- Eltern und Kind
Ausflüge mit Diabetes
3 Minuten
Wer während eines Ausflugs den ganzen Tag in Bewegung ist, muss abschätzen können, wie sein Körper darauf reagiert. Dr. Datz erklärt die Grundlagen – und empfiehlt, eigene Erfahrungen zu sammeln. Helfen kann auch das Diabetesteam.
Besondere Herausforderung
Kinder mit Diabetes sollen einen ebenso aktiven Alltag haben und an Freizeitaktivitäten wie z. B. Tagesausflügen mit der Schule, Wanderungen, Radtouren etc. teilnehmen wie andere Kinder. Für viele Eltern sind solche Unternehmungen aber eine besondere Herausforderung. Sie haben Angst, dass es aufgrund der erhöhten körperlichen Belastung zu Unterzuckerungen kommt.
Dies führt zum Teil dazu, dass das Kind nur nach äußerst aufwendiger Vorbereitung oder gar nicht mit zum Tagesausflug darf oder nur in Begleitung eines Elternteils teilnehmen kann. Werden ein paar Regeln beachtet, ist dies alles aber gar nicht so schwierig!
Was ist das Problem?
Körperliche Aktivität
Tagesausflüge mit erhöhter körperlicher Aktivität sind ähnlich zu bewerten wie sportliche Aktivitäten.
Um Energie zu gewinnen, braucht der Körper Glukose. Die Glukose stammt einerseits aus den Kohlenhydraten direkt aus der Nahrung, andererseits aus den Glykogenvorräten der Muskeln und der Leber. Sobald sich ein Kind bewegt, verbraucht es mehr Glukose als in Ruhe. Der Blutzuckerspiegel sinkt also ab.
Bei Kindern ohne Diabetes führt ein abfallender Blutzuckerspiegel zu einer Kette von Reaktionen, um den Blutzucker zu stabilisieren:
- Die Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse wird vermindert.
- Sinkt der Insulinspiegel im Blut, wird nicht mehr so viel Glukose in die Zellen aufgenommen und gleichzeitig mehr Glukose in der Leber produziert und an das Blut abgegeben.
- Glukose wird aus den Glykogenspeichern der Leber und der Muskeln freigesetzt.
→ Insgesamt stabilisiert sich so der Blutzucker, ohne dass Gefahr für eine Hypoglykämie besteht.
Bei Kindern mit Diabetes liegt das Problem darin, dass die Insulinmenge sich nicht reduzieren lässt, wenn der Blutzuckerspiegel abfällt, da das zuvor verabreichte Insulin entsprechend seiner Menge über einen bestimmten Zeitraum wirkt.
Durch das noch vorhandene Insulin werden folgende Prozesse aufrechterhalten:
- Die Glukoseproduktion in der Leber wird gehemmt, so dass aus der Leber keine zusätzliche Glukose freigesetzt werden kann.
- Die Fettzellen nehmen Glukose auf.
- Die Muskeln sind aufgrund der Bewegung sehr insulinempfindlich und nehmen vermehrt Glukose auf
→ Es wird vermehrt Glukose verbraucht, und der Blutzuckerspiegel fällt stark ab. Da die Wirkung des Insulins nicht gestoppt werden kann, droht eine Unterzuckerung.
Bewegt sich das Kind nun über mehrere Stunden – z. B. bei einer Radtour – besteht ein noch höheres Risiko für Unterzuckerungen. Man muss also vor der körperlichen Aktivität daran denken, die Kohlenhydrate und die Insulinmenge anzupassen, um eine Unterzuckerung zu verhindern.
Kinder auf Tagesausflüge vorbereiten
Es gibt zwei Möglichkeiten, Unterzuckerungen bei körperlicher Belastung vorzubeugen:
- durch die zusätzliche Aufnahme von Kohlenhydraten
- durch eine Reduktion des Insulins
Bei kurzzeitigen Aktivitäten kann es bereits ausreichen, ein bis zwei zusätzliche Kohlenhydrateinheiten zu sich zu nehmen.
Bei länger anhaltenden Aktivitäten, also z. B. Tagesausflügen, Radtouren, Skifahren, ist die körperliche Belastung so stark und lang anhaltend, dass zusätzliche Kohlenhydrate nicht ausreichend sind. Es ist in diesen Fällen notwendig, das zu diesem Zeitpunkt wirkende Insulin zu reduzieren:
- Bei ganztägiger Veranstaltung: Reduktion der Insulindosis morgens, mittags und zur Nacht um 30 – 50 Prozent.
- Bei nachmittäglicher Veranstaltung: Reduktion der Insulindosis mittags und zur Nacht um 30 – 50 Prozent.
- Ob Basal- oder Mahlzeiteninsulin reduziert werden müssen, hängt von der Belastung ab. Bei ganztägiger Belastung sollte beides reduziert werden, bei stundenweiser Belastung das Insulin, das am stärksten wirkt. Stimmen Sie mit dem Diabetesteam ab, um wie viel das Basalinsulin zunächst genau gesenkt werden sollte.
Konkrete Insulinangaben sind schwierig, da jeder Körper unterschiedlich auf Belastung reagiert. Durch Beobachtung muss die individuelle Dosis selbst herausgefunden werden und sollte im Einzelnen mit dem Arzt abgesprochen werden. Bei ganztägigen Veranstaltungen kann es z. B sein, dass das Basalinsulin um 20 bis 50 Prozent reduziert werden muss und zusätzlich auch weniger Essensinsulin notwendig ist.
Selbstständig auf Unterzuckerungen achten und messen
Ganz wichtig ist auch, dass die Kinder selbstständig auf ihre Unterzuckerungssymptome achten und ihren Blutzucker häufiger messen! Unterzuckerungssymptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Schwäche sind von Erschöpfungszeichen nach körperlicher Belastung nicht unbedingt zu unterscheiden – daher sind die Blutzuckermessungen sehr wichtig!
Zu bedenken ist auch, dass Kinder mit Diabetes auch mehrere Stunden nach der Radtour oder der Wanderung zu niedrigen Blutzuckerwerten neigen können. Dies liegt daran, dass die Muskelzellen nach körperlicher Belastung weiterhin sehr insulinempfindlich sind und verstärkt Glukose aufnehmen, um die Glykogenspeicher wieder aufzufüllen.
Dieser Vorgang kann mehrere Stunden anhalten und zu verzögert auftretenden Hypoglykämien z. B. in der folgenden Nacht führen. Deshalb sollte an solchen Tagen auch die Basalinsulinmenge zur Nacht um ca. 30 – 50 Prozent reduziert und der Blutzucker gegen 22 Uhr noch einmal gemessen werden.
Ausflugssituationen “trainieren”
Je häufiger man besondere Situationen mit ganztägiger Belastung “trainiert”, desto sicherer wird die Familie im Umgang damit. Deshalb sollten Wanderungen und Radtouren keinesfalls vermieden werden, sondern sogar regelmäßig auf dem Programm stehen!
Alles klar? Auf der letzten Seite gibt es noch ein Merkblatt zum Ausschneiden! Und nun viel Spaß beim nächsten Ausflug!
Ausflüge mit viel Bewegung müssen für Eltern und Kind kein Stress sein. Bevor das Kind z. B. mit der Schulklasse auf Tour geht, kann die Familie auf eigenen Ausflügen die Reaktionen auf viel Bewegung beobachten und so lernen, Kohlenhydrataufnahme und Insulinmenge anzupassen. Wichtig sind häufige Blutzuckermessungen während der Ausflüge.
von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Krankenhaus “Auf der Bult”, Hannover
Kontakt:
E-Mail: datz@hka.da
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (1) Seite 24-25
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 6 Stunden, 12 Minuten
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Tag, 3 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Tag, 2 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike