Der Trend zum Laufen

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Der Trend zum Laufen

Golden Retriever gelten als intelligente, umgängliche und liebevolle Hunde, die sich vor allem gern bewegen. Auch Bonny, die sechsjährige Hündin von Heide und Axel Beckmann, liebt die Bewegung. Am liebsten läuft sie mit ihrem Herrchen Axel durch das Mindener Glacis vorbei an Bastau und Weser.

Axel Beckmann genießt das morgendliche Laufen mit Bonny. Regelmäßig laufen die beiden Hobby-Sportler morgens 5 Kilometer vor der Büroarbeit und am Wochenende auch schon mal 10 Kilometer. Axel Beckmann hat seit 36 Jahren Typ-1-Diabetes. Wenn nicht gerade die Plantarfaszie (Sehnenplatte unter dem Fuß) zwickt, hält ihn eigentlich nichts vom Frühsport ab.

Fällt der Glukosewert zu tief, wird Axel Beckmann vom System gewarnt

So richtig genießen kann der 60-jährige Rechtsanwalt das Laufen aber erst wieder seit dem 8. Oktober 2014: Seitdem führt er eine sensorunterstützte Pumpentherapie (SuP) mit dem Paradigm-Veo-System durch. „Als ich noch Insulin mit dem Pen spritzte, musste ich beim Laufen doch sehr aufpassen, nicht zu unterzuckern“, erinnert er sich.

Das hat sich seither entscheidend geändert. Ein Blick auf die Pumpe vor dem Laufen – ein Glukosewert über 180 mg/dl (10,0 mmol/l) und Trendpfeil nach oben – und schon kann der Startschuss erfolgen. Falls der Glukosewert zu tief fällt, kann sich Axel Beckmann darauf verlassen, dass das System ihn durch laute Signale und starke Vibrationen rechtzeitig warnt.

Abweichende Gewebe- und Blutzuckerwerte: „Damit lernt man schnell umzugehen.“

Der Typ-1-Diabetiker weiß natürlich auch, dass gerade beim Sport Gewebe- und Blutzucker voneinander abweichen können: „Damit lernt man schnell umzugehen.“ Für ihn ist deshalb die zusätzliche Anzeige des Glukosetrends extrem wichtig. Zudem profitiert er dank der Hypoglykämie-Abschaltung gerade nach abendlichem Sport von der sensorunterstützten Pumpentherapie. Damit der Sensor sich beim Sport durch den Schweiß nicht löst, wird er mit Kinesio-Tape fixiert.

Auch die Ultralangstrecken-Radrennfahrerin Monique Hanley weiß die Sensortechnik zu schätzen: „Tatsache ist, dass ich durch den Glukosesensor zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass ich als Sportlerin an einem Wettkampf teilnahm – nicht als Diabetikerin. Ein kurzer Blick auf die Trendentwicklung auf meinem Blutzuckermesssystem genügte, ansonsten konnte ich mich voll auf das Rennen konzentrieren“ (zitiert aus der Diabetes- und Sportfibel, www.kirchheim-shop.de).

„Closed-loop“-System: Die Entwicklung schreitet rasch voran

Das kontinuierliche Glukosemonitoring mit Dexcom-Real-Time-Messgeräten (rtCGM) ermöglicht es seit kurzem, sämtliche rtCGM-­Werte bequem vom Smartphone abzulesen. Mit einer Follower App können zudem weitere Personen über eine kabellose Verbindung die jeweils aktuellen Glukosewerte auf ihrem Smartphone sehen. So haben im Sport Trainer die Möglichkeit, die Glukosewerte ihrer Schützlinge während des Trainings und Wettkampfs zu verfolgen und gegebenenfalls auch einzugreifen.

Noch gibt es aber kein „Closed-loop“-System, d. h. ein geschlossenes System von Glukosemessung und Insulinabgabe, aber die Entwicklung schreitet rasch voran – und es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit, dass solche Systeme auch den Sportalltag von Typ-1-Diabetikern erleichtern werden.

Axel Beckmann ist mit dem Paradigm-Veo-System derzeit völlig zufrieden. Übrigens: Auch Bonny ist von der sensorunterstützten Pumpentherapie und dem Laufen mit Trendmeldung begeistert, schließlich braucht sie jetzt nicht mehr stehen zu bleiben, weil ihr Herrchen den Blutzucker messen muss.

Kontinuierliches Glukosemonitoring: Tachometer (nicht nur) beim Sport

Wo liegen die Vorteile beim Sport?
Eine gezielte Anpassung der Therapie an aktuelle Glukosewerte vor, beim und nach dem Sport ist relativ problemlos möglich. Insbesondere die Anzeige des Glukosetrends sowie unterschiedliche Alarmfunktionen (Niedrig- und Hochalarm, Voralarme sowie Änderungsalarme) erlauben eine vorausschauende Therapieanpassung beim Sport.

Gibt es Nachteile?
Die CGM-Glukosewerte entsprechen nicht exakt den aktuellen Blutzuckerwerten. Bei stabilen Blutzuckerwerten finden sich vergleichbare Werte, bei rascher Änderung – wie beim Sport – kann die zeitliche Verzögerung bis zu 25 Minuten betragen. Entsprechend sind die CGM-Glukosewerte bei körperlicher Aktivität vorsichtig zu interpretieren.

Wie fixiere ich den Sensor und Sender beim Sport?
Zur sicheren Sensor- und Senderfixierung bei starker Schweißbildung eignet sich am besten eine wasserdampfdurchlässige und elastische Klebefolie (z. B. Fixomull stretch®).
In Abhängigkeit von der Sportart kann eine Polsterung und zusätzliche Fixierung mit Kinesio-Tape hilfreich sein.

Sind die Systeme wasserdicht?
Sensoren und Sender der in Deutschland erhältlichen Systeme sind vollständig wasserdicht.
Die Empfänger sind allerdings nicht wasserdicht. Die meisten Hersteller bieten keine wasserdichten Verpackungen an. Wasserdichte, für Funkwellen durchlässige Handytaschen können aber genutzt werden (z. B. Aquapac).

Diese und weitere hilfreiche Tipps zum CGM beim Sport finden Sie in der CGM- und Insulinpumpenfibel von Ulrike Thurm und Dr. Bernhard Gehr:
CGM- und Insulinpumpenfibel; U. Thurm, B. Gehr;
Kirchheim-Verlag, Mainz; 2. Auflage 2013; 472 Seiten;
ISBN: 978-3-87409-535-8; Preis: 24,90 €;
erhältlich überall im Buchhandel, unter Tel.: 07 11/66 72-14 83 oder im Internet unter www.kirchheim-shop.de;
auch erhältlich als E-Book: ISBN (EPUB): 978-3-87409-553-2, ISBN (MOBI): 978-3-87409-558-7; Preis E-Book: 21,99 €


von Dr. Meinolf Behrens
Diabeteszentrum Minden,
Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
Telefon 0571-840999,
E-Mail: mb@diabetes-minden.de
,
Internet: www.diabetes-minden.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (9) Seite 58-59

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • sveastine antwortete vor 3 Tagen

      @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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