Was Schlaf mit dem Gewicht zu tun hat

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Was Schlaf mit dem Gewicht zu tun hat

Störungen beim Ein- und Durchschlafen können einem den Verstand rauben. Nicht nur, dass sie deutlich stressen: Schlechter und insbesondere zu wenig Schlaf können sich negativ auf das Gewicht und auf die Fettverteilung im Körper auswirken.

Drei Uhr morgens: 98, 99, 100 – spätestens, wenn Sie beim 100. Schäfchen angekommen sind und immer noch wach liegen, dreht sich das Gedankenkarussell: Warum kann ich nicht schlafen, wie schaffe ich es jetzt endlich, in den Schlaf zu finden? Warum bin ich schon wieder aufgewacht? Schlafprobleme nehmen mit dem Alter zu: „Im Schnitt liegt der Anteil der Erwachsenen bei rund 30 %. Etwa 10 % davon haben eine ausgeprägte Ein- und Durchschlafstörung, Insomnie genannt“, erklärt Dr. Michael Feld, Schlafexperte aus Frechen bei Köln.

7 bis 10 Stunden sind üblich

Manche Menschen kommen mit 4 bis 5 Stunden Schlaf aus, doch die breite Masse, rund 70 bis 80 %, braucht 7 bis 8 Stunden Schlaf pro Tag. „Es gibt Menschen, die mindestens 9 bis 10 Stunden nötig haben. Schwierig wird es, wenn sie mit einem chronischen Schlafdefizit kämpfen und entsprechend häufig müde sind“, erklärt Somnologe Feld. Der Schlafmediziner weiß, dass der individuelle Schlafbedarf genetisch festgelegt ist. Allerdings kann sich der Mensch anpassen und seine Schlaf­hygiene verändern – eine wichtige und lohnende Sache, denn zu wenig Schlaf geht auf Dauer zu Lasten der Gesundheit.

Vielleicht haben Sie selbst schon Probleme mit gutem Schlaf erlebt, z. B. durch eine Schlafapnoe? Dabei setzt das Atmen in der Nacht immer wieder aus, ohne dass Sie dies wissen. Aber auch Medikamente, Wechseljahre bei Frauen, psychosoziale Probleme und Sorgen, insbesondere in der aktuellen Corona-Pandemie, können einem den Schlaf rauben.

So fördert Schlafmangel Übergewicht

Studien bestätigen, dass Schlafmangel einen direkten Einfluss hat auf das Körpergewicht, die Fettansammlung vor allem im Bauchraum (viszerales Fett) sowie auf das Risiko für Typ-2-Diabetes. Nur: Warum haben Schlafdauer, -zeitraum und -qualität einen derartigen Einfluss auf den Organismus? Diskutiert wird, ob eine kurze Schlafdauer den Energieverbrauch herabsetzt – mit der Folge, dass spontane Bewegungen reduziert werden, die Körpertemperatur sinkt und der Grundumsatz verringert wird.

Schlafmangel beeinflusst die appetitregulierenden Hormone Leptin und Ghrelin: Die Konzen­tra­tion des Sattmacherhormons Leptin nimmt ab. Gleichzeitig steigt der Anteil des appetit­anregenden Hormons Ghrelin. Dieses Ungleichgewicht kann zu einem verstärkten Lustessen während der gesamten Zeit des Wachseins beitragen. Je länger Sie also auf den Beinen sind oder auf dem Sofa sitzen, desto größer ist die Verlockung, immer wieder etwas zu essen oder unbewusst zu naschen.

Würden Sie das Bett dem Sofa vorziehen und sich zum Schlafen hinlegen, tragen Sie einfach und schnell dazu bei, insgesamt weniger zu essen und zu trinken. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn bei Fernsehen, Tablet-, PC- oder Smartphone-Nutzung ist der Energieverbrauch nur 10 % höher als während des Schlafs. „Meist ist der Schlaf durch bestehendes Übergewicht insgesamt schlechter, obwohl viele Betroffene in Summe mehr schlafen“, erklärt Schlaf­experte Dr. Feld.

Dies hängt oft z. B. mit besagter Schlafapnoe zusammen. Ebenfalls kommt es häufig zu erhöhtem Blutdruck in der Nacht – auch das stört den Schlaf. „Eine Stunde zu wenig schlafen sind im Schnitt rund 300 Kalorien am Tag mehr. Denn wer zu wenig schläft, hat häufig mehr Appetit und isst oft entsprechend mehr“, weiß der Frechener Somnologe Feld.

Unterzuckerungen in der Nacht?

Schwierigkeiten beim Durchschlafen können auch durch Unterzuckerungen (Hypoglykämien, umgangssprachlich „Hypo“) auftreten – vor allem, wenn Sie Insulin spritzen oder Tabletten einnehmen, die eine Unterzuckerung bewirken können, ebenso nach dem Genuss von Alkohol. Wie sieht es mit Ihrer Spätmahlzeit aus? Essen Sie etwas? Und wenn ja, was – z. B. einen Apfel? Dieser reicht nicht aus, um Ihren Körper über einen Zeitraum von mindestens 7 Stunden mit Kohlenhydraten zu versorgen.

Das am Abend gespritzte Insulin wirkt in der Nacht weiter – mit der Folge, dass nachts eine Unterzuckerung auftreten kann. Entweder Sie werden dann wach, essen etwas und können danach weiterschlafen. Oder Sie verschlafen die Hypoglykämie und haben am Morgen erhöhte Blutzuckerwerte.

Was macht die Leber nachts?

Wie kommt das? Bedingt durch die nächtliche Unterzuckerung aktiviert die Leber ihre Reserven an Glykogen (Zuckerspeicher), um den Mangel im Blut auszugleichen – mit der Folge des hohen Wertes nach dem Aufwachen. Um dies zu umgehen, empfiehlt sich eine letzte Mahlzeit vor der Nacht in Form von Kohlenhydraten mit Eiweiß und/oder etwas Fett sowie Ballaststoffen: Magerquark oder Skyr mit Obst, Naturjoghurt mit frischen Früchten, Dickmilch oder Kefir mit Obst. Möglich ist z. B. auch eine Scheibe Roggenvollkornbrot mit Käse oder fettarmer Wurst oder mit vegetarischem Belag.

Wenn Sie dieses Phänomen schon erlebt haben, probieren Sie dies mindestens eine bis zwei Wochen aus und dokumentieren es entsprechend. Eine Kombination aus Kohlenhydraten plus Eiweiß, Fett und Ballaststoffen trägt dazu bei, dass gegessene Kohlenhydrate in der Nacht langsamer verstoffwechselt werden und sich Hypo­glyk­ämien in der Nacht verhindern lassen.

15 Praxistipps für Ihren besseren Schlaf

  1. Überprüfen Sie Ihre Schlafgewohnheiten: Dauer, Qualität, Zeitpunkt, wie lange liegen Sie wach, wie ist es mit dem Durchschlafen?
  2. Wenn Sie Insulin spritzen oder Medikamente einnehmen, die eine Unterzuckerung bewirken können, achten Sie auf die Art Ihrer Spätmahlzeit.
  3. Empfehlenswert sind hier Spätmahlzeiten aus einer Kombination von Kohlenhydraten mit Eiweiß, Ballaststoffen und individuell auch etwas Fett.
  4. Wie häufig und in welcher Menge trinken Sie Alkohol, insbesondere abends? Das erhöht das „Hypo“-­Risiko!
  5. Wann gibt es die letzte große Mahlzeit, und woraus besteht diese in der Regel? Sehr Fettreiches und/oder Ballaststoffreiches zum Abendessen kann die Schlafqualität beeinflussen.
  6. Trinken Sie Kaffee, schwarzen und grünen Tee sowie Energy Drinks und Cola Zero ab dem Mittag nicht mehr.
  7. Statt vor dem TV, PC, Handy und Co zu sitzen, gehen Sie besser direkt ins Bett und schlafen.
  8. Sitzen Sie eine Stunde vor dem Schlafengehen nicht mehr vor Geräten mit blauem Licht (Tablet, Handy etc.). Lesen Sie Bücher statt digital besser in Papierform. Blaues Licht dieser Geräte kann die Schlafqualität beeinflussen.
  9. Regelmäßige Bewegung, auch ein kleiner Abendspaziergang, verbessert Ihre Schlafqualität deutlich.
  10. Meiden Sie intensives Kraft- oder Konditionstraining kurz vor dem Schlafengehen, hier braucht der Körper seine Zeit, bis er wieder zur Ruhe kommt.
  11. Sorgen Sie für eine angenehme Schlafumgebung: abgedunkelt im 16 bis 18 °C temperierten Raum.
  12. Entspannungsübungen wie autogenes Training, wohltuende Freizeit­beschäftigungen und bewusst positives Abschalten fördern guten Schlaf.
  13. Empfehlenswert sind feste Schlafenszeiten, auch am Wochenende.
  14. Lavendelduft kann helfen, besser ein- und durchzuschlafen, z. B. als Kopfkissenspray oder in einem Aromadiffusor auf dem Nachttisch.
  15. Sollten Schlafprobleme nicht verschwinden, besprechen Sie diese unbedingt mit Ihrem Arzt oder einem Schlafexperten (Somnologen).

Sie wissen es: Regelmäßige Bewegung im Alltag sowie mehr Bewegung und Sport tun Ihrem Blutzucker, dem Gewicht und der Seele gut. Nicht nur das – eine Studie mit chinesischen Erwachsenen bestätigt hier den Zusammenhang mit besserem Schlaf:

Bewegungsmangel sorgt für ­schlechteren Schlaf

Studienteilnehmer, die im Schnitt weniger als 6 Stunden pro Nacht schliefen, hatten ein deutlich erhöhtes Risiko, an Gewicht zuzunehmen, im Vergleich zu denen mit 7 Stunden und mehr. Dabei zeigte sich, dass der Zusammenhang bei Personen, die keinen Sport trieben, ausgeprägter war. Japanische Wissenschaftler untersuchten in einer Studie mit 59 Typ-2-Dia­betikern mittels eines Fragebogens deren Schlafgewohnheiten.

So zeigte sich ein Zusammenhang zwischen ungünstigen Ritualen wie spätem Zubettgehen, unregelmäßigen Bettzeiten sowie einer kurzen Schlafdauer und höherem Anteil von Fettansammlungen um die Organe (viszerales Fett). Wie wäre es also gerade jetzt im Frühling mit einem kleinen Abendspaziergang, statt den Abend auf dem Sofa zu verbringen?


von Kirsten Metternich von Wolff

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2021; 70 (5) Seite 26-28

 

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