Nach der Diagnose Typ-1-Diabetes: Mit dem Rad in Schwung

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Nach der Diagnose Typ-1-Diabetes: Mit dem Rad in Schwung

Erfahrungsbericht: „Radfahren gehört seit meiner Kindheit für mich zum Alltag“, berichtet Karin Brandt. „Mit dem Autoführerschein ist es dann allerdings deutlich weniger geworden.“ Erst als vor 17 Jahren ein Typ-1-Diabetes bei ihr festgestellt wurde, entdeckte Karin Brandt die Faszination des Radfahrens wieder.

Mit der Diagnose Typ-1-Diabetes stand fest: Eine Insulintherapie wird Karin Brandt ein Leben lang begleiten. Schnell war ihr aber auch klar, dass sie jetzt erst recht etwas für ihre Fitness unternehmen sollte …

Wind und Regen halten sie nicht vom Radfahren ab

Karin Brandt lebt in Warmsen, einem ländlichen Ort im südwestlichen Teil des Norddeutschen Tieflandes; was lag da näher, als das Radfahren auf den unendlich erscheinenden Wegen zwischen Feldern und Wäldern wieder zu intensivieren? Und genau das macht Karin Brandt mit zunehmender Begeisterung die letzten 15 Jahre. Viel benötigt sie dazu nicht: ein Fahrrad mit 7-Gang-Schaltung und natürlich Kleidung für jede Witterung. Wind und Regen halten sie schließlich nicht vom Radfahren ab.

„20 Kilometer täglich kommen eigentlich immer zusammen – an guten Tagen auch 50 Kilometer“, ist Karin Brandt stolz auf ihre Radkilometer. Morgens begleitet sie ihren Ehemann mit dem Fahrrad zur Arbeit. Damit sind schon die ersten 7 Kilometer geschafft. Später nach vollbrachter Arbeit in ihrem Heißmangelbetrieb geht es mit dem Fahrrad zum Einkaufen ins Dorf oder auch zu den Eltern.

Kaffee und Kuchen verdienen

Kaffee und Kuchen muss man sich verdienen, daher nutzt sie auch bei Einladungen immer ihr Fahrrad. Ihr Diabetologe ist beeindruckt, wenn sie bei Wind und Wetter die fast 25 Kilometer zum Arztbesuch über den Weserradweg nach Minden fährt. Abends folgt oft noch eine Radtour mit dem Ehemann. Eigentlich halten sie nur Glatteis und deutliche Minusgrade vom Radfahren ab; wenn es richtig kalt ist, geht sie lieber zu Fuß.

5 bis 8 Kilometer Spaziergang gehören zum Standardprogramm im Winter: „Mir fehlt einfach was, wenn ich nicht mit dem Fahrrad unterwegs bin.“ Bei dem Satz strahlt sie über das ganze Gesicht – Lebensfreude durch Bewegung! Und natürlich stimmen Fitness und auch die Körperzusammensetzung – wenig Fett und eine gute Muskulatur hat die Bio-Impedanz-Analyse bei ihrem Diabetologen ergeben.

Im Hinblick auf ihre Gesundheit ist die gute Fitness wichtiger als die Frage, ob die Körperwaage ein paar Kilo mehr oder weniger anzeigt. Das weiß Karin Brandt genau – aber die Fitness hilft ihr natürlich erst recht, ihren Alltag im doch manchmal komplexen Spannungsfeld Familie, Beruf und Diabetes richtig gut zu meistern.

Was macht der Blutzucker?

Was macht eigentlich die Insulineinstellung bei der ganzen Bewegung? „Eigentlich kein richtiges Problem, wenn man gut plant“, sagt Karin Brandt. Vor geplanter Aktivität wird das kurzwirksame Insulinanalogon deutlich reduziert, mitunter sind dann trotzdem noch ein paar zusätzliche Kohlenhydrate unterwegs erforderlich. Bei längeren Touren wird auch das Basalinsulin reduziert.

Fitness für die Gesundheit und fürs Leben lautet das Motto von Karin Brandt. Man braucht eigentlich nicht viel dazu – ein Fahrrad und Freude an Bewegung und Natur. Dass es funktioniert, kann man fühlen und sehen, wenn man Karin Brandt trifft.

Elektro-Räder voll im Trend

Beim „Pedelec“ (Pedal Electric Cycle) unterstützt der Motor den Fahrer beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h. E-Bikes im engeren Sinn lassen sich mit Hilfe des Motors auch ohne körpereigenen Antrieb fahren und sind mit einem Elektromofa zu vergleichen, so der Allgemeine Deutsche Fahrad-Club (ADFC).

Lange Strecken, hügelige Landschaften, zu schnelle Partner oder auch gesundheitliche Probleme können gute Gründe sein, sich für ein Elektrorad zu entscheiden – auch wenn die Fitness dann etwas kürzer kommt. Tipps dazu gibt es auch unter: www.adfc.de/pedelecs.

Der Tipp – mit dem Rad ins Wasser

Übergewicht und Gelenkbeschwerden sind häufige Probleme, die auch beim Radfahren hinderlich sein können. Versuchen Sie doch einfach einmal eine gelenkschonende Alternative: Ganzkörpertraining mit dem Wasserfahrrad bei Musik – Aquacycling heißt das Zauberwort.

Treten Sie im Wasser in die Pedale, und trainieren Sie so effektiv Ausdauer und Kraft. Straffen Sie Ihr Bindegewebe durch die massierende Wirkung des Wassers – Bewegung, die allen Spaß bereitet. Aquacycling-Angebote gibt es sicherlich auch in Ihrer Nähe.

Wissenschaft interessant

Dänische Forscher haben kürzlich gezeigt, dass Kinder, die täglich mit dem Fahrrad zur Schule fahren – jeweils eine Wegstrecke von etwas mehr als 2 Kilometern -, nach 8 Wochen eine deutliche Verbesserung ihrer Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.

Die Autoren der Studie folgern, dass das tägliche Radfahren zur Schule eine effektive Maßnahme zur Vorbeugung eines Typ-2-Diabetes darstellt. Worauf warten wir noch? Lassen wir die Kinder wieder mit dem Fahrrad zur Schule fahren.


von Dr. med. Meinolf Behrens

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (5) Seite 78-79

 

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • stephanie-haack postete ein Update vor 4 Tagen

    Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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