rund 4 Mio. Menschen über 65 Jahre alt sind und einen Diabetes haben, Tendenz steigend. Lange verkannt und belächelt, sind Fitnessprogramme für ältere Menschen heute aus Sportvereinen und Fitnessstudios nicht mehr wegzudenken.
Nahezu jeder Sportverein und jedes Fitnessstudio bietet mittlerweile Fitnessprogramme an, die speziell für für ältere Menschen entwickelt wurden.
Gerade für ältere Diabetiker geht es dabei um mehr als nur um Ausdauer und Kraft: Das Verbessern von Koordination, Gelenkigkeit, Reaktionsvermögen, Selbstwahrnehmung und geistiger Leistung fördert Glück, Fitness und Gesundheit. Allerdings: Sicherheit geht vor, daher sollte vor Trainingsbeginn der Check beim Arzt erfolgen.
Diabetes-Fazit: zu Recht ganz oben dabei.
Muskeltraining ist Gregor R. schon immer wichtig gewesen. Mit Training in Fitnessstudios kann sich der 27-jährige Typ-1-Diabetiker allerdings nicht anfreunden: „Ganz einfach nicht meine Welt.“ Da er außerdem geschäftlich viel auf Reisen ist, möchte er zeitlich und örtlich unabhängig trainieren – idealerweise ganz ohne Geräte. Die einfache Lösung für ihn lautet: Training mit dem eigenen Körpergewicht.
Liegestütze, Dips, Crunches oder Kniebeugen gehen in jedem Hotelzimmer. Anders als beim klassischen Gerätetraining werden beim „Bodyweight-Training“ viele Muskeln gleichzeitig trainiert. Beweglichkeit und Koordination optimiert Gregor R. bei diesen Übungen direkt mit.
Wer viel unterwegs ist: Liegestütze oder Kniebeugen kann man auf der Wiese machen – aber auch im Hotelzimmer.
Egal welcher Diabetestyp oder welches Alter – Bodyweight-Training ist grundsätzlich eine interessante Trainingsvariante für alle Diabetiker. Voraussetzung ist, dass es technisch sauber durchgeführt wird (Beispiele zum Einstieg finden Sie im nachfolgenden Kasten) und dass das Training mit dem Arzt abgestimmt ist.
Theodor Block, Deutscher Meister über die Kurzdistanz im Duathlon und Deutscher Vizemeister über die olympische Distanz und Mitteldistanz im Triathlon 2018 in seiner Altersklasse, hält sich fit mit Ausdauer- und Muskeltraining. Der 69-jährige pensionierte Sportlehrer zeigt fünf Übungen für den Start in ein erfolgreiches Muskeltraining. Auch wenn die Übungen einfach aussehen – zumindest für den Einstieg sollten Sie sich Unterstützung von Übungsleitern oder Fitnesstrainern holen.
Ähnlich verhält es sich mit einem weiteren Klassiker unter den Top 20 der jährlich veröffentlichten weltweiten Fitnesstrends: dem funktionellen Fitnesstraining. Medizinball, Springseil, Balance-Board, Sandsack oder Schlingentrainer sorgen für ein hocheffektives Ganzkörper-Workout. „Bewegungen trainieren und nicht nur einzelne Muskeln – das stärkt besonders die Alltags-Fitness“, bringt Anja Thale, Fitnesstrainerin und Diabetesübungsleiterin, die Vorteile eines funktionellen Trainings auf den Punkt.
Diabetes-Fazit: Training mit dem eigenen Körpergewicht und funktionelles Training richtig umgesetzt: „Daumen hoch!“
Bewegung hat unendlich viele Facetten. Das Vorgestellte ist nur eine kleine Auswahl an Bewegungsideen – und nicht jede Sportart passt zu jedem. Zudem können ein labiler Diabetes oder Diabetes-Begleit- und Folgeerkrankungen die Auswahl für Diabetiker nicht immer ganz einfach machen.
Daher lohnt sich ein genauerer Blick in die spannende Fitnesswelt. Seien Sie neugierig, und entdecken Sie die Bewegungsvielfalt. Und letztlich gilt nicht erst seit Mark Twain: „Das Geheimnis des Erfolgs ist anzufangen.“
von Dr. med. Meinolf Behrens
Arzt für Innere Medizin, Diabetologe DDG, Sport- Ernährungsmedizin,
Diabeteszentrum Minden, Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
E-Mail: mb@diabetes-minden.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (5) Seite 22-26
5 Minuten
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