Jahresrückblick 2016

3 Minuten

Jahresrückblick 2016

Das Jahresende ist die Zeit der Rückblicke – daher blickt auch unser Rechts-Experte Oliver Ebert zurück auf die rechtlichen sowie gesundheits- und sozialpolitischen Entscheidungen der vergangenen Monate, die Menschen mit Diabetes betreffen. Und er wirft einen Blick auf das, was uns im neuen Jahr erwarten wird.

Liebe Leserinnen und Leser, das Jahr 2016 hat im Rückblick für Diabetiker einige Änderungen gebracht: Neue Insuline und Medikamente mussten aus Kostengründen vom Markt genommen werden und sind für Kassenpatienten nicht mehr zugänglich.

Dickste Überraschung: CGM-Systeme wurden Kassenleistung

Dafür gab es eine dicke Überraschung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen regelt, hat nämlich anerkannt, dass Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) nicht lediglich dem Patienten Komfort und erhöhte Lebensqualität bringen, sondern auch aus medizinischer Sicht einen Nutzen bringen können.

Seit September 2016 sind CGM-Systeme daher nun reguläre Kassenleistung: Wenn aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen bei einem Patienten vorliegen, dann darf ihm der Arzt ein CGM-System nun auf Kassenrezept verordnen. Bis dahin wurden solche Systeme nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel bei Schwangeren – von den Krankenkassen übernommen. Ich finde, das ist ein Meilenstein und zeigt, dass trotz vieler Kürzungen und Schwächen die Leistungen unseres Gesundheitssystems noch immer auf einem sehr hohen Niveau sind.

Ausblick ins kommende Jahr: Änderungen bei der Pflegeversicherung

Gleich zum Jahreswechsel gibt es weiter Positives: Der Januar bringt nämlich auch im Bereich der Pflegeversicherung erhebliche Änderungen:

Bislang gab es drei Pflegestufen, künftig wird in fünf Pflegegrade unterteilt. Dies bringt für die Betroffenen in vielen Fällen finanzielle Entlastung bzw. mehr Geld. Auch für Kinder mit Diabetes könnte es nun womöglich einfacher werden, Leistungen der Pflegeversicherung zu bekommen. Allerdings wird dafür auch der Beitrag zur Pflegeversicherung erhöht: Er steigt um 0,2 Prozentpunkte auf dann 2,55 Prozent. Wer kinderlos ist, muss mehr bezahlen: Hier liegt der Beitrag künftig bei 2,8 Prozent, also ein Zuschlag von 0,25 Prozent.

Ich werde die Neuerungen in der Pflegeversicherung in einer der kommenden Ausgaben des Diabetes-Journals ausführlich vorstellen.

Krankenkassenbeiträge: keine Erhöhung, Änderungen bei den Grenzwerten

Die Krankenkassenbeiträge sollen in 2017 zunächst nicht steigen, auch der Zusatzbeitrag zur Krankenkasse bleibt mit durchschnittlich 1,1 Prozent stabil. Allerdings verlangen die Krankenkassen unterschiedlich hohe Beiträge; hier kann man unter Umständen sparen, wenn man vergleicht und ggf. in eine günstigere Kasse wechselt.

Wie jedes Jahr neu: Die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenkasse steigt, nun bundeseinheitlich auf monatlich 4.350 €. Dies bedeutet, dass für über diesem Betrag liegende Einkünfte keine Beiträge an die Krankenkasse abgeführt werden müssen.

Hiervon ist die Jahresarbeitsentgeltgrenze zu unterscheiden: Diese legt fest, ab welchem Einkommen man sich von der Sozialversicherungspflicht befreien lassen kann, d.h. in die private Krankenversicherung wechseln kann. Diese Grenze liegt ab 2017 bei 57.600 €.

Diskriminierung im Alltag: auch Negatives gibt es zu berichten

Obwohl doch insgesamt durchaus Positives zu vermelden ist, gibt es natürlich auch viele Dinge, die leider nicht rundlaufen. Noch immer kommt es aufgrund des Diabetes mitunter zu Diskriminierung im Alltag – sei es im Arbeitsleben oder privat. Betroffen gemacht hat mich beispielsweise die Mail eines Vaters, der mich um dringende Hilfe bat:

Seine achtjährige Tochter besuchte die erste und auch die zweite Klasse der Regelschule; die Lehrer halfen freiwillig und engagiert beim Messen und Spritzen. Nachdem sie das zweite Grundschuljahr mit gutem Ergebnis abschließen konnte, wurde das Kind nach den großen Ferien beim Start in die 3. Klasse aber plötzlich von der Klassenlehrerin abgewiesen.

Begründung: Die neue Lehrerin verweigert sich generell der Thematik Diabetes; sie blockierte und verweigerte dem Kind die weitere Unterrichtsteilnahme. Selbst eine vorübergehende Teilnahme der Eltern am Unterricht, bis ein Schulbegleiter bzw. ein Pflegedienst organisiert ist, wurde von der Schule nicht gestattet. Auch eine Intervention der Eltern beim Schulamt brachte wohl nichts.

So etwas ist und wäre ein Skandal. Denn ein Ausschluss eines Kindes mit Diabetes vom Schulbetrieb darf nur erfolgen, wenn es nicht regelschulfähig ist. Selbstverständlich muss die Schule nach allen Kräften dazu beitragen, um eine Inklusion und Teilhabe des Kindes zu ermöglichen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg stellte vor einiger Zeit in einem Eilverfahren (Beschluss vom 25.11.2013, Az.: 3 M 337/13) daher auch klar, dass ein Kind mit Diabetes nur im Ausnahmefall an eine Förderschule verwiesen werden darf.

Kostenlose Beratung – doch Undank ist der Welten Lohn

Ich antwortete dem Vater daraufhin sehr ausführlich und kostenfrei – ein anderer Anwalt hätte für den Aufwand und die Beratung ca. 250 € berechnet – und gab ihm Tipps zur Vorgehensweise. Es bleibt zu hoffen, dass die Familie nun schnell das Problem lösen kann.

Aber wie leider so oft, wenn man kostenlos hilft (und das passt ebenfalls zu einem Rückblick zum Jahresende), kam auch in diesem Fall nicht einmal ein kurzes Dankeschön zurück … Falls der Vater so auch mit den Lehrern bzw. der Schule umgegangen ist (die sich bis dato ja sehr engagiert hatten), hätten wir hier vielleicht schon einen Teil der Erklärung für die momentane Situation. Schlimm ist nur, dass das Kind dies letztlich ausbaden muss.

In diesem Sinne bedanke ich mich bei Ihnen als engagierte Leser – und wünsche Ihnen eine besinnliche Adventszeit, frohe Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Ihr Oliver Ebert


von Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart oder
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de

Internet: www.diabetes-und-recht.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (12) Seite 62-63

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Rezept für Mini-Nussecken

Knusprig, nussig, schokoladig: Mit diesem Rezept gelingen Mini-Nussecken im handlichen Format mit Mürbeteig, Haselnüssen und Mandeln – veredelt mit Zartbitterschokolade. In rund zwei Stunden fertig, ca. 112 kcal pro Stück. Ideal für Vorrat und süße Pausen.
Rezept für Mini-Nussecken | Foto: MedTriX / Bernhard und Gabi Kölsch

2 Minuten

Nachgefragt | Recht: Kindergarten, Schule, Studium – welche Rechte und Ausgleiche es bei Diabetes gibt

Der Diabetes bringt in Kindergarten, Schule und Studium zusätzliche Herausforderungen mit sich. Oft wird eine Begleitperson benötigt, welche sich um den Diabetes kümmert, damit der Besuch von Kindergarten oder Schule überhaupt möglich ist. Auch bei Klassenarbeiten, Prüfungen wie dem Abitur oder Klausuren kann der Diabetes sich nachteilig auswirken. Welche Unterstützungen, Rechte und Ausgleiche stehen den Betroffenen zu?
Kindergarten, Schule, Studium – welche Rechte und Ausgleiche es bei Diabetes gibt | Foto: ArtBySalea07 – stock.adobe.com

3 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche

    Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

Verbände