Nachgefragt | Psychologie: Kinder mit Diabetes selbstständig werden lassen

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Nachgefragt | Psychologie: Kinder mit Diabetes selbstständig werden lassen

Sie haben medizinische und/oder psychosoziale Fragen bezüglich Kindern und Jugendlichen mit Diabetes? Die Experten des Diabetes-Eltern-Journals geben Ihnen in der Rubrik Nachgefragt Antwort!

Die Frage

Unser Sohn Louis (10) hat vor 5 Jahren Diabetes bekommen. Zu Beginn haben wir uns selbstverständlich um alles gekümmert, was seinen Diabetes betraf. Aber jetzt ist aus ihm ein selbstbewusster Schüler geworden. Vor kurzem beschwerte er sich, dass mein Mann und ich ihn „immer noch behandeln wie ein Baby“. Wie viel kann man einem Zehnjährigen selbst überlassen, ohne ihn zu gefährden?

Tina M.

Die Antwort von Prof. Dr. Karin Lange

Wie schön, dass Louis seinen Weg so gut gegangen ist und sich mit Ihrer Hilfe altersgemäß entwickeln konnte. Darauf können Sie stolz sein. Wahrscheinlich wird Louis in diesem Jahr die Schule wechseln und wie alle Kinder zunehmend selbstständiger werden (wollen). Er wird sich wie alle Gleichaltrigen geistig weiterentwickeln und dadurch auch komplizierte Zusammenhänge verstehen können. In den Jahren kurz vor der Pubertät sind Kinder dafür besonders aufnahmefähig.

Es braucht einige Zeit und Geduld, bis ältere Schulkinder diese Überlegungen mit Ihrer Hilfe nachvollziehen können. Und Louis wird noch ein paar Jahre Ihre Hilfe bei der Insulindosierung und bei anderen Aufgaben der Diabetestherapie brauchen, aber die “Sicherheitsleine” sollte langsam länger werden, bis er selbst zum Diabetes-Profi geworden ist.

Auch alltägliche Dinge können Sie mit ihm üben, z. B. zu schauen, ob ausreichend Insulin, Katheter etc. vorhanden sind, Nachschub in der Diabetesambulanz zu bestellen oder Rezepte einzulösen. Wahrscheinlich geht es schneller, wenn Sie das als Eltern rasch selbst übernehmen, aber Louis
wird diese Fähigkeiten später brauchen, und er wird jetzt stolz sein, wenn er selbstbewusst handeln kann. Kinder wachsen an Aufgaben, die sie schon bewältigen können.

Selbstverständlich sollte ein Zehnjähriger nie mit seinem Diabetes alleingelassen werden, er sollte zu jeder Zeit die Möglichkeit haben, Sie um Rat zu fragen. Aber er sollte auch das Gefühl haben, dass Sie ihm vertrauen, d. h. nicht mehr ständig ohne wichtigen Anlass nach seinem Diabetes fragen. Und Sie sollten auch überlegen, ob Sie ihn wirklich ständig mit der Follower-Funktion überwachen sollten.

Nach vielen Jahren der Diabetestherapie müssen eben auch Eltern schrittweise lernen, ihren Kindern altersgemäß Verantwortung zu überlassen und sie nicht mehr jede Minute zu überwachen. Besprechen Sie regelmäßig mit Louis, was er schon allein übernehmen möchte und wobei er sich Hilfe wünscht oder benötigt. Gemeinsam getroffene Absprachen geben Eltern und Kindern die notwendige Sicherheit.


von Prof. Dr. Karin Lange

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2021; 12 (1) Seite 22

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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