- Soziales und Recht
Was wird bei Reform aus der Diabetologie?
3 Minuten
Die deutschen Kliniken stehen ökonomisch unter Druck. Sie müssen in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Patienten behandeln, um wirtschaftlich rentabel zu sein. Das soll sich durch eine Finanzierungs-Reform ändern, verspricht Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. Die Medizin soll wieder in den Vordergrund rücken.
Die “größte Reform im Krankenhaussektor seit 20 Jahren” hat Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) angekündigt. Das Finanzierung-System der Kliniken soll anders organisiert werden, damit “wieder die Medizin in den Vordergrund gestellt wird”, so der Minister. Derzeit stünden bei der stationären Therapie zu oft wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund.
Konkret bezog sich Lauterbach damit auf das System der Fallpauschalen: Seit dieses Finanzierungs-Modell im Jahr 2004 verpflichtend eingeführt wurde, müssen Krankenhäuser möglichst viele Patienten in möglichst kurzer Zeit behandeln, um wirtschaftlich überleben zu können. Besondere Erfordernisse des Einzelfalls oder auch die Qualität der Therapie und Pflege spielen bei der Vergütung keine Rolle. An allen Kliniken werden einheitliche Sätze gezahlt, deren Höhe – anders als in der ambulanten Versorgung – ausschließlich von der Diagnose abhängig ist.
Sprechende Medizin soll sich wieder lohnen
Das System der Fallpauschalen, an dessen Entwicklung der heutige Bundesgesundheitsminister selbst beteiligt war, sollte unter anderem unnötig lange und teure Krankenhaus-Aufenthalte verhindern. Es setzt durch die strikte Orientierung an der Ökonomie jedoch auch falsche Anreize, wie sich inzwischen immer deutlicher zeigt. So ist in manchen Kliniken trotz steigender Arbeitsbelastung die Anzahl der Mitarbeiter reduziert worden, um Gehälter einzusparen. Gleichzeitig nahm nach Einführung der Fallpauschalen die Anzahl an Hüft- und Knieoperationen bundesweit deutlich zu – derartige operative Eingriffe werden im System der Fallpauschalen besonders gut honoriert. Die sprechende Medizin hingegen lohnt sich kaum, lautet ein häufig geäußerter Vorwurf.
Mit der geplanten Reform soll sich das zumindest teilweise ändern. Die im vergangenen Mai eingesetzte Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung hat inzwischen Vorschläge gemacht, wie das System weiterentwickelt werden könnte. Eine komplette Abschaffung der Fallpauschalen steht allerdings nicht zur Debatte. Die drei wichtigsten Reformbausteine sind die Vergütung von Vorhalteleistungen, die Einteilung der Krankenhäuser in Versorgungsstufen und die Einführung definierter Leistungsgruppen.
Die Vergütung von Vorhalteleistungen soll die Kliniken weniger abhängig von Fallpauschalen machen. Die Regierungskommission schlägt vor, die Krankenhäuser mit einem Basisbudget für das Vorhalten von Personal und medizinischen Geräten auszustatten, damit sie besser für Notfälle gerüstet sind. Das soll unter anderem dabei helfen, die Existenz kleinerer Kliniken im ländlichen Raum zu sichern. In diesen Häusern werden verhältnismäßig wenige planbare Eingriffe durchgeführt.
Diabetes in Plänen bisher nicht erwähnt
Mit dem Einteilen in Versorgungsstufen wäre die Definition von Mindeststandards verbunden, die das jeweilige Krankenhaus vorhalten muss. Ein kleines Klinikum im ländlichen Raum etwa dient in der Regel der Grundversorgung – bei diesen Häusern wäre es besonders wichtig, dass sie enger mit ambulanten Arztpraxen zusammenarbeiten. Kliniken der Regel- und Schwerpunktversorgung bieten einige zusätzliche Leistungen an. Die Maximalversorgung sollen zum Beispiel die Universitätskliniken übernehmen.
Die Definition von Leistungsgruppen schließlich soll dazu führen, dass Krankenhäuser nur noch Behandlungen durchführen, für die sie tatsächlich ausgestattet sind. Ein Klinikum mit Kardiologie zum Beispiel müsste dann nachweisen, dass es über ein Katheter-Labor verfügt, um Herzinfarkt-Patienten behandeln zu können. Andernfalls kann diese Leistung nicht mehr abgerechnet werden.
Ob sich durch die geplanten Reformen auch in der Versorgung von Patienten mit Diabetes etwas ändert, ist derzeit noch völlig offen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sieht die Vorschläge der Regierungskommission zwar grundsätzlich positiv. Die Einführung von Vorhaltepauschalen, um die finanzielle Grundausstattung der Krankenhäuser zu sichern, sei richtig und wichtig, betont DDG-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Baptist Gallwitz. Die Diabetologie müsse jedoch unbedingt in die Leistungsgruppen der Kliniken aufgenommen werden, ergänzt der Sprecher der Fachgesellschaft. “Es kommen immer mehr Menschen mit Diabetes in die Krankenhäuser”, erklärt Gallwitz. Sie werden dort zwar meistens wegen anderer Erkrankungen behandelt. Für eine fachgerechte Versorgung sei es aber trotzdem notwendig, dass in den Kliniken auch Diabetologen und Diabetes-Fachpersonal arbeiten.
DDG macht eigene Reformvorschläge
Eine engere Verzahnung der stationären und der ambulanten Versorgung sei für Menschen mit Diabetes besonders wichtig, ergänzt der Diabetologe. Zudem sei eine bessere Vergütung der sprechenden Medizin in den Krankenhäusern dringend nötig. Gallwitz gibt allerdings zu bedenken, dass die Umsetzung schwierig wird, wenn insgesamt nicht mehr Geld im Gesundheitssystem zur Verfügung steht.
Die DDG hat inzwischen ebenfalls Vorschläge zur Reform der Krankenhausfinanzierung gemacht. Da das bereits erwähnte Diabetes-Fachwissen nach Auffassung der Fachgesellschaft in allen Kliniken gebraucht wird, muss das Vorhalten des qualifizierten Fachpersonals finanziell belohnt und das Fehlen durch Abschläge sanktioniert werden, fordert die DDG in einer Pressemitteilung. “Die Leistungen von Diabetesberatern und Diabetesassistenten müssen bei der Berechnung der Pflegeuntergrenzen in die Kalkulation mit einfließen”, heißt es. Das gelte insbesondere bei Kindern und älteren Patienten mit Diabetes, da deren Betreuung zeitaufwendig ist. Die Ausgestaltung der Reformpläne mit den Bundesländern wird nun mit Spannung erwartet.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (2) Seite 44-45
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
Diabetes-Anker-Podcast: Von der Insulin-Entdeckung zu modernen Diabetes-Therapien – mit Prof. Thomas Forst
- Begleit-Erkrankungen
Jeder Dritte erkrankt an Gürtelrose: Vorsorge für Ältere und chronisch Kranke besonders wichtig
3 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
-
moira antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
-
-
hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
-
lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
-
connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
-


Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig