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Matthias Steiner: „Ärzte brauchen eine psychologische Ausbildung!“
4 Minuten
Als ich im Programm des Diabetes Mediendialogs 2017 las, dass dort der Typ-1-Diabetiker und Olympiasieger im Gewichtheben Matthias Steiner über das Thema „Ziele und Motivation“ sprechen würde, war ich zunächst skeptisch. „Puh, Motivationstipps eines ehrgeizigen und entsprechend disziplinierten Leistungssportlers, was soll ein Normalsterblicher schon damit anfangen?“
Anscheinend hatte Matthias, der seit seinem Rückzug aus dem Profisport unter anderem als Motivationscoach arbeitet, Einwände dieser Art schon mehr als einmal gehört. Denn er begann seinen Vortrag mit dem Satz: „Ich sehe mich nicht als Meister der Selbstdisziplin, denn das macht vielen Angst. Doch ich habe Ziele, und ich möchte anderen helfen, eigene Ziele zu stecken und sie zu erreichen.“ Das klang doch gleich ganz anders.

Ein Arzt sollte zuhören und erst einmal positive Dinge loben
Nun, das Ziel eines jeden Diabetikers ist vermutlich eine gute Blutzuckereinstellung. Und die Aufgabe eines Diabetologen ist es, ihm beim Erreichen dieses Ziels zu helfen. Doch genau daran hapert es im Alltag oft, wenn der Diabetologe beim Quartalstermin mit gerunzelter Stirn die Blutzuckerprotokolle studiert und nur auf die Ausreißer zeigt: „Wie ist denn das passiert?“ und „Was haben Sie denn da gegessen?“
Er mag fachlich kompetent sein, doch mit einer solchen Herangehensweise wird es ihm kaum gelingen, einen Patienten bei der Stange zu halten und zu motivieren. Auch Matthias hatte solche Ärzte, bevor er einen Diabetologen fand, der sich vor allem viel Zeit zum Zuhören nahm. Der ihn bei jedem Termin erst einmal erzählen ließ – und ihn dann lobte: „Das haben Sie gut gemacht!“ Matthias sagte: „Ich musste dann zwar jedes Mal zwei Stunden fahren, wenn ich einen Termin bei ihm hatte, aber das war es mir wert.“
Vom Stofftier zum realen Hund: wie Visualisieren bei der Motivation hilft
Ich persönlich hätte vermutlich keine Lust, zwei Stunden Fahrtzeit zu meinem Diadoc in Kauf zu nehmen. Was sicherlich auch daran liegt, dass sich auch mein Diabetologe Zeit zum Zuhören nimmt und mir keine Standpauken hält. Doch nachdem Matthias die folgende wunderbare Geschichte erzählt hatte, konnte ich es besser nachvollziehen, warum er lange Wege in Kauf nahm, um genau mit diesem Arzt zu sprechen: Sein Diabetologe hatte einmal eine Patientin mit Typ-2-Diabetes, sehr stark übergewichtig und sehr schlecht eingestellt. Auch alle anderen Blutwerte waren katastrophal, sie war sehr schlecht zu Fuß, und sie hatte beinahe jeglichen Lebensmut verloren. Der Arzt fragte sie, was denn ihr größter Wunsch sei. Da antwortete sie: „Ach, mein größter Wunsch wäre es, einen Hund zu haben. Doch das geht ja nicht, weil ich ja nicht einmal mit ihm Gassi gehen könnte!“
Nun, da der Arzt ihren größten Herzenswunsch kannte, wusste er genau, zu welchem Ziel er seine Patientin motivieren wollte. Er bat sie, sich einen Stofftierhund zu kaufen und ihm einen Namen zu geben. Die Frau stellte den Stofftierhund auf ihren Nachttisch, sprach mit ihm wie mit einem echten Hund und stellte sich immer deutlicher vor, wie es wäre, wenn es ein echter Hund wäre. Nach und nach gelang es ihr abzunehmen, ihre Blutzucker- und sonstigen Blutwerte besserten sich, sie konnte endlich wieder etwas längere Strecken gehen. Mittlerweile hat die Frau einen leibhaftigen Hund, ist glücklich, geht mit ihm spazieren und ist durch die tägliche Bewegung noch einmal deutlich fitter geworden.

Solange ein Mensch zum Arzt geht, hat er doch noch Hoffnung!
Matthias meinte dazu: „Menschen haben immer Angst vor Veränderung, daran scheitert Motivation. Doch so lange ein Mensch zum Arzt geht, trägt er doch zumindest einen winzig kleinen Wunsch nach Veränderung in sich. Sonst hätte er doch längst resigniert und würde gar nicht mehr zum Arzt gehen.“ Wenn ihm sein Arzt allerdings nicht zuhört, sich nicht für seine Wünsche interessiert und ihn nur mit negativen Nachrichten konfrontiert, dann wird jegliche Motivation im Keim erstickt. „Ärzte sollten neben ihrer schulmedizinischen Ausbildung auch psychologisch geschult sein“, sagte Matthias.
Manchmal ist die Unterhose der Schlüssel zur Lösung eines Diabetesproblems
Aber manchmal fehlt einem Arzt schlicht das Quentchen Inneneinsicht, das nur ein anderer Diabetiker an den Tag legen kann. Auch hierzu hatte Matthias eine schöne Geschichte parat, dieses Mal aber aus seiner eigenen Coachingpraxis. Sie handelt von einem Tischtennisspieler, der jedes Mal an Spieltagen nach den Tischtennis-Matches mit viel zu hohen Zuckerwerten zu kämpfen hatte. Er hatte eine Pumpe, die er zum Match jeweils abkoppelte. „Ein Match dauerte etwa 40 Minuten, nach so einem Zeitraum entsteht normalerweise noch kein Insulinmangel“, berichtete Matthias. „Doch nach einem Match hatte er nur 15 Minuten Pause, in der er die Pumpe wieder ankoppeln konnte, bevor das nächste Match startete.“ Nach etlichen Matches an einem Tag fehlte dem Tischtennisspieler also eine gehörige Menge Insulin.
„Das eigentlich Problem war, dass er nicht wusste, wie und wo er seine Pumpe auch beim Spiel tragen könnte“, erzählte Matthias. „Ich habe ihm dann erzählt, dass ich meine Pumpe beim Sport immer in meiner Unterhose deponiere. Das hält gut und stört überhaupt nicht.“ Der Tischtennisspieler druckste herum. Es stellte sich heraus, dass er immer Boxershorts trug, in denen die Pumpe keinen Halt hatte. „Ich habe ihm dann geraten, wenigstens zum Sport auf andere, engere Unterhosen umzusteigen, in denen er die Pumpe unterbringen kann“, sagte Matthias. „DAS sind manchmal die wahren Gründe für Diabetesprobleme, und bei denen kann ein Arzt meist nicht helfen.“ Genau – es sei denn, der Arzt spricht seinen Patienten tatsächlich auch mal auf seine Unterwäsche an.

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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 5 Tagen, 22 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 5 Tagen, 17 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig