Flash-Quiz Teil 2: Sensordaten richtig interpretieren – der Banker

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Flash-Quiz Teil 2: Sensordaten richtig interpretieren – der Banker

Kontinuierlich gemessene Glukosedaten richtig zu interpretieren, kann knifflig sein. In der neuen Serie „Flash-Quiz“ stellen wir Ihnen Fallbeispiele nebst Sensordaten vor. Wir beschreiben, was man anhand der Daten erkennen kann – Ihre Aufgabe ist es, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Hier finden Sie Teil 2.

Das Flash-Quiz – so funktioniert’s

Heute nutzen viele Menschen, die eine intensivierte Insulintherapie (ICT) oder eine Insulin­pumpentherapie durchführen, Sensoren zur Therapieüberwachung. Damit erhalten sie statt 4 bis 10 einzelnen Blutzuckerwerten beliebig viele Einzelmessungen der Glukose, einen kontinuierlichen Verlauf über 24 Stunden und Trendmeldungen, ob der Zucker steigt, fällt oder gleich bleibt. Die Tagesdaten lassen sich grafisch übereinanderlegen, so dass man die Werte von 7, 14, 30 oder 90 Tagen im Überblick erhält.

Umgang mit den Programmen erlernen

Diese Daten und grafischen Darstellungen werden von verschiedenen Auswerteprogrammen erzeugt. Den Umgang mit den Programmen muss man erlernen, damit man aus den Darstellungen die richtigen Schlüsse ziehen kann. Dabei sollte man sich nicht nur auf die Interpretation der Daten gemeinsam mit dem Diabetesteam verlassen: Jeder Patient sollte selbst erlernen, seine eigenen Daten anzuschauen, auszuwerten und die richtigen Schlüsse zu ziehen.

AGP: ambulantes Glukoseprofil

Durch Sensoren erhalten Menschen mit Diabetes beliebig viele Glukosewerte. Ein Auswerteprogramm ist das ambulante Glukoseprofil (AGP). Im AGP sehen Sie die Mittellinie („Median“) mit den Glukosewerten, die in der Mitte liegen, in den blauen Feldern die Abweichungen. Im dunkel­blauen Bereich liegen 50 Prozent aller gemessenen Glukosewerte, im dunkel- und hellblauen Bereich 80 Prozent. Sind diese Bereiche sehr breit, deutet dies auf ein Einstellungsproblem hin. Ein sehr breiter hellblauer Bereich ist ein Hinweis für tägliche Schwankungen.
Achtung: Erst ab 80 Prozent erfasster Sensordaten kann eine therapierelevante Aussage getroffen werden.

Selbst die richtigen Schlüsse ziehen

In drei Teilen der Flash-Serie stellen wir Ihnen die Geschichte eines Patienten vor. Danach sehen Sie die Sensordaten, und wir beschreiben, was man anhand dieser Daten typischerweise erkennen kann. Ihre Aufgabe ist es dann, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ziel ist es, die Therapie durch die richtige Interpretation der Sensordaten für den Patienten zu optimieren.

Am Ende dieser Seite finden Sie die Lösung.

Wir hoffen, dass Ihnen das Flash-Quiz Freude macht und Ihren Blick für die Sensordaten schärft!

Flash-Quiz Teil 2: der Banker

Der 52-jährige Christian Kaufmann arbeitet in einer Bank. Er ist Filialleiter und trägt nicht nur die Verantwortung für die Bankgeschäfte seiner Kunden, sondern ist auch personalverantwortlich. Bei seinen Kollegen ist der Diabetes bekannt. Jedoch hatte er schon einmal im Kundengespräch eine Unterzuckerung – das war ihm sehr peinlich. Die Ursache damals war, dass er sein Verzögerungsinsulin morgens in der Eile in den Oberarm gespritzt und dabei offenbar die Muskulatur getroffen hatte.

Herr Kaufmann spritzt morgens und abends je 15 bzw. 25 Einheiten des Basal­insulins Insulin detemir. Zu den Mahlzeiten injiziert er ein schnelles Analoginsulin (1,0 Einheiten pro Kohlenhydrateinheit). Nur zum Abendessen hat er einen Faktor von 1,5 Einheiten (E) pro Kohlenhydrateinheit (KE). Um etwa 9 Uhr frühstückt er mit den Kollegen. Die Zeit wird auch für die gemeinsame Teambesprechung genutzt. Manchmal frühstückt er aber auch schon zu Hause.

Aufgrund seines Erlebnisses mit der Unterzuckerung versucht Christian Kaufmann, seine Zielwerte tagsüber zwischen 140 und 150 mg/dl (7,8 und 8,3 mmol/l) zu halten. Um aber einen guten HbA1c-Wert zu haben, ist es sein Ziel, abends und nachts tiefere Werte zu erreichen.

Was verraten die Sensordaten?

Auf Abbildung 1 überblickt man die letzten 7 Tage: Der Glukosedurchschnitt lag bei 156 mg/dl (8,7 mmol/l). Nur etwa 50 Prozent der Werte lagen im Zielbereich, den der Patient für sich zwischen 80 und 158 mg/dl (4,4 und 8,8 mmol/l) festgelegt hatte. Werte unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) gab es nicht.

Klicken Sie für eine vergrößerte Ansicht auf die Abbildung.

Des Weiteren sieht man die flache, dunkelblaue Linie, die den Medianwert anzeigt. Der Medianwert ist der Wert, der von allen zum gleichen Zeitpunkt gemessenen Werten genau in der Mitte steht. Diese Linie sollte im Zielbereich liegen und zeigt auch die Anstiege nach dem Essen, wenn sie regelmäßig erfolgen. Der Zielbereich sollte idealerweise zwischen 70 und 180 mg/dl (3,9 und 10,0 mmol/l) eingestellt werden.

Auf Abbildung 2 sieht man, dass in den blauen Streifen 80 Prozent der Glukosewerte liegen. Je breiter die Bereiche sind, desto mehr Schwankungen sind aufgetreten. Der dunkelblaue Streifen umfasst 50 Prozent aller Werte; auf die hellblauen Bereiche verteilen sich die restlichen 30 Prozent der tiefsten und höchsten Werte. Bei Herrn Kaufmann fällt auf, dass normalerweise die Schwankungsbreite nicht sehr groß ist.

Klicken Sie für eine vergrößerte Ansicht auf die Abbildung.

Eine Schwankung im dunkelblauen Bereich deutet auf Einstellungsfehler hin. Eine breite Schwankung im hellblauen Bereich kommt eher von verhaltensbedingten Unregelmäßigkeiten. Allerdings sieht man vor allem eine größere Schwankungsbreite nach dem Frühstück nach oben und im Nachmittagsbereich nach unten. Eine weitere größere Schwankung gibt es nach dem Abendessen.

Auf Abbildung 2 sieht man alle gescannten Einzelwerte und darunter eine Farbkodierung für bestimmte Wahrscheinlichkeiten (für zu niedrige Glukosewerte, den medianen Glukosewert und die Schwankungen unter dem Medianwert). Diese sind mit Ampelfarben für die jeweilige Tageszeit gekennzeichnet, und es ist klar zu erkennen, dass der Median bei Herrn Kaufmann tagsüber immer über dem Zielbereich liegt.


So, nun die spannende Frage: Wie können Sie Christian Kaufmann helfen?

hier finden Sie die Lösung (zum Ausklappen anklicken)

Aus beiden Abbildungen ist ersichtlich, dass Christian Kaufmann sich tagsüber über 150 mg/dl (8,3 mmol/l) hält und seinen guten HbA1c-Wert mit tieferen Werten in der Nacht erreicht. Diese sind nicht kritisch, da er keine Unterzuckerungen hat. Er selbst ist jedoch mit den Verläufen gerade am Vormittag und nach dem Essen nicht zufrieden.

Welche Möglichkeiten hat Christian Kaufmann?

Zunächst sollte Herr Kaufmann seinen Zielbereich neu definieren. Empfohlen wird ein Zielbereich von 70 bis 180 mg/dl (3,9 bis 10,0 mmol/l). Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Werte nach dem Essen bis 180 mg/dl ansteigen. Der neu eingestellte Zielbereich würde ihm zeigen, dass seine Einstellung gar nicht so schlecht ist, was man ja auch an dem guten HbA1c-Wert sieht. Die hohen Werte nach dem späteren Frühstück kommen von dem viel zu niedrigen KE-Faktor morgens.

Christian Kaufmanns Angst vor Unterzuckerungen während der Arbeitszeit ist auch bei tieferen Zielwerten unbegründet. Er hat im Alltag keine Unterzuckerungen und erkennt sie frühzeitig bei 70 mg/dl (3,9 mmol/l). Die Unterzuckerung während des Kundengesprächs war Folge eines klar erkennbaren Spritzfehlers.

Die Ursache für die große Schwankungsbreite am Morgen sind unregelmäßige Frühstückszeiten. Wenn der KE-Faktor morgens passt, werden die Werte sicher weniger schwanken. Die Schwankungsbreite nach dem Abendessen kommt vermutlich von Fehlern beim Schätzen der Kohlenhydrate. Herr Kaufmann sollte ein paar Tage lang seine Nahrungsmittel abwiegen.

Na, sind Sie auf die Lösung dieses Problems gekommen? Dann Gratulation!


von Prof. Dr. Thomas Haak und Dr. oec. troph. Astrid Tombek

Avatar von thomas-haak

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (11) Seite 34-35

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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