Nachgefragt | Psychologie: Gut vorbereitet auf die weiterführende Schule

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Nachgefragt | Psychologie: Gut vorbereitet auf die weiterführende Schule

Sie haben medizinische und/oder psychosoziale Fragen bezüglich Kindern und Jugendlichen mit Diabetes? Die Experten des Diabetes-Eltern-Journals geben Ihnen in der Rubrik Nachgefragt Antwort!

Die Frage

Wir freuen uns sehr, dass unser Sohn Henry (10) von seinen Lehrern eindeutig die Empfehlung für das Gymnasium erhalten hat. Das hätten wir vor drei Jahren kaum erwartet, als Henrys Leistungen in der Schule plötzlich deutlich abgefallen sind. Kurz danach wurde bei ihm Typ-1-Diabetes festgestellt.

Durch die gute Diabetesschulung und Behandlung von Beginn an hat sich Henry sehr schnell erholt. Er ist heute körperlich fit, spielt gerne Handball und freut sich darauf, mit seinem Freund Moritz das Gymnasium in der Nachbarstadt zu besuchen. Dazu unsere Frage: Wie können wir Henry darauf mit Blick auf seinen Diabetes vorbereiten?

Familie R.

Die Antwort von Prof. Dr. Karin Lange

Wenn ein Kind mit Diabetes so gute Schulleistungen hat, sollte es wie alle Kinder eine Chance auf eine begabungsgerechte Schulbildung erhalten. Beim Schulwechsel wird Henry wahrscheinlich elf Jahre alt sein. Er ist damit immer noch zu jung, um seine Diabetestherapie verantworten zu können. Selbst wenn er sich schon viel zutraut, sollte er immer die Sicherheit haben, einen Elternteil telefonisch zu fragen, wenn es um die Insulindosierung, die Einschätzung von Kohlenhydraten (Handyfoto) oder das richtige Verhalten in ungewöhnlichen Situationen geht. Das sollten Sie im Vorfeld mit den neuen Lehrkräften besprechen.

Vor allem die Klassenlehrerin und der Sportlehrer sollten etwas genauer wissen, wie Henry bei einer Unterzuckerung oder bei anderen Notfällen, z. B. einer Ketoazidose oder einem Pen- oder Pumpendefekt, geholfen werden kann. Dazu gibt es eine Broschüre für Lehrkräfte, die Sie speziell an Henrys Bedürfnisse anpassen können. Sie finden diese auf der Website www.diabetes-kinder.de. Je einfach und klarer Ihre Instruktionen sind, umso eher und besser werden sie in der Schule umgesetzt.

Anders als Erstklässler können Elfjährige schon etwas auf sich achten und Hilfe erbitten, wenn es ihnen nicht gut geht. Sie brauchen nicht mehr ständig überwacht zu werden. Dieses Zutrauen sollten Sie Henry auch vermitteln. Parallel können Sie mit Henry in den nächsten Jahren kontinuierlich üben, wie Nahrung, Bewegung und Insulin aufeinander abgestimmt werden.

In einigen Diabeteszentren werden speziell Schulungskurse zum Wechsel in die weiterführende Schule angeboten, in denen ältere Kinder altersgemäß lernen, wie sie selbstbewusst mit ihrem Diabetes umgehen, etwas Verantwortung übernehmen und typische Probleme im Alltag mit Diabetes bewältigen können. Fragen Sie Ihr Diabetesteam nach einer solchen Schulung.

Erfahrungsgemäß verbringen gute Schulfreunde wie Moritz und Henry mehr Zeit in der Schule und vor allem in den Pausen miteinander als jede Lehrkraft mit einem einzelnen Kind. Wenn nicht schon längst geschehen, sollte Moritz wissen, wie er Henry im Notfall helfen kann. Und umgekehrt sollte Henry selbstverständlich auch für Moritz da sein. Das sollte auch für den gemeinsamen Schulweg mit dem Bus gelten. Hier könnten Sie in den Ferien mit beiden Jungen gemeinsam den Weg üben.

Anders als in der Grundschule möchten einige Kinder nicht, dass sie der neuen Klasse gleich mit ihrem Diabetes vorgestellt werden. Lassen Sie Henry entscheiden, ob er allen anderen Kindern gleich von seinem Diabetes berichten möchte oder erst nach und nach. Ganz sollte er aber seinen Diabetes nicht verheimlichen. Ein selbstbewusster Junge hat dazu berichtet, dass er den neuen Klassenkameraden gleich seine Pumpe und den Diabetes erklärt hat. Darauf meldete sich ein anderes Kind und sagte leise, dass es auch Diabetes habe.

Bei aller Sorge sollten Sie aber davon ausgehen, dass Henry die weiterführende Schule ebenso schaffen wird wie alle anderen Kinder. Die Stoffwechselstörung wird darauf kaum einen Einfluss haben. Und sollte es einmal Schwierigkeiten geben, hat das meist andere Gründe, wie bei anderen Kindern auch.


von Prof. Dr. Karin Lange

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2020; 12 (1) Seite 24-25

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • sveastine antwortete vor 1 Woche

      @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • mayhe antwortete vor 1 Woche

      Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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