Training zu zweit

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Training zu zweit

Unbestritten ist der Nutzen regelmäßiger körperlicher Aktivität für die Gesundheit. Wie aber steht es um den Stellenwert der Bewegung während der Schwangerschaft bei Vorliegen eines Typ-1- oder Typ-2-Diabetes? Können bisherige sportliche Aktivitäten beibehalten werden – oder überwiegen mögliche Nachteile den Nutzen?

Unter dem Einfluss unterschiedlicher Hormone passen sich Herz-Kreislauf- und Atmungssystem, Körpergewicht, Bewegungsapparat und Psyche den besonderen Anforderungen der Schwangerschaft an. Östrogene, Progesteron, HCG, Prolaktin und Kortisol beeinflussen insbesondere auch den Zuckerstoffwechsel: In der Frühschwangerschaft verbrauchen Organe und Gewebe vermehrt Glukose (Traubenzucker). In der zweiten Schwangerschaftshälfte verschlechtert sich dagegen die Insulinempfindlichkeit; es entsteht eine zunehmende Insulinresistenz.

Bei stoffwechselgesunden Schwangeren laufen die Veränderungen des Glukosestoffwechsels geräuscharm und unbemerkt ab. Bei Schwangeren mit Typ-1-Diabetes hingegen kommt es in den ersten drei Monaten zu einer instabilen Stoffwechsellage mit vermehrten Unterzuckerungen. Ab der 20. Schwangerschaftswoche steigt der Insulinbedarf kontinuierlich an – in der Regel um 50 bis 100 Prozent. Zudem begünstigen die Plazentahormone das schnellere Auftreten einer Ketoazidose.

Bei Schwangeren mit Typ-2-Diabetes ist die Zunahme der Insulinresistenz oft noch viel stärker. Kommen dann noch vorbestehende diabetesbedingte Begleiterkrankungen hinzu, stellt körperliche Aktivität vor allem Schwangere mit Typ-1-Diabetes vor eine riesige Herausforderung.

Möglichst optimale Stoffwechselführung: Sicherheit geht vor

Trotz der grundsätzlich positiven Auswirkungen körperlicher Aktivität für die Schwangere und ihr Kind gilt daher gerade bei Typ-1-Diabetes: Sicherheit geht vor – eine möglichst optimale Stoffwechselführung ist zunächst einmal entscheidend für einen positiven Schwangerschaftsverlauf.

Während körperliche Aktivität gerade in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft leider doch oft als Störfaktor für eine optimale Stoffwechseleinstellung wirkt, bessert Bewegung im weiteren Verlauf der Schwangerschaft die Insulinresistenz – davon profitieren dann nicht nur Schwangere mit Typ-1-Diabetes, sondern insbesondere auch werdende Mütter mit Typ-2- oder Schwangerschaftsdiabetes.

Körperliche Aktivität immer mit Frauenarzt und Diabetesteam abstimmen!

Die geplante körperliche Aktivität sollte immer mit dem Frauenarzt und dem Diabetesteam abgestimmt sein. Liegen ein unkomplizierter Schwangerschaftsverlauf, stabile, normnahe Blutzuckerwerte und keine Gegenanzeigen (Infokasten) vor, dann gelten für Schwangere mit Diabetes zunächst die gleichen Empfehlungen wie für Schwangere ohne Diabetes: In den ersten 3 Monaten können bisherige sportliche Aktivitäten meistens beibehalten werden.

Ab dem 4. Monat müssen sie den genannten physiologischen Veränderungen angepasst werden – Intensität und Umfang sind dann in der Regel zu reduzieren. Schwangere sollten idealerweise täglich in Bewegung sein. Alltags- und Freizeitaktivitäten liefern neben der richtigen sportlichen Aktivität (Infokasten) einen ganz wichtigen Beitrag zur Bewegung in der Schwangerschaft.

Grundsätzlich gilt: Zu viel Ehrgeiz ist falsch. Die richtige Belastungsintensität liegt vor, wenn eine Unterhaltung während der Bewegung noch möglich ist (Talk-Test); dann stimmt auch der Wohlfühlfaktor für Kind und Mutter.


Sport in der Schwangerschaft mit Diabetes

Zu empfehlende Sportarten *

  • Walking/Wandern
  • Aqua-Jogging
  • Nordic Walking
  • Aqua-Gymnastik
  • Jogging
  • Gymnastik
  • Radfahren (in der Ebene)
  • Yoga und Pilates für Schwangere
  • Ergometertraining
  • moderate Kräftigungsübungen der großen Muskelgruppen
  • Schwimmen

* zwei- bis dreimal wöchentlich für ca. 30 Minuten, ab der 28. bis 30. Schwangerschaftswoche (SSW) kein Sport in Rückenlage, Trainingsintensität angepasst an die jeweilige Schwangerschaftsphase (Talk-Test) in Absprache mit dem Frauenarzt/Diabetesteam

Nicht zu empfehlende Sportarten (Auswahl)

  • Mannschaftssportarten
  • Kontakt- und Kampfsportarten
  • Bodybuilding, Gewichtheben
  • intensives Krafttraining
  • Sportarten mit erhöhtem Verletzungsrisiko
  • Gerätetauchen
  • körperliche Belastungen in Höhen über 2 000 m
  • Extrembelastungen (u. a. Marathon, Triathlon)

Wann sollte kein Sport getrieben werden? **

  • instabile Stoffwechsellage mit hohem Unterzuckerungsrisiko
  • Ketoazidose
  • schwere Blutarmut (Anämie)
  • fortgeschrittene diabetesbedingte Begleiterkrankungen
  • relevante Herz- oder Lungenerkrankungen
  • frisch durchgemachte Infektionen
  • schlecht eingestellter Bluthochdruck
  • Fehlbildungen der Gebärmutter
  • Schwäche des Muttermundes
  • Fehl- und Frühgeburten in vorausgegangenen Schwangerschaften
  • Wachstumsverzögerung des Kindes
  • verminderte Kindsbewegungen
  • Blutungen oder Scheideninfektionen
  • vorzeitiger Blasensprung oder vorzeitige Wehen
  • Fehllage des Mutterkuchens
  • Gestose (“Schwangerschaftsvergiftung”)
  • Unwohlsein, Kopfschmerzen

** im Einzelfall mit dem Frauenarzt/Diabetologen zu entscheiden (Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit)


von Dr. Meinolf Behrens
Diabetologe DDG, Sport- und Ernährungsmediziner
Diabeteszentrum Minden, Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
Tel. 05 71/84 09 99, E-Mail: mb@diabetes-minden.de
,
Internet: www.diabetes-minden.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (5) Seite 76-77

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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