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Ein Bundesminister ruft die Qualitätsoffensive „Macht Dampf – Für gutes Essen in Kita und Schule” ins Leben. Klingt erst mal gut, oder? Doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Wieso? Das verrät Ihnen Nicole Finkenauer-Ganz.
Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat Ende Januar die Qualitätsoffensive „Macht Dampf – Für gutes Essen in Kita und Schule” gestartet. Die Kampagne soll Eltern dabei unterstützen, sich in diesem Bereich zu engagieren und so letztendlich das Essen in Kitas und Schulen zu verbessern – indem zum Beispiel die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) eingeführt werden. Wie Eltern sich engagieren können, erfahren sie auf einem Internetportal und über eine Broschüre, außerdem gibt es eine Plakataktion, um auf das Thema aufmerksam zu machen.
Zum Start der Qualitätsoffensive erklärte Bundesernährungsminister Christian Schmidt in einer Pressemitteilung:
„Unsere Kinder brauchen eine gesunde Ernährung für ihre Entwicklung und den Lernerfolg. Für das Mittagessen sind dabei immer öfter Kitas und Schulen gefragt: Die Zahl der Kinder, die mittags in der Kita verpflegt werden, hat sich in den letzten 10 Jahren nahezu verdoppelt. Das Mittagessen in Kitas und Schulen muss lecker, ausgewogen und hochwertig sein.
Dabei ist mir wichtig, dass sich alle Kinder nach den gleichen hohen Standards ernähren können. Dennoch kennen derzeit weniger als die Hälfte aller Kitas den Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Gutes Essen in Kita und Schule darf jedoch keine Glückssache sein, sondern muss zur Selbstverständlichkeit werden. Mit der größten Qualitätsoffensive für gesunde Ernährung in Kitas und Schulen, die es in Deutschland je gab, gebe ich daher den Anstoß dafür, die Standards der DGE flächendeckend in Kitas und Schulen zu etablieren.
Dabei will ich auch die Eltern mitnehmen und sensibilisieren. Mein Appell: „Macht Dampf! – Für gutes Essen in Kita und Schule“. Auch wir Eltern müssen uns damit auseinandersetzen, was unsere Kinder in den Kantinen zu essen bekommen. Meine Offensive bietet daher konkrete Handlungsempfehlungen für Eltern, um für mehr Qualität beim Essen in Kita und Schule zu sorgen. Darüber hinaus fordere ich, dass das kleine Einmaleins der Ernährung im Unterricht verankert wird – am besten als eigenes Schulfach. Denn Ernährungsbildung in der Theorie und gute Verpflegung in der Praxis gehören zusammen.“
Prima Idee aus dem Bundesernährungsministerium: Eltern sollen sich dafür stark machen, dass das Essen in Schulen und Kitas besser wird. Dafür wurde die Qualitätsoffensive „Macht Dampf! – Für gutes Essen in Kita und Schule“ gestartet. Auf den ersten Blick eine gute Sache. Aber: Wie so oft ist gut gemeint nicht gut gemacht.
Warum sollen die Eltern in dieser Sache aktiv werden, die auf dem Internetportal www.macht-dampf.de hinterlegten Musterbriefe verschicken, sich gar mit der Schulleitung und Caterern zusammensetzen und dafür sorgen, dass die Qualitätsstandards der DGE eingeführt werden? Ist das jetzt Aufgabe der Eltern? Ich meine: nein! Woher sollen Eltern überhaupt wissen, ob das Essen in der Schule gut oder schlecht ist? Am Speiseplan kann man das nicht unbedingt erkennen, und auch nicht daran, dass es den Kindern mal schmeckt und mal nicht.
Da man ja – obwohl immer alle beteuern, wie sehr ihnen das Wohl der Kinder am Herzen liegt – nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass immer alles einwandfrei läuft, muss das eben kontrolliert werden. (Ich denke an den Skandal 2013, als bei 11.000 Kinder in Ostdeutschland durch den Noro-Virus eine Magen-Darm-Krankheit ausbrach. Aufgenommen hatten sie die Erreger über Erdbeeren, die vom Caterer angeboten worden waren.) Und das ist nicht Aufgabe der Eltern.
Gesundes Essen ist sehr, sehr wichtig – das zeigt uns allein die Zahl der übergewichtigen Kinder, die, wenn es blöd läuft, auch zu Diabetikern werden können. Es muss also allgemeingültige (hohe!) Standards für das in Kitas und Schule angebotene Essen geben, und es muss jemanden geben, der das sorgfältig kontrolliert. Eine Initiative anzustoßen, die versucht, das Problem auf die Eltern abzuwälzen – und dafür auch noch Geld auszugeben – ist für mich ungenießbar.
Was über diese Eltern-Kampagne hinaus noch geschehen soll, darüber schweigt sich Minister Schmidt aus. Dabei hat er das Problem erkannt, denn er verbreitet über die Pressemitteilung: „Und vor allem in Kitas fehlt es oft an fachlicher Unterstützung und Personal oder der notwendigen Ausstattung, um eine ausgewogene Ernährung gemäß des Standards anbieten zu können.“ Wie daran etwas geändert werden soll und wie dabei zum Beispiel die Vernetzungsstellen Schulverpflegung in den Bundesländern aktiv werden können – darüber verliert er kein Wort.
Nicole Finkenauer-Ganz, Redaktion „Diabetes-Eltern-Journal“
Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft | nfg
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