- Soziales und Recht
Kommentar | „Blickwinkel“: Selbsthilfe geht alle an
2 Minuten
Bei einem Workshop im Rahmen der DDG-Jahrestagung diskutierten die Teilnehmer über den Status quo der Diabetes-Selbsthilfe in Deutschland. Unsere Redakteurin Dr. Katrin Kraatz war dabei und beschreibt welchen Blickwinkel sie und die übrigen Teilnehmer auf dieses Thema haben.
Ein Workshop-Thema beim Diabetes Kongress 2017 Ende Mai in Hamburg: “Selbsthilfe im Praxisalltag”. Wer nahm teil? Fast ausschließlich Selbsthilfe-Aktive. Wer fehlte bis auf rühmliche Ausnahmen, die man an einer Hand abzählen konnte? Ärzte und Diabetesberaterinnen. Dr. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, war aber schon zufrieden, dass es eine solche Veranstaltung überhaupt ins Programm des wissenschaftlichen Kongresses geschafft hatte.
Sein Ziel der Veranstaltung: “Selbsthilfe kann eine Menge dahingehend bewirken, dass Menschen einfach besser informiert sind … Das erleichtert natürlich auch den Praxisalltag.” Jan Twachtmann, Vorstandsvorsitzender von Deutscher Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M), stieß ins selbe Horn: “Selbsthilfe und Praxen müssen möglichst eng verzahnt sein, um sich gegenseitig zu unterstützen.”
Wer sind die durchschnittlichen Selbsthilfe-Aktiven?
Um diesen Zusammenhang zu belegen, wurde die SHILD-Studie durchgeführt, die die gesundheitsbezogene Selbsthilfe in Deutschland u. a. anhand des Typ-2-Diabetes untersuchte. Sie ergab, erläuterte Silke Kramer aus Hannover, dass im Durchschnitt Selbsthilfe-Aktive älter sind, länger Diabetes haben und mehr Frauen teilnehmen. Außerdem liegen bei den Aktiven mehr Begleiterkrankungen vor.
Da stellt sich die Frage: Benötigen jüngere Patienten keine Selbsthilfe? Warum nehmen sie weniger teil? Denn eigentlich ist Selbsthilfe aus meinem Blickwinkel für alle Altersgruppen hilfreich. Juliane Grützmann, stellvertretende Vorsitzende der DDH-M: “Wir wollen Mut machen – in der Gruppe wird’s leichter.” Daneben ist die politische Interessenvertretung der organisierten Selbsthilfe ein wichtiger Aspekt für Menschen, aktiv zu werden.
Manch junger Diabetiker setzt auf Online-Selbsthilfe
Wie aber kann Selbsthilfearbeit aussehen? Dr. Franz Straube von einer Diabetes-Selbsthilfegruppe in München möchte die Mitglieder der Gruppe durch Wissensvermittlung fit machen: “Letztlich geht es ums Ziel Lebensqualität und Lebenserwartung.” Außerdem hat er ein großes Netzwerk mit Ärzten und Institutionen aufgebaut, bietet Walking- und Kochgruppen an.
Aber ist das für alle geeignet? Ilka Gdanietz, seit 27 Jahren Typ-1-Diabetikerin, hat einen anderen Weg gewählt: “Ich betreibe Online-Selbsthilfe.” In ihrem Blog ist ihr wichtig, “dass wir kein Blatt vor den Mund nehmen”. Dort wird auch mal geschrieben, wie blöd es sich mit Diabetes lebt und wenn mal wieder alles mit dem Diabetes schiefgegangen ist.
Wenn andere darauf reagieren, kann das einfach Trost bieten: Man ist nicht allein, andere verstehen einen – denn die Praxis sieht doch meist anders aus als die von Ärzten und Diabetesberaterinnen vermittelte wissenschaftlich korrekte Theorie.
Selbsthilfe sollte auch Thema in Schulungen sein
Krögers Fazit: “Wir brauchen beides! (…) Das ist der Weg, den wir in Zukunft gehen sollten.” Und, fragte Moderator Dr. Jochen Riehle am Ende: “Was können die Diabetologen und Diabetesberaterinnen für die Selbsthilfe leisten?” Silke Kramer gibt bei Bedarf konkrete Hinweise auf Gruppen, so dass die Patienten möglichst wenig Eigeninitiative aufbringen müssen.
Selbsthilfe sollte auch Thema in den Diabetes-Schulungen sein, lautete ein anderer Tipp der Teilnehmer – denn manchmal kann es so sogar gelingen, eine ganze Schulungsgruppe in eine Selbsthilfegruppe zu bringen.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (7) Seite 29
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 4 Tagen, 11 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 5 Tagen, 8 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 5 Tagen, 7 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike