Worauf darf Alonso Vidal hoffen?

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Worauf darf Alonso Vidal hoffen?

Der Fußballstar Arturo Vidal (FC Bayern München) lässt seinen an Diabetes erkrankten Sohn in Turin behandeln; erprobt wird die „künstliche Bauchspeicheldrüse“. Ist damit eine Heilung möglich? Ein Interview mit Prof. Thomas Danne bringt Klarheit.

Alonso Arturo Vidal ist sechs Jahre alt und hat Typ-1-Diabetes; sein Vater ist Arturo Vidal, Mittelfeldspieler beim FC Bayern München. Der Junge unterzieht sich einer „neuartigen Behandlung“ – so stand es in der Münchner Abendzeitung und im Internet. Bekannt geworden ist dies durch einen Twitter-Beitrag von Vidal. Darin schreibt er vom „ersten Experiment weltweit für die künstliche Bauchspeicheldrüse“. Sein Sohn wird in Turin (Italien) behandelt.

Mit der künstlichen Bauchspeicheldrüse ist aber kein Organ gemeint, das eingepflanzt werden kann und dann die Insulinproduktion übernimmt. Sie besteht vielmehr aus: einer Insulinpumpe, einem Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung, einem Blutzuckermessgerät zur Kalibrierung des Sensors und einem Computerprogramm (Algorithmus), das die Pumpe automatisch steuert.

Alle diese Geräte können über Funkwellen miteinander kommunizieren, es wird daher auch von einem Closed loop (einem geschlossenen System) gesprochen. Wenn die Zusammenarbeit zwischen den Geräten gut funktioniert, ist dieses Closed loop zwar ein großer Fortschritt in der Behandlung des Diabetes – aber nicht gleichzusetzen mit einer Heilung!

Geforscht wird weltweit

Weltweit arbeiten Forschergruppen an der künstlichen Bauchspeicheldrüse/dem closed loop – darunter eine italienische Gruppe. Studien dieser Gruppe finden auch in dem Turiner Krankenhaus statt, in dem der Sohn von Vidal behandelt wird. Weit fortgeschritten in der Forschung ist das DREAM-Konsortium, das aus Forschern aus Slowenien, Israel und Deutschland (Prof. Danne, Prof. Kordonouri, beide Hannover) besteht (siehe z. B. Diabetes-Eltern-Journal 2/2013).

Prof. Thomas Danne ist Kinderdiabetologe und Chefarzt am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin „Auf der Bult“ (Hannover). Er erklärt, wie weit die Forschung an der künstlichen Bauchspeicheldrüse fortgeschritten ist.


Diabetes-Journal (DJ): Herr Professor Danne, was ist das für ein Projekt, das durch den Fußballstar Vidal so viel Aufmerksamkeit bekommt?
Prof. Dr. Thomas Danne: Solche Projekte laufen ja nicht nur in Italien, sondern an vielen verschiedenen Orten weltweit. Grundsätzlich geht es darum, eine Insulinpumpe automatisch zu steuern, und zwar mit den Werten, die ein in der Haut gelegter Glukosesensor misst. Damit das klappt, muss eine Computersteuerung dafür sorgen, dass die Pumpe direkt aus diesen Daten gesteuert wird, ohne dass der Patient selbst eingreifen muss.

DJ: Ist das dasselbe Forschungsprojekt, an dem Sie auch beteiligt sind?
Danne: Man muss das sportlich sehen, das ist ja das Schöne in der Wissenschaft: Es arbeiten verschiedene Gruppen mit verschiedenen Ansätzen an dieser künstlichen Bauchspeicheldrüse. Da gibt es die Gruppe in Italien, dann das DREAM-Konsortium, in dem ich mitarbeite. Es gibt aber auch eine Gruppe in Boston, die einen etwas anderen Ansatz hat und nicht nur Insulin, sondern auch Glukagon verwendet. Auch in Kanada und Australien gibt es Versuche, den Weg zum Ziel zu finden.

DJ: Für wie aussichtsreich halten Sie den Versuch, den die Italiener machen?
Danne: Nun, ich denke, natürlich ist jeder Wissenschaftler immer überzeugt, dass er den einzig richtigen und am weitesten entwickelten Vorschlag hat. Bis jetzt haben wir von den Italienern nur Ergebnisse gesehen von einigen wenigen Erwachsenen. Das ist unter semifreien Bedingungen gelaufen, das heißt, die Studienteilnehmer sind im Hotel unter Bewachung gewesen. Andere Forschungsgruppen sind schon so weit, dass die Studienteilnehmer das System schon über längere Zeit zu Hause ausprobiert haben – darüber gibt es schon publizierte Daten aus sechswöchigen Versuchen unter häuslichen Bedingungen. Was die italie­nische Gruppe bisher veröffentlicht hat, schien alles noch nicht ganz so weit zu sein, aber vielleicht ist jetzt der aktuelle Versuch weiter. Besser werden wir darüber Bescheid wissen im Frühjahr beim ATTD-Kongress in Mailand, wo üblicherweise alle Gruppen zeigen, wie weit sie sind.

DJ: Wie kommt es, dass der Sohn von Arturo Vidal an der Studie teilnimmt?
Danne: Ich nehme an, dass die Familie Vidal über die Zeit, in der Arturo Vidal für Turin gespielt hat, den Kontakt aufgenommen hat und deshalb den weiten Weg nach Turin fährt, obwohl er Versuche natürlich auch hier in Deutschland hätte haben können.

DJ: Aber es ist doch auf jeden Fall eine Studie; das System ist also noch nicht dafür gedacht, dauerhaft eingesetzt zu werden?
Danne: Nein, dauerhaft sicherlich nicht, das ist mit Sicherheit eine Studie. Im April diesen Jahres hat das Unternehmen DreaMed eine strategische Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Medtronic bekanntgegeben, mit dem Ziel, den CE-zertifizierten DREAM-Algorithmus des DREAM-Konsortiums in die nächste Generation der Medtronic-Pumpen zu übertragen. Die Tests laufen im Moment. Ich denke, es wird sicherlich noch zwei Jahre dauern, bis das System tatsächlich Marktreife hat.


Interview: Nicole Finkenauer-Ganz
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (11) Seite 14-15

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 1 Woche

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 3 Wochen, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • moira antwortete vor 2 Wochen

      Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 3 Wochen, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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