Kinder mit Diabetes haben Anspruch auf Begleitperson in Schule und Kindergarten

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Kinder mit Diabetes haben Anspruch auf Begleitperson in Schule und Kindergarten

Gleich drei aktuelle Gerichtsentscheidungen stellen klar: der Staat muss bei Bedarf für ein Kind mit Diabetes in Kindergarten oder Schule sowie bei Schulausflügen die Kosten einer Begleitperson übernehmen. Das Einkommen der Eltern ist dabei aufgrund einer gesetzlichen Ausnahmebestimmung nicht anzurechnen, haben die Gerichte ausdrücklich klargestellt. Wichtig ist auch: ein womöglich langjähriger Rechtsstreit darf nicht zu Lasten des Kindes gehen. Daher können die Eltern im Wege des Eilverfahrens schon vorab eine gerichtliche Anordnung auf Kostenübernahme erwirken.

Oft stehen Eltern von Kindern mit Diabetes vor einem Dilemma: Wenn das Kind noch nicht selbstständig den Blutzucker messen bzw. spritzen kann, bringt die Diabetes-Erkrankung nicht selten auch in Kindergarten und Schule erhebliche Probleme mit sich. Zwar übernehmen engagierte Lehrerin in den meisten freiwillig die notwendigen Überwachungs- und Hilfsaufgaben, so dass das Kind ganz normal am Unterricht teilnehmen kann.

Klappt das allerdings nicht, stehen die Eltern vor einem massiven Problem. Ein Verbleib in der Schule oder ggf. die Teilnahme an Schullandheim oder Klassenfahrten wird dann nur möglich sein, wenn sichergestellt ist, dass nichts passiert. Nicht immer ist es möglich oder zumutbar, dass Eltern diese Aufgabe übernehmen. Für eine Begleitperson, die das Kind regelmäßig beaufsichtigt bzw. den Blutzucker misst und Insulingabe und Mahlzeitenaufnahme sicherstellt, entstehen aber erhebliche Kosten, die sich viele Eltern jedoch gar nicht leisten können.

Eingliederungshilfe für Kinder ist bundesweit einheitlich geregelt

Seit vielen Jahren ist daher – bundesweit einheitlich – in §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch (SGB) XII vorgeschrieben, dass Kindern mit Behinderung – wozu auch ein chronische Krankheit wie Diabetes zählt – vom Staat die Unterstützung („Eingliederungshilfe“) bekommen müssen, die für einen Schulbesuch erforderlich sind, erklärt Rechtsanwalt Oliver Ebert.

Für medizinische Leistungen wie das Blutzuckermessen oder Insulin spritzen kann bei der Krankenkasse eine entsprechende Hilfeleistung beantragt werden. Ebenso können Eltern einen Antrag auf Integrationshilfe beim zuständigen Integrationsamt stellen. Wird der Antrag bewilligt, kann beispielsweise eine Begleitperson oder ein Pflegedienst dauerhaft oder regelmäßig nach dem Kind schauen. Diese Integrationshilfe soll es also betroffenen Kindern ermöglichen, einen Regelkindergarten bzw. eine Regelschule zu besuchen.

Eltern können bei der zuständigen Integrationsbehörde (am Besten schriftlich) gem. §§ 53, 54 SGB XII die benötigten Leistungen der Integrationshilfe beantragen. Dies kann beispielsweise eine Begleitperson bzw. ein ambulanter Pflegedienst sein, der während der Schulzeiten vorbei schaut und dem Kind so einen Besuch der Regelschule ermöglicht. Alternativ können Eltern gem. § 57 SGB XII auch ein persönliches soziales Budget beantragen, d.h. eine monatliche Geldleistung, mit welcher sie selbst eine Begleitperson beauftragen und bezahlen können.

Doch leider wissen viele Eltern nicht, dass es diese Ansprüche gibt. Und nicht selten werden Anträge auf eine Begleitperson von den Ämtern bzw. der Krankenkasse unberechtigt abgelehnt – oder es kommt zu einer Bewilligung, aber dabei wird dann das Einkommen der Eltern angerechnet.

Drei aktuelle Gerichtsentscheidungen schaffen Klarheit: Kinder mit Diabetes haben im Bedarfsfall einen Anspruch auf notwendige Assistenzleistungen bzw. eine Begleitperson, wenn dies für die Teilnahme am Schulunterricht, Klassenfahrten oder Schullandheim erforderlich ist.

Weitere Informationen finden Sie hier.
Folgendes ergibt sich für die Eltern:
  • Kinder mit Diabetes haben Anspruch auf eine Begleitperson, wenn dies für den Schulbesuch erforderlich ist
  • Eltern können im Eilverfahren eine vorläufige Regelung durch das Gericht erwirken
  • In der Regel ist nicht die Krankenkasse, sondern das Integrationsamt/Landkreis zuständig
  • Das Einkommen der Eltern muss nicht angerechnet werden
  • Diabetes ist eine chronische Krankheit und damit eine Behinderung. Ein Schwerbehindertenausweis bzw. eine vorausgegangene Feststellung einer Behinderung (GdB) ist daher nicht erforderlich, um Leistungen der Eingliederungshilfe zu erhalten

Sozialgesetzgebung deckt Kostenübernahme der Lehrerschulung

Werden Assistenzleistungen von Lehrern erbracht, ist keine Begleitperson nötig. Dann ist es wichtig, dass diese entsprechend geschult werden. In dieser Schulung erlernt das pädagogische Personal die Grundzüge der Diabetesbetreuung – beispielsweise, wie Blutzucker gemessen wird und kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel eingeschätzt werden. Zudem bekommen Lehrer und Betreuer vermittelt, Unterzuckerungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Für die Kostenübernahme einer solchen Schulung gibt es nach Auffassung von Rechtsanwalt Oliver Ebert auch eine klare gesetzliche Grundlage im Sozialgesetzbuch XI , die bundesweit einheitlich gilt. Er schreibt auf diabetes-und-recht.de:
„Wenn eine Schulung der Lehrer erforderlich ist, damit dem Kind dadurch der Schulbesuch ermöglicht wird, dann stellt die Schulung eine Leistung zur Eingliederungshilfe dar. Die Kosten hierfür müssten daher auf Antrag von den Ämtern gem. §§ 53,54 SGB XII übernommen werden. Meines Wissens gibt es zur Kostenübernahme einer solchen Schulung zwar noch keine Urteil – dies muss aber nichts bedeuten. Denn es kann – und ich vermute es sehr – auch schlicht daran liegen, dass aus Unwissenheit bislang noch gar keine entsprechenden Anträge gestellt wurden…“


Quelle: diabetes-und-recht-de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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