Fachgesellschaften kritisieren Gesetzesentwurf

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Fachgesellschaften kritisieren Gesetzesentwurf

Nach Ansicht mehrerer medizinischer Fachgesellschaften enthält das geplante Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (AM-VSG) zwar einige wichtige Aspekte, aber auch gravierende Mängel.

Das Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (AM-VSG) soll die Medikamentenversorgung von Patienten verbessern. Dazu hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Referentenentwurf veröffentlicht. In einer gemeinsamen Stellungnahme äußern sich nun die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) sowie weitere wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften zu dem Entwurf.

Nach ihrer Ansicht enthält das Papier zwar einige wichtige Aspekte, aber auch gravierende Mängel. Sie plädieren daher für Nachbesserungen und benennen als zentrale Punkte vor allem ergänzende Expertise und mehr Transparenz auch bei der Preisbildung. Das AM-VSG soll voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten.

„Begrüßenswert, aber nicht nicht weitreichend genug“

„Grundsätzlich begrüßen wir, dass mit dem geplanten Informationssystem verfügbare Daten zu neuen Arzneimitteln für verordnende Ärztinnen und Ärzte transparenter gemacht werden sollen“, sagt Professor Dr. med. Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO und Autor der Stellungnahme.

Allerdings sind die aktuellen Ansätze seiner Ansicht nach nicht weitreichend genug: „Um die Arzneimittelversorgung von Patienten wirklich verbessern zu können, müssten neben den Ergebnissen der frühen Nutzenbewertung unbedingt auch aktuelle Erkenntnisse über die Langzeitwirkung von Medikamenten sowie über deren Nebenwirkungen enthalten sein.“ Zudem sollten die Wirksamkeit von Arzneimitteln in bestimmten Subgruppen, relevante Biomarker und die Empfehlungen aus Leitlinien aufgegriffen werden.

Wissenschaftlich-medizinische Erkenntnisse zu wenig berücksichtigt

Kritisch beurteilen die Fachgesellschaften außerdem, dass wissenschaftlich-medizinische Erkenntnisse zu wenig berücksichtigt werden. „Die zukünftige Möglichkeit, Medikamentenverordnungen einzuschränken, kann nicht nur auf einem Verfahren beruhen, das mit dem Ziel der Preisbildung gegründet wurde“, erklärt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vizepräsident der DDG und Mit-Autor der Stellungnahme.

Immerhin können damit Therapiestandards beeinflusst werden, die Millionen von Patienten betreffen. „Hier ist die Begleitung durch die medizinische Wissenschaft unerlässlich“, so Müller-Wieland. Deren Expertise sei darüber hinaus auch notwendig, um Erkenntnisse zu Arzneimitteln auf Patientengruppen zu übertragen, für die keine Studienergebnisse vorliegen – dies ist häufig bei kranken Kindern der Fall, „Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat bisher keine Methodik zur Festlegung von solchen Subgruppen etabliert“, ergänzt Wörmann.

Folgende Fachgesellschaften waren an der Stellungnahme beteiligt:
  • Deutsche Diabetes Gesellschaft
  • Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie
  • Deutsche Gesellschaft für Epileptolgie e.V.
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie
  • Deutsche Gesellschafft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.
  • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.
  • Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V.
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen
  • Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.
  • Deutsche Krebsgesellschaft

Kritik auch am Plan, die Preisverhandlungen weiter geheim zu gestalten

Auch die Art und Weise, wie über die Preisbildung von Medikamenten diskutiert werden soll, kritisieren DDG und beteiligte Fachgesellschaften. Laut Referentenentwurf sollen Preisverhandlungen weiterhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne potentielles Korrektiv allein zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und dem pharmazeutischen Unternehmen geführt werden. „Wir empfehlen, dass die medizinische Plausibilität der Ergebnisse dieser geheimen Verhandlungen am Ende unter Einbindung der medizinischen Fachgesellschaften geprüft wird“, sagt Müller-Wieland.

Gerade bei chronischen Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 oder neurologischen und psychiatrischen Leiden, von denen viele Millionen Menschen betroffen sind, sei ein solches Vorgehen relevant. Schließlich würde die Versorgung bei solchen Erkrankungen am Ende de facto wesentlich durch den Preis bestimmt, nicht durch den Zusatznutzen. Zudem werden nach Meinung der Experten zentrale Probleme, die immer wieder zur Entstehung von Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln führen, nicht gelöst.

Gesamturteil der Fachgesellschaften fällt insgesamt kritisch aus

Positiv beurteilen die Mediziner hingegen, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) – also die Grundlage für die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen im ambulanten Bereich – zukünftig zeitgleich angepasst werden soll, wenn abgesehen werden kann, dass für den Einsatz eines neuen Medikaments zusätzlich begleitende Diagnostik, etwa in Form von Gentests, notwendig ist. „Hier bestand bisher eine Gesetzeslücke, die in den vergangenen Jahren beispielsweise in der Onkologie vermutlich häufig zu einer bedenklichen Unterversorgung von Patienten geführt hat“, sagt Wörmann.

Dennoch fällt das Gesamturteil der Fachgesellschaften eher kritisch aus: „Die Nutzenbewertungen von Medikamenten und die Entwicklung von wissenschaftlich medizinischen Leitlinien sind zu wenig miteinander verbunden“, meinen Wörmann und Müller-Wieland. Das führe zu Verwirrungen bei Patienten, Ärzten und Apothekern – und behindere die Umsetzung von Innovationen.


Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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