- Aus der Community
Adrenalin – ein Phantom schießt quer
3 Minuten
In der Pubertät wird vermehrt Adrenalin ausgeschüttet, was zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels führen kann. Bei Luca tritt dies vor allem nach dem Fußballtraining ein. Welche Lösung er und seine Familie dafür gefunden haben, berichtet sein Vater Michael Denkinger in seiner Kolumne.
Steigerung der Herzfrequenz, Anstieg des Blutdrucks – die verstärkte Ausschüttung von Adrenalin während der Pubertät ist die normalste Sache der Welt. Weil Adrenalin als Hormon auch die Freisetzung von Zucker aus der Leber fördert und Fettreserven abbaut, geht mit dieser ausgeprägten Stress-Situation, zu der Erkrankungen mit Fieber oder eine hohe körperliche Belastung zählen, häufig eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels einher.
Wie sehr das Lucas Diabetesmanagement derzeit beeinträchtigt, ist enorm. Vor allem nach dem Fußballtraining bereitet uns das “Phantom” Adrenalin viel Kopfzerbrechen.
Adrenalinschübe sorgen für hohe Werte
Wie reagieren, wenn das Messgerät vor dem Fußballtraining gegen 18 Uhr einen Blutzuckerwert von 150 mg/dl (8,3 mmol/l) anzeigt und das Pendel zwei Stunden später regelmäßig bei 450 mg/dl (25 mmol/l) oder höher ausschlägt? Ein weiterer Adrenalinschub kommt bei Luca oft dazu, wenn wir ihn nach dem Training fragen, ob der viel zu hohe Wert womöglich zustande kam, weil Luca während oder nach dem Training etwas gegessen oder etwas Zuckerhaltiges getrunken hat.
Zwar kommt es auch bei Luca vor, dass er sich ab und zu unbemerkt eine Hand voll Süßigkeiten einverleibt. Was die erhöhten Blutzuckerwerte unmittelbar nach dem Training angeht, so war dafür in den vergangenen Wochen aber ausschließlich das Stresshormon Adrenalin verantwortlich.
Große Herausforderung mit großem Konfliktpotenzial
Einen derart hohen Blutzuckerwert zu fortgeschrittener Stunde nach intensiver körperlichen Belastung zu korrigieren, ist eine sehr große Herausforderung und birgt großes Konfliktpotenzial. Vor allem, wenn Luca nach dem Training riesengroßen Hunger hat. Luca: “Zwei Wurstsemmeln und ein Joghurt macht sechs Broteinheiten. Den viel zu hohen Wert korrigiere ich zudem regulär wie immer.” Mama: “Ich schlage vor, du spritzt das Essen normal und korrigierst minimal – denke daran, dass der Sport häufig nachwirkt.” Luca: “Nein, ich korrigiere heute voll, weil mir der Wert viel zu hoch ist.”
Die Diskussion geht am nächsten Morgen meist in die Verlängerung – dann muss sich eine Seite für die falsche Prognose rechtfertigen. Manchmal geht es dabei lustig zu, manchmal sehr ernst. Etwa nach der Nacht, als Luca schweißgebadet aufwachte und das Messgerät 40 mg/dl (2,2 mmol/l) anzeigte – nachdem er Traubenzucker und die halbe Flasche eines zuckerhaltigen Getränks zu sich genommen hatte! Der Blutzuckerwert war im Lauf der Nacht stark gesunken, weil Luca mutmaßlich zu viel korrigiert hatte.
Fingerspitzengefühl, Erfahrungswerte und Kreativität sind gefragt
Dass wenig oder kein Insulin zu spritzen nicht per se die Ideallösung ist, zeigte sich am nächsten Tag, als Luca bei identischem Tagesverlauf, demselben Abendbrot und ähnlichen Werten wie am Vortag mit einem Wert von mehr als 300 mg/dl (16,7 mmol/l) zum Frühstück kam. Luca war darüber verärgert, weil wir ihm die Korrektur mit Augenmaß vorgegeben hatten.
Konstruktive Debatten wie diese sind aus meiner Sicht sehr wichtig, denn nur so wird die große Bedeutung der richtigen Insulinzufuhr nach starker Adrenalinausschüttung und/oder intensiver sportlicher Betätigung deutlich.
Hier sind neben medizinischer Lehre vor allem Fingerspitzengefühl, Erfahrungswerte und Kreativität gefragt: Eine große Portion Fleisch mit Tomaten- und Gurkensalat direkt nach dem Training findet Luca großartig, macht ihn satt und hat den angenehmen Nebeneffekt, dass er für das kohlenhydratarme Essen womöglich gar nicht spritzen und somit nur einen erhöhten Blutzuckerwert korrigieren muss.
von Michael Denkinger
Michael Denkinger (46) lebt mit seiner Familie in Memmingen und hat drei Kinder. Er ist Inhaber der PR-Agentur Denkinger Kommunikation.
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2016; 9 (4) Seite 34
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche, 1 Tag
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike