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Zuerst konnte und wollte ich es nicht glauben. Diabetes mellitus Typ 1. Eine Krankheit, die vom einen auf den anderen Moment mein ganzes Leben auf den Kopf stellte.
Ich war gerade dabei, mir auszumalen, wie mein zukünftiges Leben mit Diabetes aussehen würde. In diesem Moment flatterte ein Vogel an mir vorbei. Ich beobachtete, wie er sich geschickt vom Wind treiben ließ. Doch einen Wimpernschlag später war er wieder verschwunden. Mit all meiner Kraft befreite ich mich aus dem Schlauchsalat. Trotz meiner Schmerzen wollte ich unbedingt mehr von diesem eleganten Luftakrobaten sehen. Ich hatte Glück, denn gerade, als sich mein Oberkörper aufgerichtet hatte, begann die Hauptvorstellung.
Jeder Flügelschlag ließ ihn näherkommen, näher der Sonne entgegen. Gerade, als er dabei war, die Wolkendecke zu durchbrechen, stürzte er sich todesmutig in die Tiefe. Immer tiefer und tiefer sank er und wurde nicht langsamer. Nun waren es nur noch wenige Meter bis zum Erdboden. Ich hielt den Atem an. Doch obwohl ich es nicht für möglich gehalten hatte, bezwang er die Schwerkraft und wendete den Aufprall ab. Das Fliegen sah dermaßen mühelos aus, als wäre es das Leichteste der Welt.
Zum Abschluss seiner Show segelte er anmutig an mein Fenster heran und bedankte sich bei seinem Publikum, wie es sich für einen wahren Künstler gehörte. Als er gerade dabei war, mich zu verlassen, entdeckte ich etwas an ihm, was mich verwunderte. Seine Augen. Ja, seine Augen, so rein und glänzend, wie ein Diamant. Es war ein Blick ausgefüllt mit purer Freude am Leben.
Der Blick traf mich mitten ins Herz, weil er mir unmissverständlich aufzeigte, was ich mir selbst so sehnlichst wünschte. Freude am Leben!
Ich wollte die Zeit festhalten. Noch länger die Energie dieses Wesens in mir aufsaugen. Doch da war er schon wieder weg, auf der Suche nach neuen Bewunderern.
Zurück in meiner Welt, ließ ich mich lustlos auf mein Bett fallen und dachte zurück an meine glückliche Kindheit. Eine Zeit, in der ich noch Freude am Leben hatte.
An heißen Tagen eine erfrischende Limo oder ein leckeres Eis schlotzen und im Winter sofort nach dem Schlittenfahren eine heiße Schokolade schlürfen. Ich konnte essen und trinken, was und wann ich Lust hatte. Ganz wie ein Vogel, der sich aussuchen konnte, wohin er fliegt. Leider wurde mir diese Freiheit erst wirklich klar, als sie mir genommen wurde.
Akzeptiere, was du nicht verändern kannst und mache das Beste daraus:
Die Fragen brannten sich wie heiße Kohlen in meinen Schädel. Warum? Warum ich? Warum hat die Krankheit mich ausgesucht? Habe ich zu viele Schoko-Croissants gegessen, zu wenig Sport gemacht oder hat der liebe Gott einfach mal Bock drauf gehabt, mir so richtig in den Hintern zu treten?
Ich weiß bis heute keine Antwort und vermutlich gibt es auch keine. Als mir dies klar wurde, begriff ich, dass ich etwas ändern musste. Unlösbare Fragen führen zu einem ungelösten Leben, ich aber wollte ein freies Leben. Also fragte ich mich, was ich tun darf, um ein Leben in Freiheit und Glück genießen zu können. Damit hatte ich es geschafft, allein mit der Umstellung meiner Fragen, zu akzeptieren.
Nur was Schmerzen bereitet, fällt schwer zu akzeptieren. Mir kam es plötzlich sinnlos vor, nach dem Warum zu fragen. Der Vogel fragt sich ja auch nicht, warum er keinen Computer bedienen kann. Nein, er akzeptiert, was ist, und macht das Beste daraus. Der kleine Vogel ist bis heute mein absolutes Vorbild.
Danke, lieber Vogel! Dank dir fand ich den Weg heraus aus dem Tal der Tränen, hinein in einen aufregenden Abenteuerspielplatz. Tag für Tag entdeckte ich neue Wege, frei und glücklich durch mein Leben zu fliegen.
Wie sieht es bei dir aus? Hast du schon das Leben, welches du dir wünschst? Wenn nicht, kannst du dir alle Fragen aufschreiben, die du dir den Tag über stellst. Sortiere aus, was dir nicht nützt, und sei dankbar für das Nützliche. Das bloße Bewusstsein, deiner Fragen, hilft dir schon zu einem erfüllteren Leben. Glaub mir, ich durfte es selbst erfahren. Was sind deine Fragen?
Die Diagnose einer chronischen Krankheit erweitert häufig die Blickweise auf das Leben. Yvonne beschreibt das in ihrem Beitrag Mein Diabetes und ich – an den meisten Tagen sind wir Freunde.
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