Der innere Konflikt um die Freiheit

3 Minuten

© nullplus - Fotolia
Community-Beitrag
Der innere Konflikt um die Freiheit

Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nur noch wie eine Maschine den ganzen Tag damit zu tun habe, Regeln zu befolgen und meiner Gesundheit Herr zu werden. Wie ferngesteuert tippe ich dann auf meiner Pumpe herum oder trinke Apfelsaft bei einer Unterzuckerung, obwohl ich gerade erst Wasser getrunken habe und keinen Durst verspüre. Da habe ich das Gefühl, meine Seele bleibt irgendwie auf der Strecke. Sie wird gar nicht erst gefragt. Doch müsste bei richtiger Motivation sie nicht mit ins Boot geholt werden? Zumindest fühlt sich das viel besser an, wenn sie dabei ist. So ging es mir beim Sport immer. Da war meine Seele sogar der Anführer im Kopf. Der Körper sagte: „Ich kann nicht mehr“, doch die Seele sagte: „Los, das wollen wir unbedingt schaffen.“ Empfunden habe ich das als großes Spiel mit Riesen-Spaß.

Das Gegenteil von Spaß

Doch an manchen Tagen im Diabetes-Alltag fühlt sich das leider gar nicht so an. Ganz im Gegenteil, es macht gar keinen Spaß, sich zum Katheter-Wechsel zu drillen und Apfelsaft in den vollen Bauch zu quetschen. Genau in solchen Momenten versuche ich, mir über meine Situation klar zu werden. Ich schreibe es mir von der Seele. Erstmal beginnen die Zeilen recht negativ, weil ich mich eben nicht gut fühle. Doch wenn ich mich mal so richtig „ausgekotzt“ habe, bekomme ich plötzlich eine ganz andere Sichtweise auf die Dinge. Der Nebel lichtet sich und dann ist alles ganz anders und gut so.

Wie das „von der Seele schreiben“ bei mir so aussieht, möchte ich dir zeigen. Hier also meine Gedanken zum Thema Freiheit, vielleicht denkst du ja manchmal ähnlich:

Messen, spritzen, Katheter wechseln, Insulin wechseln, Material bestellen, Arzttermine, Blutabnahme, messen, rechnen, schätzen, essen – manchmal mag einem der Diabetes-Alltag schon aufwendig vorkommen. Und der Aufwand lässt sich wohl kaum leugnen.

Quelle: privat

Der Aufwand im Diabetes-Alltag

Aufwand wegen winziger Mengen einer klaren Flüssigkeit, die dem Körper fehlt. Aufwand wegen einer einzigen fehlenden Funktion eines einzigen Organs. Aufwand, der sich wie ein Vollzeitjob ohne Bezahlung anfühlt. Aufwand, der keine Pausen kennt. Aufwand, der abhängig macht. Aufwand, der das ganze Leben begleitet. Aufwand, der wie eine Klette für immer bleibt. Aufwand, der manchmal schmerzt. Aufwand, den der Körper manchmal zu ignorieren scheint. Aufwand, der manchmal verzweifeln lässt. Aufwand, der sich manchmal kaum zu lohnen scheint. Aufwand, der zwingt, Dinge zu tun, nach denen einem der Sinn absolut nicht steht.

Gefangen im eigenen Körper mit aufgebundenen Regeln, die manchmal das gesamte Denken einnehmen. Regeln, die unseren Alltag bestimmen und vorschreiben, was zu tun und zu lassen ist.

Es ist hart, Diabetes zu haben, und sicher hat jeder mal einen Tiefpunkt. Der inneren Freiheit beraubt, sehnen wir uns nach dem Loslassen. Nach dem Einfach-drauflos-Essen, nach dem unbeschwerten Leben ohne jeglichen Aufwand und ohne Spritzenschmerz.

„Jeder hat das Recht auf Gesundheit.“

Doch es ist, wie es ist, und ich glaube, es gibt nur einen Weg, der uns glücklich sein lässt, und der geht so: Nur wenn wir unsere Ketten wahrnehmen, uns ihner bewusstwerden und sie akzeptieren, erst dann können wir sie losreißen.

Deshalb hilft nur, die Regeln und den Aufwand hinzunehmen, unser Schicksal anzunehmen und das alles für selbstverständlich zu halten. Denn jeder ist selbstverständlich. Jeder hat das Recht auf Gesundheit, selbstverständlich. Und jede Gesundheit ist selbstverständlich jeden Aufwand wert. Mehr noch: Mit dem Therapieaufwand zeigen wir die Liebe zu uns selbst. Je mehr wir uns für unsere Gesundheit ins Zeug legen, umso mehr scheinen wir uns um uns zu kümmern und uns zu lieben. Sei dir jeden Aufwand wert. Denn du bist es wert.

Also lasst Taten sprechen. Lasst uns Aufwand betreiben. Lasst diesen Aufwand ganz selbstverständlich werden, so selbstverständlich, dass er schon gar kein Aufwand mehr ist, sondern eine Wohltat und ein Zeichen für die Liebe zu uns selbst.

Nur so sprengen wir die Ketten und sind frei – und Freiheit ist ein Genuss für die Seele.

Und nochmal: Gönn dir diesen Genuss, akzeptiere, was ist, liebe dich selbst und lass deine Taten sprechen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes-Anker-Podcast mit Dr. Katja Schaaf: Diabetes und Vorsätze – Strategien, die wirklich funktionieren

Neues Jahr, neue Vorsätze? In dieser Diabetes-Anker-Podcast-Folge spricht Dr. Katja Schaaf über funktionale Ziele für Menschen mit Diabetes. Es geht um Strategien zur Umsetzung, den Umgang mit Rückschlägen und wie moderne Diabetes-Technologien unterstützen können.
Diabetes-Anker-Podcast mit Dr. Katja Schaaf Diabetes und Vorsätze – Strategien, die wirklich funktionieren | Foto: privat

2 Minuten

Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt: #51 | Necrobiosis Lipoidica – meine seltene Hauterkrankung

Mit 27 Jahren wurde bei Caro ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert. Erfahrt in dieser Kolumne alles über ihre außergewöhnliche Reise als junge Frau mit Diabetes.
Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt – Meine seltene Hauterkrankung - Necrobiosis Lipoidica

5 Minuten

Community-Beitrag

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

Verbände