- Soziales und Recht
Prof. Dirk Müller-Wieland: „Betroffene einbinden“
2 Minuten
Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland (Aachen) ist seit Ende Mai für 2 Jahre Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), sprich der Diabetes-Experten. Wir haben mit ihm über seine Ziele für seine Amtszeit gesprochen.
Diabetes-Journal (DJ): Welche großen Probleme sehen Sie für Menschen mit Diabetes in Deutschland?
Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland (M.-W.): Eines der großen Themen ist, dass der Diabetes mellitus zwar eine Volkskrankheit ist, seine Bedeutung in der Bevölkerung aber bagatellisiert wird. Außerdem muss die Versorgung weiter optimiert werden. Auch in der Gesundheitspolitik muss deutlich mehr wahrgenommen werden, dass der Diabetes mellitus nicht dadurch bedingt ist, dass Übergewicht vorliegt und eine Lebensstiländerung den Menschen helfen würde, sondern dass selbstverständlich auch das Schicksal der Patienten begleitet und bedroht wird durch die Multimorbidität, durch die vielen Komplikationen, die entstehen können. Patienten müssen frühzeitig, effektiv und sicher flächendeckend versorgt werden.
DJ: Welche Problemlösungen sind machbar während Ihrer Amtszeit als DDG-Präsident?
M.-W.: Erstens geht es um die Prävention: Es geht nicht nur um die individuellen Maßnahmen, sondern auch darum, dass Politik und Gesellschaft dafür Sorge tragen müssen, dass die Risiken für die Zuckerkrankheit reduziert werden. Stichwort Verhältnisprävention: Das heißt also, Möglichkeiten zu schaffen, damit Menschen sich bewegen können im Alltag.
Dazu kommt die Zucker-Fett-Steuer: Der Begriff ist als „Steuer“ völlig negativ bewertet; es geht schlicht darum, dass eine gesunde, ballaststoffreiche Ernährungsweise, die auch satt macht, billiger sein sollte als eine potenziell ungesunde, fettreiche, nichtsättigende Ernährungsweise. Es geht also nicht um eine Verbotssteuer. Das ist auch Kernthema des Nationalen Diabetesplans, den wir und viele andere fordern – ein Thema für die nächste Legislaturperiode … unabhängig, wer nach der Bundestagswahl an der Regierung ist.
DJ: Was wollen Sie außerdem erreichen?
M.-W.: Wenn Menschen erkrankt sind, benötigen sie eine frühe und effektive Therapie, auch mit Medikamenten. Das AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, Anm. d. Red.) begrüße ich grundsätzlich. Es ist ja entwickelt worden, um Kriterien und einen gewissen Preisrahmen für Innovationen einzuhalten im Sinne der Solidargemeinschaft. Die wissenschaftlichen Fachgesellschaften, so auch die DDG, müssen aber bei den Verfahren strukturiert eingebunden werden wie z. B. beim Gemeinsamen Bundesausschuß und beim IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Anm. d. Red.). Hierfür engagieren wir uns sehr.
Am Ende eines jeden Verfahrens sollte eine Plausibilitätskontrolle stattfinden, das ist im Moment nicht der Fall. Der allerwichtigste Schritt ist: Es müssen Methoden und Kriterien herausgearbeitet werden, wie die Patientenrelevanz erfasst werden kann, wie den Patienten eine Stimme gegeben werden kann – auf Seiten der Wissenschaft wie auf Seiten der pharmazeutischen Unternehmen wie auch auf Seiten des Gesetzgebers. Dessen nimmt sich die DDG direkt an. Die Betroffenen müssen eingebunden und nicht nur gehört werden, sondern sie müssen tatsächlich eine Stimme bekommen.
DJ: Gibt es einen weiteren Schwerpunkt?
M.-W.: Ein drittes wichtiges Thema ist eine gute Versorgung der Menschen mit Diabetes in den verschiedensten Fachrichtungen. Hier wünschen wir uns eine bessere Vernetzung – und es gibt viel zu tun gemeinsam mit den Kostenträgern und Leistungserbringern wie verschiedensten Ärzten und Fachgesellschaften sowie auch mit den Betroffenen. Wir müssen weiterhin eine flächendeckende hochqualifizierte Versorgung in unserem Land gewährleisten.
DJ: Herr Professor Müller-Wieland, herzlichen Dank für die Informationen.
Das Interview führte Günter Nuber
Chef-Redaktion Diabetes-Journal, Kirchheim-Verlag,
Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (06131) 9 60 70 0, Fax: (06131) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-online.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (6) Seite 10-11
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Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche, 4 Tagen
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Tag, 12 Stunden
@mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Tag, 9 Stunden
@sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike -
sveastine antwortete vor 22 Stunden, 56 Minuten
@mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻♀️
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mayhe antwortete vor 9 Stunden, 9 Minuten
@sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike
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mayhe antwortete vor 9 Stunden, 8 Minuten
@mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Ich bin dabei 🙂
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