Strukturierte Behandlungsprogramme: Digital-DMP – neuer Rahmen für altes Haus

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Strukturierte Behandlungsprogramme: Digital-DMP – neuer Rahmen für altes Haus | Foto: Aleksandr Marchenko – stock.adobe.com
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Strukturierte Behandlungsprogramme: Digital-DMP – neuer Rahmen für altes Haus

Das im März 2024 in Kraft getretene Digital-Gesetz gab u.a. auch für strukturierte Behandlungsprogramme den Startschuss für die Entwicklung eines „Digital-DMP“ für Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Nun liegen die Anforderungen vor – bis zum Start 2026 ist noch einiges zu tun.

„Für die Zukunft der Gesundheitsversorgung nutzen wir die Chancen der Digitalisierung. Wir denken Prozesse neu und beschleunigen sie.“ So hat die in den Koalitionsverhandlungen für Gesundheit und Pflege zuständige Arbeitsgruppe in ihrem Abschlusspapier den Abschnitt zur Digitalisierung eingeleitet. Dass die Idee zwar gut, aber nicht ganz neu ist, zeigt ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von Ende März zur Einführung von digitalen Disease-Management-Programmen (DMP) zu Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2.

Das für die Ausgestaltung der gesundheitlichen Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zuständige Gremium setzt in der damit beschlossenen 37. Änderung der DMP-Anforderungen-Richtlinie den rechtlichen Rahmen für diese Digital-DMP (dDMP). Die grundsätzliche Einführung digitaler Fassungen der strukturierten Behandlungsprogramme und Rahmen-Vorgaben dazu hatte die Ampel-Koalition unter Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach 2024 mit dem „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“, kurz Digital-Gesetz, beschlossen.

DMP: Programme zur strukturierten Behandlung für Millionen

  1. DMP gibt es in Deutschland seit 2002, auch damals war Typ-2-Diabetes Vorreiter.
  2. Etwa 4,76 Millionen Menschen sind in die Diabetes-DMP zu Typ 1 und 2 eingeschrieben.
  3. Frühestens 2026 können Patienten auch die neuen Digital-Module nutzen.

Ergänzung, nicht Ersatz

Die nun vom G-BA beschlossenen neuen digitalen Module sollen die bestehenden DMP ergänzen und mehr Flexibilität in der Versorgung ermöglichen. Ganz wichtig: Die neuen dDMP ersetzen nicht die bestehenden klassischen Diabetes-DMP, sondern ergänzen sie jeweils um ein Modul zu digitalisierten Versorgungs-Prozessen. Versicherte und auch Praxen können freiwillig entscheiden, ob sie neben dem klassischen DMP auch das dDMP anbieten beziehungsweise nutzen wollen.

In dDMP können ärztliche Konsultationen per Video erfolgen und Informationen auch asynchron über sichere Messenger-Dienste ausgetauscht werden. Ein Daten-gestütztes Glukose-Management soll dabei eine individuelle, eng abgestimmte Therapie zwischen Praxis und Patientin oder Patient unterstützen. Das heißt, dass die Therapie-Steuerung durch Zugriff der Ärztinnen und Ärzte auf Daten aus verordneten Hilfsmitteln wie Systemen zum kontinuierlichen Glukose-Messen (CGM) erleichtert werden soll. Eine Ausweitung der Verordnungs-Fähigkeit solcher Systeme geht mit dem Digital-DMP aber nicht einher.

Ob digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) wie Apps oder weitere digitale medizinische Anwendungen aus dem klassischen DMP für eine Patientin oder einen Patienten in Frage kommen, ist laut G-BA-Beschluss im Sinne einer Personalisierung der Behandlung ausdrücklich zu prüfen. Grundsätzlich kann eine im amtlichen Verzeichnis gelistete DiGA einer DMP-Teilnehmerin oder einem DMP-Teilnehmer auch dann verordnet werden, wenn die DiGA (noch) nicht im DMP empfohlen wird, wird in den Anforderungen betont.

App auf Rezept finden

Aktuell übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bei Diabetes fünf digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Hier gibt es einen Überblick:

Digital-DMP „geradezu unumgänglich“

„Das dDMP ermöglicht eine optimierte personalisierte Betreuung. Die Behandlung kann so noch stärker auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtet werden. Gleichzeitig wirkt es dem steigenden Fachkräftemangel entgegen“, erklärte Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland in einer Stellungnahme zum G-BA-Beschluss. „Die Nutzung von Diabetes-Technologien, wie sie schon heute überwiegend eingesetzt werden, und das Vorliegen breiter digitaler Datenstrukturen machen ein digitales DMP geradezu unumgänglich“, findet der Vorsitzende der Kommission Digitalisierung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

Die Fachgesellschaft arbeitet seit vielen Jahren an einer elektronischen Diabetesakte (eDA), die laut DDG problemlos an die langsam startende elektronische Patientenakte (ePA) angeschlossen werden könnte und mit dem dDMP mehr Schlagkraft erhalten würde.

Damit Praxen digitale DMP-Module anbieten können, müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Sie benötigen ein digitales Termin-Management, müssen Video-Sprechstunden anbieten und Dienste der Telematik-Infrastruktur nutzen. Versicherte wiederum können nur teilnehmen, wenn sie die ePA nutzen.

Datenschutz und Vergütung zu klären

Bevor das dDMP starten kann, muss das Bundesministerium für Gesundheit allerdings noch per Rechtsverordnung Details zur technischen Umsetzung regeln. Denn zum Beispiel fordert der G-BA in seinem Beschluss eine datenschutzkonforme und sichere Übermittlung an die versorgende ärztliche Einrichtung für Daten aus CGM-Systemen, geeigneten Blutzucker-Mess-Systemen sowie Smart-Pens. In die Übertragung und Speicherung dieser Daten sowie deren Abruf durch das Personal der koordinierenden Ärztinnen oder Ärzte willigt ein Teilnehmer am Digital-DMP mit dem Einschreiben mit ein.

Krankenkassen und die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen müssen wie bei den „analogen“ DMP Verträge zum Umsetzen der Vorgaben des G-BA schließen, die dann auch das Thema der Vergütung für die Ärztinnen und Ärzte beinhalten. Die Einführung der digitalen DMP ist daher frühestens ab 2026 zu erwarten. Dass gerade die Vergütung manchmal der Knackpunkt für die Realisierung der schönen neuen Digital-Welt ist, zeigt eine konkrete Ankündigung im Abschlusspapier der AG Gesundheit und Pflege: „Rahmenbedingungen und Honorierung für Videosprechstunden, Telemonitoring und Telepharmazie verbessern wir, um die Versorgung flächendeckend sicherzustellen.“

Die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit und die Vergütung digitaler Leistungen gehören auch zu den Forderungen von DDG und Bundesverband Niedergelassener Diabetologen (BVND) an die dDMP. Damit es sein volles Potenzial entfalten kann, fordern sie zudem grundlegende Reformen des bestehenden DMP-Systems. Dies soll dafür sorgen, die Dokumentation zu vereinfachen und Krankenhäuser besser zu integrieren.


von Marcus Sefrin

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (5) Seite 48-49

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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