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„Wenn du dein Leben so intensiv und vollständig leben möchtest, wie es geht, dann sei dort, wo es stattfindet: Im Hier und Jetzt!“
Könnt Ihr diesen Worten zustimmen? Dieses Zitat stammt von der Stresstrainerin und Achtsamkeits-Lehrerin Doris Kirch. Gemeinsam mit meinem Diabetes bilde ich oft ein super Team. Doch es gibt auch Tage, wo auch andere Teampartner bei uns mitspielen wollen. Dann sagt jemand: „Beile Dich, du kommst sonst wieder zu spät zu Deinem Termin!“ Oder meine kleine Tochter schreit wie am Spieß, weil sie wieder mal nicht schlafen möchte. Ich selbst jedoch hundemüde bin. Kennt Ihr das? Konsequenz solcher Situationen ist dann oft großer Stress. Auch meinen Diabetes lässt dieser Stress oft nicht unberührt.
Ich glaube, es gibt für niemanden ein Patentrezept für Stress. Ich selbst habe lange Zeit nach meinem optimalen Stressmanagement gesucht. Die Lösung habe ich seit der Geburt meiner Tochter entdeckt. Das Wandern, ganz gewöhnliches Wandern. Warum wandern? Weil ich in Innsbruck, der Hauptstadt von Tirol, in einem Paradies für Wanderer lebe! Tirol eröffnet Wanderern eine faszinierende Bergwelt und bietet Kurzstrecken wie auch Weitwanderwege an.
Ich schildere Euch dazu ein Protokoll von so einer Tour in meine geliebten Berge. Diese Wanderung habe ich – nebenbei gesagt – mit meiner anderthalbjährigen Tochter Emilia gemeistert. Und wo ist es hingegangen? Natürlich zur Höttinger Alm! Das ist die zentrale Anlaufstelle für alle sportlichen Innsbrucker. Besonders dann, wenn nicht so viel Zeit zur Verfügung steht, der Zucker zu hoch ist oder man einfach mal dem Stress entfliehen mag …
Beim Aufstehen am Morgen zeigte das Messgerät 144 mg/dl (8,0 mmol/l) an. Spitze! Vor dem Start der Tour brauchten Emilia und ich natürlich erst mal ein ordentliches Frühstück. Gegen 9 Uhr haben wir eine Scheibe Butterbrot, Apfel und etwas Joghurt verspeist. Dazu gab es Tee bzw. einen Kaffee für die Mama. Nach Windelnwechseln und Kraxepacken ging’s gegen 9:40 Uhr los.
Zuerst liefen wir zum Löwenhaus und fuhren von dort mit der Hungerburgbahn, einer Standseilbahn, los auf die Hungerburg. Die Hungerburg ist übrigens ein Stadtteil von Innsbruck in 865 m Höhe mit herrlicher Sicht auf die Stadt.
Ab der Hungerburg kamen dann meine Beine richtig zum Einsatz. Kurz vorher habe ich aber noch den Blutzucker getestet – 172 mg/dl (9,6 mmol/l). Das war ein bisschen zu hoch. Ich wusste aber – jetzt geht’s bergauf. Und ich hatte irgendwie ein komisches Gefühl. Also hab ich – trotz hohen Werts – noch 2 BE Banane gegessen. Ungewöhnlich, aber speziell beim Wandern verlass ich mich oft auf mein Gefühl.
Unsere erste Station, die Arzler Alm, erreichte ich gegen 11:20 Uhr. Ich ging weiter, ohne meinen Blutzucker zu testen, da Emilia in der Kraxe schlief. Ich wollte sie nicht wecken und lief trotz Regenwetters straff weiter, ohne auf meine Werte zu achten. Es gibt so viele Dinge während des Gehens zu erleben … Schnecken, Regentropfen, zwitschernde Vögel, die gute Luft. Einfach im Hier und Jetzt sein und alles andere – auch die Zuckerwerte – sind vergessen!
Es begann nun, heftiger zu regnen, und ich schnallte die Kraxe wieder auf meinen Rücken und lief weiter. Durch meine Hypo-BEs merkte ich, wie ich wieder mehr Energie bekam. Gegen 13:00 Uhr erreichten Emilia und ich – zwar durchnässt, aber glücklich – die Höttinger Alm auf 1487 m. Wir hatten ca. 700 Höhenmeter bewältigt. Das lockt jede Menge Glückshormone hervor! Bei sportlicher Belastung wie dem Wandern schüttet unser Körper Endorphine aus. Das sind Hormone, deren Wirkung mit einem schwachen Opiumrausch vergleichbar sind. Es tritt dann eine Art Glücksrausch ein! Nach ungefähr 15 Minuten Bergaufgehen hatte ich ein komisches Gefühl. Ich stellte die Kraxe vorsichtig auf einer Bank ab, holte das Messgerät heraus und schaute nach meinem Blutzucker – 57 mg/dl (3,2 mmol/l)! Da hatte mich mein Gefühl nicht getrogen! Sofort wurden zwei Bonbons und einige Kinderbrezeln (die Snacks meiner Tochter) verspeist. Parallel dazu reduzierte ich meine Basalrate auf 0 % für 30 Minuten. Emilia schlief während dieser Zeit weiter friedlich in ihrer Kraxe.
In der warmen Almstube zogen Emilia und ich sofort unsere nassen Regensachen aus. Ich schaute nach meinem Blutzucker – 108 mg/dl (6,0 mmol/l). Wow, das war super! Ich bestellte einen Kaspressknödel mit Salat und ich ließ es mir gut gehen. Emilia naschte natürlich mit vom Essen. Der Kaspressknödel auf der Alm war wirklich extrem lecker!! Ich habe mir für das Essen 2 Einheiten gegeben.
Gegen 14:00 Uhr packten wir uns wieder in unsere Regensachen und traten den Rückweg an. Der Blutzucker war 149 mg/dl (8,3 mmol/l). Ich reduzierte meine Basalrate für den Heimweg auf 20 %, da der Weg bergab nicht so anstrengend ist wie beim Bergaufgehen. Der Retourweg war dann extrem verregnet und nass. Trotzdem, diese Ruhe und Abgeschiedenheit in den Bergen gibt mir immer wieder neue Kraft und lässt jeglichen Stress verschwinden! Gegen 15:38 Uhr erreichten Emilia und ich unser Zuhause. Blutzucker: 107 mg/dl (5,9 mmol/l)! Eine Spitzentour und ein Spitzenwert waren das! Stressbewältigung pur!
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