Löst COVID-19 Typ-1-Diabetes aus?

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Löst COVID-19 Typ-1-Diabetes aus?

Kurz vor Drucklegung dieser Ausgabe des Diabetes-Eltern-Journals rauschte eine neue Studie durch den Blätterwald: Kann COVID-19 Typ-1-Diabetes auslösen, wie es eine Gruppe englischer Kinderärzte Ende August in der Fachzeitschrift „Diabetes Care“ behauptet hat?

Dreißig Kinder in Krankenhäusern im gesamten Nordwesten Londons erkrankten während des Höhepunktes der COVID-19-Pandemie neu an Typ-1-Diabetes, was der doppelten Anzahl von Fällen entspricht, die in den vergangenen Jahren in diesem Zeitraum üblicherweise beobachtet wurden. Außerdem hatten die Kinder viel häufiger eine schwere Blutübersäuerung (Ketoazidose). Insgesamt waren fünf Kinder mit neu auftretendem Typ-1-Diabetes mit SARS-CoV-2 infiziert worden.

Ketoazidose: Anstieg um 85 %

Tatsächlich hatten auch die Daten der deutschen Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV) und eines italienischen Diabetesregisters gezeigt, dass Kinder während der COVID-Krise mit bislang unbekanntem Diabetes später einem Arzt vorgestellt werden und daher deutlich häufiger eine schwere Stoffwechselentgleisung zeigen.

Clemens Kamrath von der Universitäts-Kinderklinik in Gießen und Mitarbeiter aus dem DPV-Register verglichen das Auftreten von diabetischer Ketoazidose zwischen dem 13. März und 13. Mai 2020, als die meisten Schulen und Kindergärten coronabedingt geschlossen waren, mit den Vorjahreszeiträumen von zwei Jahren. Ausgewertet wurden bundesweite Daten von 532 Kindern und Jugendlichen mit einem neu diagnostizierten Typ-1-Diabetes aus 216 Diabeteszentren.

Von den 2020er-Patienten in der Corona-Zeit hatten 45 % zum Zeitpunkt der Diagnose schon eine Ketoazidose, während der Anteil in den Zeiträumen 2018 und 2019 nur bei 24 beziehungsweise 25 % lag. Besonders Kinder unter sechs Jahren waren betroffen. Aber ein Anstieg der Häufigkeit von Typ-1-Diabetes hat sich in diesen großen Registern bislang nicht gezeigt. In Italien waren in dieser Zeit sogar weniger Kinder erkrankt (160 gegenüber 208 in 2019), davon 8 mit einem Nachweis von COVID-19.

Verzögerte Diagnose – nicht COVID

Wahrscheinlich erklärt die Verzögerung der Diagnosestellung auch die von den Londonern jetzt festgestellte Häufung. Dass dabei einige Kinder COVID-19 positiv sind, erstaunt auch nicht, da es ja lange bekannt ist, das Diabetes oft nach einem fieberhaften Infekt auftritt. Dabei besteht die Autoimmunerkrankung oft schon Jahre, aber erst im Rahmen des Infekts sinkt die körpereigene Insulinproduktion so weit ab, dass die typischen Diabetes-Symptome auftreten. Als Beleg dafür, dass COVID-19 auch Typ-1-Diabetes auslösen kann, kann der Nachweis einer COVID-Infektion bei Diabetesmanifestation daher nicht gelten.

Literatur
Unsworth R et al. New-Onset Type 1 Diabetes in Children During COVID-19: Multicenter Regional Findings in the U.K. Diabetes Care 2020 Aug; doi.org/10.2337/dc20-1551
Rabbone I et al. Has COVID-19 Delayed the Diagnosis and Worsened the Presentation of Type 1 Diabetes in Children? Diabetes Care 2020 Aug; doi.org/10.2337/dc20-1321

von Prof. Dr. med. Thomas Danne
Chefarzt Kinderkrankenhaus auf der Bult,
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: danne@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2020; 12 (3) Seite 5

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  • sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche

    hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • mayhe antwortete vor 1 Woche

      Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • sveastine antwortete vor 1 Woche

      @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag

    Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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