Verrückter Zucker auf der Bühne

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© Tomas Rodriguez
Verrückter Zucker auf der Bühne

Einundzwanzig Jahre mit Typ-1-Diabetes – mit italienischer Gelassenheit und einer Menge Humor: Kabarettist Konrad Beikircher plaudert aus dem Nähkästchen.

“Ich habe zwei Nachrichten für Sie, Herr Beikircher, eine gute und eine schlechte. Die schlechte: Sie müssen sich von heute an täglich Insulin spritzen. Die gute Nachricht: Sie sind Typ-1-Diabetiker, also Jugenddiabetiker.” So oder so ähnlich klangen die Worte der Diabetologin von Konrad Beikircher, damals 48 Jahre, als er seinen Typ-1-Diabetes diagnostiziert bekam.

Blutzucker bei knapp 700 mg/dl

Konrad Beikircher war früher Psychologe in einer Jugendstrafanstalt und ist heute freiberuflicher Kabarettist, Moderator, Musiker, Autor und noch mehr; für ihn war die Diagnose eine Überraschung. Nach sechs Wochen mit enormem Durst wurde seine Bekannte und Hausärztin beim Brunchen auf seinen hohen Flüssigkeitskonsum aufmerksam.

Ein Test des Blutzuckers ergab einen Wert von knapp 700 mg/dl (38,9 mmol/l). “Sie hatte Tränen in den Augen, sagte, ich solle nur noch Wasser trinken und maximal Salat essen und morgen früh um 8 Uhr zu ihr in die Praxis kommen. Ich habe da gar nicht geschaltet. Ich dachte, ich müsste sterben”, berichtet Beikircher.

Gemeinsames BE-Berechnen

Heute kommt der 69-Jährige gut mit seinem Blutzuckermanagement zurecht. Seine Familie unterstützt ihn, er versucht aber, sie nicht damit zu belasten. “Männer leiden ja immer besonders unter Erkrankungen. Ich kenne männliche Diabetiker, die können sich noch nicht mal selbst spritzen, dass müssen die Frauen dann machen.” Das wollte er nie, denn Selbstständigkeit ist ihm wichtig.

“Anfangs habe ich oft mit den Kindern gemeinsam versucht auszurechnen, wie viele BE eine Mahlzeit hat. Sie haben manchmal ihren Blutzucker gemessen – man weiß ja nie, ob der Typ-1-Diabetes in der Familie liegt.” Bis heute sind die Fünf jedoch verschont geblieben.

Flockensahne bei Unterzuckerung

Vor seinem Auftritt ist er natürlich noch nervös, manchmal spielt der Blutzucker auch auf der Bühne verrückt: “Dann rede ich schneller und irgendwann wird die Zunge taub.” Griff in die Tasche – Traubenzucker hat er auch auf der Bühne immer dabei. Den hatte er aber nicht in der Jacke, als er bei herrlichem Wetter mit dem Unternehmen Berlin-Chemie für ein Fotoshooting mit dem Blutzuckermessgerät GlucoMen areo unterwegs war.

“Ich sagte noch zu dem Mitarbeiter: ‚Ich muss mir gleich mal was zu essen holen.‘ Und dann ging alles ganz schnell, 20 Meter später ging gar nichts mehr. Er rannte los und holte mir ein Stück Flockensahne – wunderbar!” So schnell kann es dann auch bei alteingesessenen Diabetikern gehen. “Es gibt für einen Diabetiker keine Entschuldigung, keinen Traubenzucker dabeizuhaben”, sagt Beikircher heute resolut.

Pumpenzwischenfall auf der Bühne

An einem Abend auf der Bühne fing seine Pumpe einfach an zu piepsen. “Was macht man dann? Dann sage ich: ‚Sie wissen ja, ich bin Pumpeninsuliner, jetzt muss ich erst mal gucken.‘ Natürlich nur, wenn ich die Brille dabei habe, sonst hat das keinen Sinn.” Natürlich ist es unangenehm, aber mit Humor – und davon hat Beikircher eine Menge – kann man jede Situation meistern. Diese Einstellung hat der gebürtige Südtiroler sich zum Motto gemacht.

Italienische Gelassenheit

Die Deutschen neigen häufig dazu, alles etwas negativer zu sehen – das ist überhaupt nicht nötig. “Man soll vor einer Krankheit keine Angst haben. Einatmen, ausatmen, nach vorne gucken”, erklärt der Kabarettist seine Lebenseinstellung. Natürlich sei es auch eine Krankheit, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte, aber mit italienischer Gelassenheit geht alles viel einfacher. “Diabetes ist eine 3-Sterne-Stoffwechselstörung: Mit Umsicht kann man alles essen!”


von Lena Schmidt | Redaktion Diabetes-Journal
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (1) Seite 40-41

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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