Diabetes-Technik – Fluch oder Segen?

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Diabetes-Technik – Fluch oder Segen?

Disclaimer: Da ich das Gefühl habe, dass dieses Thema bzw. meine Meinung dazu einigen Menschen (mit und ohne Diabetes) sauer aufstoßen könnte, möchte ich vorab diesen Disclaimer einfügen. Ich weiß, dass wir uns in Deutschland sehr glücklich schätzen dürfen und es wertschätzen sollen, wie gut unsere medizinische Versorgung und Betreuung hier ist. Es gibt leider immer noch viel zu viele Menschen, die sich kein Insulin, geschweige denn Technik wie Sensoren oder Insulinpumpen leisten können. Dennoch möchte ich mit diesem Artikel meine persönlichen Gefühle und Eindrücke wiedergeben und zeigen, dass es mir persönlich auch manchmal schnell zu viel wird.

Sei es das Programm des T1Days oder seien es die Schlagzeilen einer Fachzeitschrift, alles, was ich sehe, sind Fortschritte in der Diabetestechnik. Spricht denn keiner mehr über etwas anderes? Ja, ich selbst trage auch eine Pumpe und verfolge meine Glukoseverläufe über einen Sensor. Ich bin auch sehr dankbar für die Möglichkeit, die mir der technische Fortschritt gebracht hat. Aber das Leben mit Diabetes ist doch so viel mehr als Diagramme auf Empfängern oder neuste Katheter für die Insulinpumpe.

Vergessen wir den „Menschen“ in den Diskussionen?

Vor allem auf Veranstaltungen, bei denen viele Menschen zusammenkommen, finde ich es immer schade, wenn der Schwerpunkt hier auf der Technik liegt. Ich nutze sie zwar, könnte bzw. wollte aber nie den fortgeschrittenen Gesprächen zum Thema Looping und Co. folgen – zumindest nicht in dem Umfang. Oftmals vergessen wir in unserer Euphorie über die neusten Fortschritte die „einfache“ und „menschliche“ Seite des Diabetes. Es gibt auch frisch diagnostizierte, ältere oder weniger technikaffine Menschen mit Diabetes.

Ein Riesen-Angebot, aber wo fangen wir an? (Quelle: Nathalie Bauer)

Ich erinnere mich noch gut an meine Diagnosezeit, so lange ist sie ja noch gar nicht her. Noch auf der Intensivstation bekam ich das erste Mal zu spüren, wie komplex die Technikwelt sein kann. Die ersten Namen von Messsystemen und Pumpen fielen, Fremdwörter wie „Basalratenprofil“ oder „Gewebezucker“ schwebten durch den Raum und in meinem Kopf befanden sich nur Fragezeichen. Da ich ziemlich lange an Maschinen hing, die meine Vitalwerte im Auge behielten und mir wichtige Flüssigkeiten zuführten, wollte ich von Pumpen und anderer Technik an meinem Körper erst einmal nichts wissen. Das blieb leider nie unkommentiert: „Ich gebe Dir keine 14 Tage und Du wirst einen Sensor wollen.“, „Glaub mir, mit einer Pumpe ist es viel einfacher!“, um nur zwei der typischen Kommentare zu nennen.

„Halt, stopp! Das bleibt hier alles so, wie es ist!“ – oder?

Vehement habe ich mich gegen die Technik an meinem Körper gewehrt. Immer wieder musste ich mich dafür rechtfertigen, nie genügte ein einfaches „Ich möchte es im Moment nicht“. Warum eigentlich?

Quelle: Nathalie Bauer

Der Sensor klebte tatsächlich nur wenige Wochen nach der Diagnose an meinem Arm, hauptsächlich den wiederkehrenden „Hypos“ zu verdanken. Und irgendwann merkte ich, dass meine kleinen Snacks über den Tag verteilt nicht gut mit einer Insulintherapie mit meinem Pen vereinbar waren. Also begab ich mich auf die Suche nach der „perfekten Insulinpumpe“ für mich, aber wo fängt man da an? Es gibt ein riesiges Angebot an Möglichkeiten, die zum Großteil auch gut von der Krankenversicherung unterstützt werden. Ich konnte ein paar Modelle zur Probe tragen, merkte dadurch, dass diese nichts für mich sind. Ich sprach mit verschiedenen Pumpenträgern über ihre Erfahrungen und Empfehlungen, und dann fand ich sie: meine Traumpumpe, die Dana RS.

Man mag meinen, dass sich dadurch einiges geklärt und die Technik mir alles erleichtert hat. Weit gefehlt. Einerseits wurde es mir beinahe schon aufgezwängt, als ich mich dann knapp ein halbes Jahr später doch für eine Pumpe interessierte, hieß es dann jedoch: „Spritzen Sie sich erstmal eine Weile mit einem Pen, bevor Sie sich nach einer Pumpe umschauen.“ Hä?! Was denn nun? Nach wenigen Anläufen war der Arzt überzeugt und ich bekam die Dana RS verschrieben. Die Krankenkasse bewilligte es ohne Probleme, alles lief wie am Schnürchen, bis die technische Einweisung folgte. Für diese wurde ich in eine Diabetesklinik geschickt, da mein Arzt der Meinung war, es wäre zeitlich nicht möglich, die Einstellung in der Praxis durchzuführen.

Aufgrund meiner negativen Erfahrungen vor Ort werde ich keinen Namen der Klinik nennen. Vor Ort bekam ich dann Sprüche an den Kopf geworfen wie „Ihre Pumpe ist scheiße. Deshalb trägt sie auch kaum einer.“, „Mit dieser Pumpe kennt sich niemand aus.“ – Wofür war ich überhaupt hier? Solche Kommentare ziehen enorm runter, nachdem man sich so intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hatte. Also entließ ich mich gegen den ärztlichen Rat selbst und nahm es alleine in die Hand. Und siehe da, seit diesem Tag sind die Dana RS und ich ein Dreamteam und alles läuft gut.

Nathalie mit ihrer Insulinpumpe Dana RS. (Quelle: Nathalie Bauer)

Pumpe und Sensor – das reicht jetzt aber.

Tja, das dachte ich zumindest. Viele Menschen mit Diabetes (und auch Ärzt*innen) verbinden mit meinem Pumpenmodell direkt das Thema „DIY Closed Loop“. Mit dem Tragen der Pumpe kamen somit auch direkt viele Fragen zu diesem Thema und ich war von neuem überfordert. Loopen? Ich muss doch erstmal so klarkommen, alle mal beruhigen und ein Schritt zurück. Und dann ging es wieder von vorne los: „Warte ab, bald wirst Du auch loopen.“ Moment, diese Art von Kommentar kennen wir doch schon, oder? Ich verneinte erneut, und das wird tatsächlich nicht immer akzeptiert, sondern weiter kommentiert.

Ich bin dankbar für die Technik und die Unterstützung seitens meiner Krankenkasse. Aber vor allem zu meiner Anfangszeit im „Diabetes-Business“ fühlte ich mich mit diesem Thema sehr überfallen, überfordert und unter Druck gesetzt. Wir sind trotz allem noch normale Menschen mit eigener Meinung, welche respektiert werden muss. Möchte ich im Moment keinen Sensor? Meine Entscheidung. Kommt ihr persönlich besser mit einem Sensor klar? Super, das freut mich sehr für euch und ich respektiere eure Meinung. 

Wie seht ihr dieses Thema? Wird euch die Technik auch manchmal zu viel oder seid ihr immer auf der Suche nach den neusten Fortschritten?


Diabetes 4.0 – wie viel neue Technik braucht mein Diabetesmanagement? – Lest auch Susannes Gedanken dazu!

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