- Soziales und Recht
Sensible Sprache gibt Menschen mit Diabetes Zuversicht
3 Minuten
Wie erfolgreich es Menschen mit Diabetes gelingt, ihre Stoffwechselstörung zu managen, ist auch davon abhängig, wie über ihre Erkrankung gesprochen wird. Darauf weisen die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und die Online-Community #dedoc° in einem gemeinsamen Positionspapier mit dem Titel “Sprache und Diabetes – #LanguageMatters” hin.
Der Gebrauch von Sprache hat einen großen Einfluss darauf, wie Menschen mit Diabetes mit ihrer Erkrankung umgehen. Sätze wie “Ihr Stoffwechsel ist aber schlecht eingestellt!” oder auch “Wenn Sie weiterhin nichts für sich tun, drohen Ihnen Herzinfarkt, Schlaganfall, Blindheit oder eine Amputation!” können die Betroffenen ängstigen und dazu führen, dass sie sich stigmatisiert fühlen. Die Wortwahl spielt bei der Behandlung einer chronischen Erkrankung wie Diabetes eine große Rolle, betonten deshalb die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und die Online-Community #dedoc° bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zum Thema “Sprache und Diabetes – #LanguageMatters”.
Die Sprache hat unter anderem Auswirkungen auf die Motivation der Patienten, machte die Kinderärztin Dr. Katarina Braune, Berlin, deutlich. “Wir brauchen eine Kommunikation frei von Schuldzuweisungen und Stigmatisierung”, sagte die Medizinerin. Der Appell der Fachgesellschaften richtet sich unter anderem an Ärzte und medizinisches Fachpersonal sowie an Journalisten, die über Diabetes berichten.
Bereits bei der Diagnose würden erste Weichen für die spätere Lebensqualität im Alltag mit Diabetes gestellt, berichtete Prof. Dr. Andreas Fritsche, Vizepräsident der DDG, aus eigener Erfahrung. Es sei beispielsweise keine gute Idee, den frisch Diagnostizierten direkt mit möglichen Folgeerkrankungen zu drohen. Viel besser und letztlich auch wirksamer sei es, Hoffnung und Zuversicht zu vermitteln und die eigene Handlungsfähigkeit zu betonen. Der niedergelassene Diabetologe Dr. Jens Kröger wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein erfolgreiches Diabetes-Management nur gelingen kann, wenn die Patienten motiviert mitwirken. Vorwürfe und Belehrungen seien in der Regel nicht hilfreich, so der Vorstandsvorsitzende von diabetesDE. Eine sensible Sprache könne die Partizipation hingegen verbessern.
Facetten des Menschen wertschätzen
Dass sich die Therapieziele von Arzt und Patient gelegentlich unterscheiden können, sollte auch das medizinische Fachpersonal akzeptieren, machten Dr. Jens Kröger und Diplom-Psychologe Prof. Dr. Bernhard Kulzer deutlich. Der behandelnde Arzt müsse den Patienten zwar über die Folgen seiner Entscheidungen aufklären. Er könne jedoch keinen Therapieplan verordnen, an den sich der Betroffene halten muss, um nicht getadelt zu werden. “Menschen, die eine Krankheit haben, entscheiden selbst über ihr Leben – und das muss sich auch in der Sprache widerspiegeln”, so der Appell des Psychologen. “Ein Mensch hat viele Fähigkeiten, Facetten und Ressourcen und ist nicht nur auf eine Krankheit zu reduzieren.”
Besonders häufig fühlen sich Menschen mit Typ-2-Diabetes diskriminiert, haben die Experten beobachtet. Ihnen werde oftmals das Gefühl vermittelt, dass sie ihre Erkrankung selbst verschuldet haben, weil sie einfach zu viel gegessen und sich zu wenig bewegt haben, erklärte Kulzer. “Das gilt als charakterschwach, und so will man nicht wahrgenommen werden”, betonte er. Aus diesem Grund sei es auch sehr schwierig, prominente Vorbilder für Menschen mit Typ-2-Diabetes zu finden, obwohl es eigentlich zahlreiche Beispiele geben müsste.
Unterschiedliche Krankheiten, ähnliche Vorurteile
Diskriminierende Sprache im Umgang mit Menschen mit Typ-2-Diabetes halten die Autorinnen und Autoren des Positionspapiers für unangebracht und bedenklich. Zum einen sei es unzutreffend, dass die Erkrankung komplett selbstverschuldet sei, wie der Psychologe ergänzte. Bei Typ-2-Diabetes spielt immer auch die erbliche Vorbelastung eine Rolle. Zum anderen haben Schuldzuweisungen in der Medizin ohnehin nichts zu suchen, machte Fritsche deutlich. Dieser Einschätzung schloss sich auch Braune an, die selbst mit Typ-1-Diabetes lebt.

Das Positionspapier
Auf www.languagemattersdiabetes.com ist das gemeinsame Positionspapier der Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und der Online-Community #dedoc° mit dem Titel “Sprache und Diabetes – #LanguageMatters” (direkter PDF-Download) zu finden. Es enthält Beispiele für unbewusste Stigmatisierung und für gelungene Formulierungen im Gespräch mit Menschen mit Diabetes.
Die Verbände und Selbsthilfe-Organisationen machen sich nach Angaben der Ärztin jedenfalls für Betroffene mit allen Diabetes-Typen gleichermaßen stark: “Wir halten nichts davon, darauf hinzuweisen, dass bestimmte Lifestyle-Faktoren in einer schuldbehafteten Art für Diabetes verantwortlich sind”, ergänzte sie. Im Übrigen haben auch viele Menschen mit Typ-1-Diabetes bereits ähnliche Formen der Diskriminierung erlebt, hieß es. Auch ihnen würden mitunter Fragen wie “Was hast du denn Falsches gegessen?” gestellt, obwohl beim Entstehen ihrer Autoimmun-Erkrankung falsche Ernährung und Bewegungsmangel überhaupt keine Rolle spielen, erklärte Kröger. Wenn andere Menschen ihnen mit derartiger Unkenntnis begegnen, könne das auch für sie verletzend sein, denn: “Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes sind unterschiedliche Krankheiten.”
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (1) Seite 10-11
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cesta postete ein Update vor 2 Tagen, 11 Stunden
Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche, 5 Tagen
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 2 Tagen, 23 Stunden
@mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 2 Tagen, 20 Stunden
@sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike -
sveastine antwortete vor 2 Tagen, 10 Stunden
@mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻♀️
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mayhe antwortete vor 1 Tag, 20 Stunden
@sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike
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mayhe antwortete vor 1 Tag, 20 Stunden
@mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Ich bin dabei 🙂
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Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.
LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c
Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)