3 Minuten
Wer deutlich übergewichtig ist, noch nicht sehr lange Typ-2-Diabetes hat und 15 Kilogramm seines Gewichts reduziert, kann seinen Zuckerstoffwechsel stark normalisieren und sogar zeitweise ohne Medikamente auskommen. Das ist eine zentrale Aussage in den aktualisierten Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zur Ernährung bei Typ-2-Diabetes. Außerdem gilt: „Schnelles Spazierengehen nach dem Essen hilft definitiv beim Abnehmen.“
Weitere wichtige Neuerungen: Strenge Vorgaben für die Menge an Fett, Kohlenhydraten und Eiweiß sind überholt – stattdessen können Betroffene gesunde Ernährungsmuster wählen, die ihren Vorlieben entsprechen. Empfehlenswert zur Gewichtsabnahme sind Formula-Diäten, Low-Carb- und Low-Fat-Ernährung sowie Intervallfasten.
Der Ausschuss Ernährung der DDG hat die Praxisempfehlungen überarbeitet und dafür sämtliche relevanten Studien seit 2004 ausgewertet. Mit dem Ergebnis, dass genaue Vorgaben für einzelne Mikronährstoffe wie Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß entfallen; auch die Maßgabe, bei eingeschränkter Nierenfunktion weniger Eiweiß zu essen, ist überholt. „Die Empfehlungen zur Gewichtsreduktion und Ernährungsweise bei Diabetes Typ 2 sind insgesamt unkomplizierter und individueller“, freut sich DDG-Präsident Professor Dr. med. Andreas Neu.
Im Mittelpunkt der neuen Empfehlungen steht die Erkenntnis, wonach bei Adipösen – also stark übergewichtigen Menschen – durch eine Gewichtsreduktion von mindestens 15 Kilogramm grundsätzlich ein vollständiges Zurückdrängen des Diabetes möglich ist (“Remission”). „Die DiRECT-Studie aus England zeigt, dass 86 Prozent der Personen, die tatsächlich eine Gewichtsreduktion von mindestens 15 Kilogramm erreicht hatten, eine Diabetes-Remission erfuhren“, berichtet Professor Dr. med. Diana Rubin, die als Vorsitzende des Ausschusses Ernährung der DDG federführend an der Neuerstellung der Praxisempfehlungen beteiligt war. „Voraussetzung war eine Diabetesdauer von nicht länger als sechs Jahren.“
Um dieses Ziel zu erreichen, können Abnehmwillige prinzipiell unter verschiedenen Methoden wählen. „Wir haben in der Literatur sehr gute Effekte beispielsweise für Low-Carb gefunden, eine kohlenhydratarme Ernährungsform“, so Rubin. Low-Fat-Diäten (Ernährung mit wenig Fett) seien zumindest mittelfristig in der Wirkung ebenbürtig. „Soll keine bestimmte Diät eingesetzt werden, so sind für das Diabetesmanagement mediterrane, vegetarische oder vegane Ernährungsmuster gleichermaßen geeignet“, fügt die Ernährungsmedizinerin hinzu. Auch Intervallfasten könne unter ärztlicher Überwachung zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden. „Entscheidend ist, dass die Abnehmstrategie zu den Präferenzen der übergewichtigen Person passt und nachhaltig im Alltag umgesetzt werden kann“, so Rubin.
Zu raschen, hohen Gewichtsverlusten mit dem Resultat einer Diabetesremission führen nachweislich auch Formula-Diäten, die mit einem Mahlzeitenersatz arbeiten, meist in Pulverform. Eine große Studie belegt: Nahezu die Hälfte der übergewichtigen Diabetespatientinnen und -patienten, die zunächst über drei bis fünf Monate eine Formula-Diät mit einem Kaloriengehalt von 825 bis 852 kcal pro Tag einhielten, erzielte eine Remission. „Die Remission dauerte teilweise länger als zwei Jahre“, berichtet Rubin. Ist keine Ernährungsform wirksam, sind bariatrische Operationen ebenfalls sehr erfolgreich, um eine Diabetes-Remission herbeizuführen.
Über das nordische Ernährungsmuster, die makrobiotische Ernährung, die DASH- und Paleo-Diät konnten die Experten keine Aussagen treffen. „Zu diesen relativ neuen Ernährungstrends liegen noch zu wenige Studien vor“, erläutert Rubin. Sicher dagegen ist: Regelmäßige körperliche Aktivität auch mit geringer Intensität – etwa zügigeres Gehen nach den Mahlzeiten – verbessert die Körpergewichtsregulation. „Schnelles Spazierengehen nach dem Essen hilft definitiv beim Abnehmen“, betont die Leiterin des Zentrums für Ernährungsmedizin am Vivantes Klinikum Spandau und Humboldt-Klinikum Berlin.
Generell gelte: „Wer unverarbeitete, naturbelassene Lebensmittel zu sich nimmt, liegt richtig“, fasst Rubin zusammen. Darüber hinaus sollten Kohlenhydrate bevorzugt in Form von Vollkornprodukten, stärkearmen Gemüsesorten, Hülsenfrüchten und Nüssen verzehrt werden. „Hafer enthält besonders gesunde Kohlenhydrate, die günstig auf den Blutzuckerspiegel wirken“, so Rubin. Süssstoff in üblichen Mengen ist unbedenklich, zuckerarmes Obst besonders im Hinblick auf den Ballaststoffgehalt empfehlenswert und mäßiger Alkoholkonsum mit einer guten Stoffwechseleinstellung vereinbar.
Insgesamt, rät das Expertengremium, müsse die Ernährungstherapie stark auf die jeweilige Person abgestellt werden. „Es bietet sich an, die individualisierte Ernährungsberatung intensiver zu nutzen – ob in der Sprechstunde, per Mail oder Telefonie“, so Rubin. Auch eine App, die von fachkundigen Experten geprüft wurde und auf Rezept erhältlich ist, könne hilfreich sein. „In jedem Fall sollte möglichst früh eine Therapie angeboten werden“, betont Rubin.
Quelle: Deusche Diabetes Gesellschaft | Redaktion
5 Minuten
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen