Erst Medizincheck – dann Startschuss

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Erst Medizincheck – dann Startschuss

Für 32 Millionen Euro ist der deutsche Fußballnationalspieler André Schürrle Anfang dieses Jahres vom FC Chelsea zum VfL Wolfsburg gewechselt. Unterschrieben wurde der Vertrag erst nach bestandenem Medizincheck. Eines verbindet Menschen mit Diabetes und André Schürrle: Der Medizincheck vor dem Startschuss ist unverzichtbar.

Themenschwerpunkt: Fit und sicher ans Ziel kommen
Nach aktuellen Daten des Robert- Koch-Instituts erreichen nur 27,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), täglich mindestens 60 Minuten körperlich aktiv zu sein.

Bei den Erwachsenen sieht es nicht besser aus: Die von der WHO für einen gesundheitlichen Nutzen empfohlene Mindestaktivitätszeit von 2,5 Stunden pro Woche in mäßig anstrengender Intensität ist bei etwa 80 Prozent der Erwachsenen nicht gegeben. Die zunehmende Präsenz von Bildschirmmedien und die fast grenzenlose Verfügbarkeit der motorisierten Mobilität sind nur zwei von vielen Gründen für diese Entwicklung.

Speziell Menschen mit Diabetes scheuen die Bewegung nicht selten aus Sorge vor möglichen gesundheitlichen Schäden. Wie Sie auch mit Diabetes unbeschwert die Freude an der Bewegung genießen können und fit und sicher ans Ziel kommen, erfahren Sie in unserem aktuellen Themenschwerpunkt.

André Schürrle darf sich sicher sein, dass jeder seiner Laufwege, jeder Pass und Torschuss angesichts dieser gigantischen Transfersumme kritisch gewürdigt werden. Der VfL Wolfsburg wollte mit dem Medizincheck natürlich in erster Linie sicherstellen, dass André Schürrle wirklich fit ist und damit die Millionen auch gut investiert sind.

Im gesundheitsorientierten Sport hingegen können Menschen mit und ohne Diabetes zum Glück frei von wirtschaftlichen Zwängen und öffentlichem Druck die Freude an der Bewegung genießen. Auch der Medizincheck vor Aufnahme körperlicher Aktivität verfolgt einzig und allein das Ziel, dass die geplante körperliche Aktivität mit einem höchstmöglichen Maß an Sicherheit erfolgen kann.

Vor dem Start: persönliche Risiko-Nutzen-Analyse

Es gibt reichlich gute Gründe für körperliche Aktivität – trotzdem gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Bewegung unter bestimmten Umständen weniger günstig auf den Gesundheitszustand auswirken kann. Also gilt es, vor dem Start mit einem Bewegungsprogramm immer eine persönliche Risiko-Nutzen-Analyse durchzuführen; denn es ist nur sinnvoll, mit der Bewegung zu beginnen, wenn der zu erwartende Nutzen größer eingeschätzt wird als ein mögliches Risiko.

Die Basis für den Medizincheck sind eine Erhebung der Krankengeschichte und eine körperliche Untersuchung. Zudem werden empfohlen ein Ruhe-EKG und eine ergometrische Untersuchung wie ein Belastungs-EKG auf dem Fahrrad – zur Festlegung der Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit und Einschätzung des allgemeinen Herz-Kreislauf-Risikos.

Checks: Bestandteile einer strukturierten Diabetesbetreuung

Sofern es keine medizinischen Gründe für einen frühzeitigen Abbruch der ergometrischen Untersuchung gibt, ist die Untersuchung unbedingt mit maximaler Belastung durchzuführen. Regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen sollten zudem sichergestellt sein. Grundsätzlich sind die genannten Untersuchungen Bestandteil einer strukturierten Diabetesbetreuung, so dass sich der Aufwand für einen Medizincheck in Grenzen hält.

Sollten sich im Rahmen der genannten Basisdiagnostik aber Auffälligkeiten zeigen, werden weitere Untersuchungen veranlasst. So könnten erforderlich sein: kardiologische Untersuchungen (Ultraschalluntersuchung vom Herzen, Herzkatheteruntersuchung), Röntgenuntersuchungen oder weitere spezielle Untersuchungen. Eventuell vorliegende Diabetes-Begleiterkrankungenmüssen besonders berücksichtigt werden (wichtige Empfehlungen siehe rechts).

Der Check gehört dazu!

Nicht immer lassen sich die Vorgaben der nationalen und internationalen Fachgesellschaften so einfach auf den Einzelnen übertragen, so dass am Ende einer Untersuchung immer eine ganz individuelle Empfehlung steht: unter Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit, der Summe der bestehenden Begleit- und Folgeerkrankungen, der geplanten Bewegungsform und natürlich auch der Bewegungsintensität.

Mit einer oder ohne eine Transfersumme von 32 Millionen Euro gilt aber: Der Medizincheck gehört für alle dazu!

Bewegung bei Folgeerkrankungen

Diabetische Augenhintergrund-veränderungen(Retinopathie)
  • Bei geringen Veränderungen sind keine negativen Effekte zu erwarten.
  • Bei fortgeschrittenen Veränderungen ist ein Blutungsrisiko bei starken Belastungen nicht auszuschließen (Abstimmung mit dem Augenarzt erforderlich). Blutdruckanstiege systolisch über 180 bis 200 mmHg und/oder diastolisch über 100 mmHg müssen vermieden werden.
  • Nach einer Lasertherapie sollte in der Regel 6 Wochen kein Training erfolgen.


Diabetische Nervenerkrankung (Neuropathie)/Diabetischer Fuß

  • Beim Vorliegen einer diabetischen Neuropathie besteht vor allem bei fußbelastenden Sportarten das Risiko, ein Diabetisches Fußsyndrom zu entwickeln.
  • Beste Vorbeugung sind die regelmäßige Inspektion der Füße vor dem Sport und das Tragen diabetesgerechter Schuhe.
  • Bei Wunden an den Füßen oder einem Charcotfuß verbietet sich jede fußbelastende Bewegung.


Diabetische Nierenerkrankung(Nephropathie)

  • Bei einer leichten bis mittleren Beeinträchtigung der Nierenfunktion sind keine besonderen Vorsichtsregeln zu beachten. Lediglich starke Blutdruckanstiege (systolisch über 180 bis 200 mmHg) sind zu vermeiden.


Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

  • Bei Blutdruckwerten systolisch über 160 mmHg und/oder diastolisch über 100 mmHg sollte man keinen Sport treiben.
  • Es gibt viele Formen und Schweregrade von Herzerkrankungen. Patienten mit bekannter koronarer Herzkrankheit wird die Teilnahme an einer Herzsportgruppe empfohlen.

von Dr. Meinolf Behrens
Diabetologe DDG, Facharzt für Sportmedizin und Ernährungsmedizin
Diabeteszentrum Minden, Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
Telefon 0571-840999, E-Mail: mb@diabetes-minden.de
,
Internet: www.diabetes-minden.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (10) Seite 66-69

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