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Immer schneller – brauchen wir das?
4 Minuten
Ging es in der letzten Zeit hauptsächlich darum, eine noch stabilere und vorhersagbarere Wirkung bei den Langzeitinsulinen zu erreichen, so steht jetzt der Fokus auf der Entwicklung von ultra-kurzwirksamen Insulinen. Professor Thomas Danne fasst zusammen.
Bei Menschen ohne Diabetes wird das Insulin von der Bauchspeicheldrüse in den Kreislauf der Lebervene abgegeben und entfaltet daher sehr schnell und sehr flexibel seine Wirkung an den Insulinrezeptoren. Mit der subkutanen Gabe können wir diese Flexibilität nur schlecht erreichen. Selbst die kurzwirksamen Insulin-analoga (Apidra, Humalog und NovoRapid) sind oft nicht schnell genug, um einen Blutzuckeranstieg nach der Mahlzeit abzufangen, oder wirken noch weiter, wenn man sich wünschen würde, dass kein weiterer Insulineffekt mehr auftritt.
Daher werden verschiedene Ansätze verfolgt, ein ultraschnelles “Turbo”-Insulin mit noch rascherem Wirkbeginn und möglichst noch kürzerer Wirkung zu entwickeln. Der erste Vertreter dieser neuen Insulingruppe kommt jetzt mit faster-acting Insulin aspart (Produktname: Fiasp, von NovoNordisk) auf den Markt.
Was ist ‘Fiasp’?
Fiasp ist eine neue Formulierung des bekannten kurzwirksamen Insulinanalogs NovoRapid (Insulin aspart). Darin kommen zwei Hilfsstoffe zur Anwendung: Vitamin B3 (Niacinamid) vermittelt eine schnellere Aufspaltung der Insulinmoleküle, und L-Arginin, eine natürlich vorkommende Aminosäure, sorgt für höhere Stabilität.
Nach der Injektion lagern sich die Insulinmoleküle zu Hexameren zusammen, müssen sich aber wieder in die Einzelmoleküle (Monomere) trennen, um vom Blutstrom aufgenommen werden zu können. Durch die beiden Zusätze liegt bei Fiasp das Insulin schneller in dieser Monomer-Form vor und bewirkt dadurch eine schnellere anfängliche Aufnahme und Insulinwirkung im Vergleich zu herkömmlichen schnellwirksamen Insulinalaoga wie NovoRapid.
Da Niacinamid und L-Arginin auf der Liste der allgemein als unbedenklich geltenden Substanzen stehen, fanden sich in den bislang vorliegenden Studien, die zur Zulassung durch die Behörden führten, keinerlei Sicherheitsbedenken beim Einsatz des neuen Präparats.
Wie schnell ist ‘Fiasp’?
Fiasp zeigte eine schnellere Insulin-antwort im Vergleich zum bisherigen Insulin aspart. Dies äußerte sich bei Menschen mit Typ-1-Dia-betes nach einer Pen-Injektion in einem doppelt so schnellen ersten Auftreten im Blut und einer doppelt so hohen Insulinkonzentration in den ersten 30 Minuten sowie einer um 74 Prozent höheren Insulinwirkung in den ersten 30 Minuten. Dadurch verbesserte Fiasp die Glukosewerte nach einer Testmahlzeit im Vergleich zu NovoRapid nach einer und nach zwei Stunden bei Patienten mit Typ-1-Diabetes.
In einer Studie bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes, die wir im Kinder- und Jugendkrankenhaus “Auf der Bult” durchführten, konnten wir die Ergebnisse der Erwachsenen nach einer einmaligen Injektion auch für die jüngeren Altersgruppen bestätigen. Trotzdem muss erst das Ergebnis der laufenden pädiatrischen Zulassungsstudie abgewartet werden, bis eine Zulassung für Menschen mit Diabetes unter 18 Jahren erfolgt.
Weitere “ultraschnelle” Insuline in der Entwicklung
Aber Faster aspart (Fiasp) ist nur der erste Vertreter dieser neuen Klasse der ultra-schnellwirksamen Insuline; es gibt weitere Ansätze, z. B. von der Firma Biodel und vom französischen Unternehmen Adocia. Das von Adocia entwickelte Trägereiweiß Biochaperone wurde schon an Lispro (Humalog) gekoppelt und macht es ultraschnell. Die Zulassungsstudien laufen noch. Auf ClinicalTrials.gov ist außerdem zu lesen, dass Lil-ly Studien mit einer Kombination der blutgefäßerweiternden Substanz Trepostinil mit Insulin Lispro durchführt.
Studienergebnisse zu ‘Fiasp’
Zur Erprobung des neuen Insulins wurde im Rahmen des onset-Studienprogramms Fiasp an insgesamt 2 100 Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes gegenüber NovoRapid untersucht. In onset 1 und onset 2 erhielten alle Patienten zusätzlich ein Basalinsulin, bei onset 2 und 3 (Typ-2-Diabetes) zudem noch Metformin.
Die Studien onset 1 bis onset 4, auf denen die Zulassung von Fiasp basiert, wurden bereits abgeschlossen. In onset 1 wurde Fiasp zur Mahlzeit oder 20 Minuten nach Beginn der Mahlzeit mit NovoRapid zur Mahlzeit verglichen, jeweils kombiniert mit einem Basalinsulin. Bei Gabe zur Mahlzeit nach 26 Wochen zeigte Fiasp eine signifikant stärkere Senkung des HbA1c im Vergleich zu Novo-Rapid. Bei Gabe 20 Minuten nach Beginn der Mahlzeit zeigte Fiasp eine HbA1c-Senkung, die mit Novo-Rapid bei der Gabe zu den Mahlzeiten vergleichbar war.
Ebenso zeigte sich bei standardisierten Mahlzeitentests bei Gabe zur Mahlzeit ein geringerer Anstieg von Plasmaglukose nach dem Essen unter Fiasp innerhalb von zwei Stunden im Vergleich zu Novo-Rapid.
Als häufigste unerwünschte Arzneimittelwirkung zeigten sich unter Fiasp Hypoglykämien. Diese waren allerdings nicht häufiger oder schwerer ausgeprägt als bei Patienten, die NovoRapid als Bolusinsulin einsetzten. Insofern scheint Fiasp bei der Injektionstherapie variabler zu sein: Studienteilnehmer, die Fiasp erst 20 Minuten nach Beginn der Mahlzeit gaben, hatten vergleichbare HbA1c-Werte wie Teilnehmer mit Typ-1-Diabetes, die NovoRapid direkt zum Essen spritzten.
Auch für die Pumpe?
Fiasp kann auch in der Insulinpumpe verwendet werden. Bei einer Studie über sechs Wochen bei 37 Erwachsenen (onset 4) beim Vergleich der Pumpenkompatibilität von Faster aspart und Insulin aspart wurden im Verlauf der Studie keine mikroskopisch bestätigten Katheterverschlüsse des Infusionssets festgestellt. Es könnte sogar sein, dass durch die kontinuierliche Zufuhr von Niacinamid und L-Arginin die beschleunigte Monomerbildung bei dieser Therapieform besonders ausgeprägt ist.
So zeigten sich in einer Studie mit einer Testmahlzeit bessere Werte nach dem Essen. Für den klinischen Alltag verspricht man sich daher gerade in der Pumpentherapie besonders große Vorteile des neuen Insulins. Dieses Wirkprofil könnte bei häufigen Bolusgaben oder aber auch bei der raschen Unterbrechung der Insulinzufuhr bei sensorunterstützter Pumpentherapie (Smartguard) mit prädiktiver Hypoglykämieabschaltung besonders effektiv sein.
Auch die Forschergruppen zum künstlichen Pankreas warten darauf, das neue Insulin einsetzen zu können, wobei noch diskutiert wird, ob dadurch die mathematischen Modelle (“Algorithmen”), die der sensorbasierten automatischen Anpassung der Insulinzufuhr im “Closed-Loop” zugrunde liegen, angepasst werden müssen.
Für wen ist ‘Fiasp’ zunächst zugelassen?
Im ersten Schritt erfolgt jetzt die Zulassung von Fiasp für Erwachsene über 18 Jahre mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes sowie in der Schwangerschaft sowohl für die Injektionstherapie als auch die Pumpentherapie. Die Kinderzulassung wird für 2018 erwartet, sobald die Zulassungsstudie abgeschlossen ist. Große Erwartungen also an den Neuling Fiasp– wir sind gespannt, wie er sich im klinischen Alltag bewährt.
von Prof. Dr. med. Thomas Danne
Diabetes-Eltern-Journal-Chefredakteur, Kinderdiabetologe,
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult”, Hannover,
E-Mail: danne@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2017; 10 (1) Seite 4-5
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike