- Bewegung
Erst Medizincheck – dann Startschuss
3 Minuten
Für 32 Millionen Euro ist der deutsche Fußballnationalspieler André Schürrle Anfang dieses Jahres vom FC Chelsea zum VfL Wolfsburg gewechselt. Unterschrieben wurde der Vertrag erst nach bestandenem Medizincheck. Eines verbindet Menschen mit Diabetes und André Schürrle: Der Medizincheck vor dem Startschuss ist unverzichtbar.
Bei den Erwachsenen sieht es nicht besser aus: Die von der WHO für einen gesundheitlichen Nutzen empfohlene Mindestaktivitätszeit von 2,5 Stunden pro Woche in mäßig anstrengender Intensität ist bei etwa 80 Prozent der Erwachsenen nicht gegeben. Die zunehmende Präsenz von Bildschirmmedien und die fast grenzenlose Verfügbarkeit der motorisierten Mobilität sind nur zwei von vielen Gründen für diese Entwicklung.
Speziell Menschen mit Diabetes scheuen die Bewegung nicht selten aus Sorge vor möglichen gesundheitlichen Schäden. Wie Sie auch mit Diabetes unbeschwert die Freude an der Bewegung genießen können und fit und sicher ans Ziel kommen, erfahren Sie in unserem aktuellen Themenschwerpunkt.
André Schürrle darf sich sicher sein, dass jeder seiner Laufwege, jeder Pass und Torschuss angesichts dieser gigantischen Transfersumme kritisch gewürdigt werden. Der VfL Wolfsburg wollte mit dem Medizincheck natürlich in erster Linie sicherstellen, dass André Schürrle wirklich fit ist und damit die Millionen auch gut investiert sind.
Im gesundheitsorientierten Sport hingegen können Menschen mit und ohne Diabetes zum Glück frei von wirtschaftlichen Zwängen und öffentlichem Druck die Freude an der Bewegung genießen. Auch der Medizincheck vor Aufnahme körperlicher Aktivität verfolgt einzig und allein das Ziel, dass die geplante körperliche Aktivität mit einem höchstmöglichen Maß an Sicherheit erfolgen kann.
Vor dem Start: persönliche Risiko-Nutzen-Analyse
Es gibt reichlich gute Gründe für körperliche Aktivität – trotzdem gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Bewegung unter bestimmten Umständen weniger günstig auf den Gesundheitszustand auswirken kann. Also gilt es, vor dem Start mit einem Bewegungsprogramm immer eine persönliche Risiko-Nutzen-Analyse durchzuführen; denn es ist nur sinnvoll, mit der Bewegung zu beginnen, wenn der zu erwartende Nutzen größer eingeschätzt wird als ein mögliches Risiko.
Die Basis für den Medizincheck sind eine Erhebung der Krankengeschichte und eine körperliche Untersuchung. Zudem werden empfohlen ein Ruhe-EKG und eine ergometrische Untersuchung wie ein Belastungs-EKG auf dem Fahrrad – zur Festlegung der Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit und Einschätzung des allgemeinen Herz-Kreislauf-Risikos.
Checks: Bestandteile einer strukturierten Diabetesbetreuung
Sofern es keine medizinischen Gründe für einen frühzeitigen Abbruch der ergometrischen Untersuchung gibt, ist die Untersuchung unbedingt mit maximaler Belastung durchzuführen. Regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen sollten zudem sichergestellt sein. Grundsätzlich sind die genannten Untersuchungen Bestandteil einer strukturierten Diabetesbetreuung, so dass sich der Aufwand für einen Medizincheck in Grenzen hält.
Sollten sich im Rahmen der genannten Basisdiagnostik aber Auffälligkeiten zeigen, werden weitere Untersuchungen veranlasst. So könnten erforderlich sein: kardiologische Untersuchungen (Ultraschalluntersuchung vom Herzen, Herzkatheteruntersuchung), Röntgenuntersuchungen oder weitere spezielle Untersuchungen. Eventuell vorliegende Diabetes-Begleiterkrankungenmüssen besonders berücksichtigt werden (wichtige Empfehlungen siehe rechts).
Der Check gehört dazu!
Nicht immer lassen sich die Vorgaben der nationalen und internationalen Fachgesellschaften so einfach auf den Einzelnen übertragen, so dass am Ende einer Untersuchung immer eine ganz individuelle Empfehlung steht: unter Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit, der Summe der bestehenden Begleit- und Folgeerkrankungen, der geplanten Bewegungsform und natürlich auch der Bewegungsintensität.
Mit einer oder ohne eine Transfersumme von 32 Millionen Euro gilt aber: Der Medizincheck gehört für alle dazu!
Diabetische Augenhintergrund-veränderungen(Retinopathie)
- Bei geringen Veränderungen sind keine negativen Effekte zu erwarten.
- Bei fortgeschrittenen Veränderungen ist ein Blutungsrisiko bei starken Belastungen nicht auszuschließen (Abstimmung mit dem Augenarzt erforderlich). Blutdruckanstiege systolisch über 180 bis 200 mmHg und/oder diastolisch über 100 mmHg müssen vermieden werden.
- Nach einer Lasertherapie sollte in der Regel 6 Wochen kein Training erfolgen.
Diabetische Nervenerkrankung (Neuropathie)/Diabetischer Fuß
- Beim Vorliegen einer diabetischen Neuropathie besteht vor allem bei fußbelastenden Sportarten das Risiko, ein Diabetisches Fußsyndrom zu entwickeln.
- Beste Vorbeugung sind die regelmäßige Inspektion der Füße vor dem Sport und das Tragen diabetesgerechter Schuhe.
- Bei Wunden an den Füßen oder einem Charcotfuß verbietet sich jede fußbelastende Bewegung.
Diabetische Nierenerkrankung(Nephropathie)
- Bei einer leichten bis mittleren Beeinträchtigung der Nierenfunktion sind keine besonderen Vorsichtsregeln zu beachten. Lediglich starke Blutdruckanstiege (systolisch über 180 bis 200 mmHg) sind zu vermeiden.
Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Bei Blutdruckwerten systolisch über 160 mmHg und/oder diastolisch über 100 mmHg sollte man keinen Sport treiben.
- Es gibt viele Formen und Schweregrade von Herzerkrankungen. Patienten mit bekannter koronarer Herzkrankheit wird die Teilnahme an einer Herzsportgruppe empfohlen.
von Dr. Meinolf Behrens
Diabetologe DDG, Facharzt für Sportmedizin und Ernährungsmedizin
Diabeteszentrum Minden, Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
Telefon 0571-840999, E-Mail: mb@diabetes-minden.de
,
Internet: www.diabetes-minden.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (10) Seite 66-69
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 3 Tagen, 12 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 4 Tagen, 9 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 4 Tagen, 8 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike