Diabetoporose vorbeugen: So hält man die Knochen bei Diabetes stabil

4 Minuten

Diabetoporose vorbeugen: So hält man die Knochen bei Diabetes stabil | Foto: Carey/Евгений Федоров - stock.adobe.com; privat
Foto: Carey/Евгений Федоров - stock.adobe.com; privat
Diabetoporose vorbeugen: So hält man die Knochen bei Diabetes stabil

Der Begriff Diabetoporose taucht immer häufiger in den Medien auf und beschreibt das gemeinsame Auftreten von Diabetes und Osteoporose. Was verbirgt sich genau dahinter und wir können Menschen mit Diabetes ihre Knochen stabil halten? Dr. Rita Hermann, Ökotrophologin aus Mülheim-Kärlich, klärt im Interview auf.

Im Interview: Dr. Rita Hermann

Dr. Rita Hermann ist Ökotrophologin (Ernährungswissenschaftlerin) und Fachjournalistin aus Mülheim-Kärlich. Sie leitet eine Agentur für Ernährungskommunikation und in Vorträgen, Seminaren und Schulungen informiert sie zu Themen wie Ernährung, Prävention und Gesundheitskommunikation.

Sie ist Mitglied des Berufsverbands Oecotrophologie (VDOE), der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM).

Dr. Rita Hermann (Foto: privat)

Diabetes-Anker (DA): Bekannt ist, dass Diabetes mellitus zu Folgeerkrankungen an großen und kleinen Gefäßen und Nerven führen kann. Nun taucht auch die Diabetoporose auf. Wie erklärt sich der Begriff?

Dr. Rita Hermann: In Deutschland gibt es aktuell rund 11 Millionen Menschen mit Diabetes mellitus und mehr als 6 Millionen leiden an einer Osteoporose. Eine Diabetoporose beschreibt das gemeinsame Auftreten beider Erkrankungen, was zunehmend zu beobachten ist. Experten gehen davon aus, dass es hier einen Zusammenhang gibt und dass Diabetes die Knochendichte und damit die Stabilität und Festigkeit der Knochen beeinträchtigen kann. Diabetoporose macht also somit auch auf die erhöhte Gefahr von Knochenbrüchen bei Menschen mit Diabetes aufmerksam und unterstreicht die Notwendigkeit, die Knochengesundheit im Auge zu behalten.

DA: Was hat ein Diabetes mit den Knochen zu tun?

Dr. Hermann: Die Ursache für die Entwicklung einer Osteoporose bei Diabetes mellitus ist bis heute noch nicht im Detail geklärt. Wahrscheinlich ist, dass hohe Blutzuckerwerte die Knochenstruktur beeinträchtigen. Zudem können der Mangel an Insulin bzw. bestimmte Medikamente die Knochendichte verringern und dazu führen, dass die Knochen leichter brechen. Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D oder Kalzium kann ebenfalls die Ursache für eine Diabetoporose sein. Menschen mit Diabetes sollten daher frühzeitig auf eine gute Blutzuckerkontrolle sowie eine Knochen-freundliche Lebensweise achten.

DA: Sind alle Diabetes-Typen von der Diabetoporose betroffen und wie häufig ist sie?

Dr. Hermann: Grundsätzlich können sowohl Menschen mit Typ-1- als auch mit Typ-2-Diabetes an einer Diabetoporose erkranken. Untersuchungen belegen Unterschiede hinsichtlich des Risikos für Osteoporose-bedingte Knochenbrüche. Hier sind Menschen mit Typ-1-Diabetes häufiger betroffen als mit Typ-2-Diabetes. Für beide Diabetes-Typen gilt wiederum, dass Sehstörungen durch eine diabetische Retinopathie sowie Unterzuckerungen mit Störungen des Gleichgewichts oder Muskelschwäche das Sturzrisiko und damit die Gefahr von Knochenbrüchen zusätzlich erhöhen können.

DA: Wie merken Menschen, dass sie Diabetoporose haben?

Dr. Hermann: In den frühen Stadien des Knochenschwunds, unabhängig davon, ob ein Diabetes vorliegt oder nicht, bleibt die Erkrankung häufig unerkannt. Gerade der schleichende und zunächst schmerzfreie Verlauf ist das Heimtückische daran. Häufig sind es Knochenbrüche nach leichten Stürzen oder sogar ohne erkennbare Ursache, die auf eine Osteoporose hinweisen. So kommt es beispielsweise nach einem unbemerkten Wirbelbruch zu Rückenschmerzen, einer abnehmenden Körpergröße oder einer gebeugten Haltung. Beim Arzt wird dann erst die Osteoporose festgestellt.


„Ein Knochen-gesunder Lebensstil ist die Basis. Dazu gehören neben der regelmäßigen Bewegung eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und eine kalziumreiche Ernährung.“


DA: Was können Menschen mit Diabetes selbst tun, um die Knochen stabil zu halten?

Dr. Hermann: Menschen mit Diabetes können aktiv dazu beitragen, ihre Knochengesundheit zu erhalten oder zu verbessern. Wie bei Menschen ohne Diabetes ist ein Knochen-gesunder Lebensstil die Basis. Dazu gehören neben der regelmäßigen Bewegung eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und eine kalziumreiche Ernährung. Kalzium ist der wichtigste Mineralstoff für feste und stabile Knochen.

DA: Was passiert bei einem Mangel an Kalzium?

Dr. Hermann: Kalzium ist nicht nur der bedeutendste Baustein der Knochen, sondern auch unerlässlich für zahlreiche weitere Funktionen in unserem Körper, beispielsweise die Blutgerinnung oder die Steuerung von Nerven- und Muskelaktivitäten. Damit alle Prozesse reibungslos funktionieren, reguliert der Körper den Kalziumspiegel im Blut in relativ engen Grenzen. Bei einem Kalziummangel greift der Körper auf das Kalzium in den Knochen zurück, um den Kalziumspiegel im Blut konstant zu halten. Eine längerfristige Mangelversorgung fördert daher den Knochenabbau und kann die Osteoporose begünstigen.

DA: Wie können Menschen mit Diabetes einen Kalziummangel verhindern?

Dr. Hermann: Wir wissen aus Studien, dass viele Menschen nicht die notwendige tägliche Menge an Kalzium aufnehmen, die ein gesunder Knochen benötigt. Nahrungsergänzungsmittel sind hier nicht die erste Wahl. Vielmehr gibt es kalziumreiche Lebensmittel und Getränke, die regelmäßig auf dem Speiseplan stehen sollten. Kalzium ist in Milch und Milchprodukten, wie Hartkäse oder Joghurt, enthalten. Auch einige Gemüsesorten, z. B. Broccoli oder Nüsse, liefern den Mineralstoff.

Empfehlenswert sind vor allem auch besonders kalziumreiche Mineral- und Heilwässer mit mehr als 600 mg Kalzium pro Liter. Sie sind als Alternative zu Milch und Milchprodukten die ideale Kalziumquelle, beispielsweise bei veganer Ernährung oder für Personen mit einer Laktoseintoleranz oder einer Milcheiweiß-Allergie. Für Menschen mit Diabetes haben kalziumreiche Mineral- und Heilwässer den großen Vorteil, dass sie keine Kalorien und keine Kohlenhydrate enthalten. Übrigens: Trinkwasser aus dem Wasserhahn enthält in der Regel nur sehr wenig Kalzium und ist daher als Kalziumquelle nicht geeignet.

DA: Wo finden Menschen mit Diabetes weiterführende Informationen zu diesem Thema?

Dr. Hermann: Verlässliche Informationen bieten Fachgesellschaften, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) oder die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Unterstützung finden Betroffene auch bei der Deutschen Diabetes- Hilfe (diabetesDE), dem Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband (OSD), dem Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose (BfO) oder dem Netzwerk Osteoporose. Neben diesen Informationen ist das Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin bzw. einer Ernährungsfachkraft für eine genaue Diagnose und individuelle Behandlungsempfehlungen unerlässlich.


Interview: Redaktion Diabetes-Anker

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 73 (10) Seite 36-37

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes-Anker-Podcast: Thomas-Fuchsberger-Preis-Gewinner Heiko Scharfenort über seine App WETID zur KH-Berechnung

Heiko Scharfenort wurde mit dem Thomas-Fuchsberger-Preis 2025 ausgezeichnet. Im Diabetes-Anker-Podcast berichtet er, wie er aufgrund der Diabetes-Erkrankung seines Sohnes die App WETID entwickelt hat, die Menschen mit Diabetes hilft, den Kohlenhydratgehalt von Lebensmitteln einfach zu berechnen.
Diabetes-Anker-Podcast: Thomas-Fuchsberger-Preis-Gewinner Heiko Scharfenort über seine App WETID zur KH-Berechnung | Foto: Dirk Deckbar / MedTriX

2 Minuten

Mehr Behandlungen ambulant statt stationär: Hybride Hoffnungen bei den Versorgungsstrukturen

Ambulantisierung – also die Versorgung vor Ort bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten statt in Kliniken – ist in aller Munde. Die ist in der Diabetologie schon sehr weit, doch die Strukturen sind komplex und zerbrechlich. Am Beispiel der Hybrid-DRGs zeigt sich, dass auch neue Werkzeuge keine einfache Lösung bieten.
Mehr Behandlungen ambulant statt stationär: Hybride Hoffnungen bei den Versorgungsstrukturen | Foto: benjaminnolte – stock.adobe.com

3 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • tako111 postete ein Update vor 2 Tagen, 12 Stunden

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

  • Hallo guten Abend ☺️

    Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
    Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
    Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
    Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?

    Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.

    Liebe Grüße, schönen Abend
    Nina 🙂

    • wolfgang65 antwortete vor 2 Tagen

      Willkommen Nina, …
      da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
      Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
      lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …

      Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
      falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!

      Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.

      LG

      Wolfgang

  • swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 3 Tagen, 19 Stunden

    Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
    Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

Verbände