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In den letzten 100 Jahren hat es bei den verschiedenen Systemen zum Insulinspritzen erhebliche Weiterentwicklungen gegeben. Menschen mit Diabetes, die schon lange eine Diabetestherapie durchführen, erinnern sich sicher daran, dass die Einführung des ersten Insulinpens, des NovoPen, durch das Unternehmen Novo (heute Novo Nordisk) im Jahr 1985 ein Meilenstein der Insulinbehandlung war. Erstmals war es möglich, das Insulin, welches sich in einer Insulinpatrone befindet, auf Knopfdruck zu injizieren. Den Namen "Insulinpen" erhielt er wegen seines formschönen Aussehens, der eher einem Kugelschreiber – der englische Name dafür lautet "pen" – als einem medizinischen Gerät ähnelt und es Menschen mit Diabetes erlaubt, das Insulin diskreter zu spritzen. Mit dem NovoPen 2 (1988) und dem OptiPen (1989) des Unternehmens Hoechst (heute Sanofi) folgten bald weitere Insulinpens, die in Deutschland sehr rasch Verbreitung fanden.
Während der letzten 38 Jahre gab es bei den Insulinpens viele Verbesserungen. So wurden Pens mit einer größeren Insulinmenge und immer feineren Dosis-Schritten auf den Markt gebracht. Diese sind auch geeignet für Menschen mit Typ-2-Diabetes und einem hohen Insulinbedarf oder kleine Kinder, die sehr geringe Insulindosen benötigen. Auch wurde die Handhabung von Insulinpens deutlich verbessert, sodass es immer einfacher wurde, die Dosis einzustellen und die Injektion auszulösen. Der Kraftaufwand für die Injektion wurde ebenfalls reduziert, was vor allem für ältere Menschen mit Diabetes bedeutsam ist. Und natürlich wurde das Design immer moderner, die Auswahl an Farben immer größer. Gleichzeitig setzten sich immer mehr fertig gefüllte Insulinpens, die Fertig- oder Einmalpens, durch. Auch hier war das Unternehmen Novo Nordisk Vorreiter, das 1989 den ersten vorgefüllten Einweg-Insulinpen "Novolet" auf den Markt brachte. Diese Einwegpens machten zwar das Insulinspritzen noch einfacher und sicherer, sind aber aus einer ökologischen Perspektive durchaus problematisch, da sie nach dem Gebrauch weggeworfen werden. Mehr als 600 Tonnen Müll entstehen laut Angaben des Unternehmens Sanofi jedes Jahr weltweit durch entsorgte Insulinpens. Da in den Pens oft verschiedene Kunststoffteile verbaut sind, ist der Recycling-Prozess aufwendig und teuer.
Seit 2007 gibt es Insulinpens der nächsten Generation mit verschiedenen Speicherfunktionen: Smart-Pens. Vorreiter waren die beiden Insulinpens HumaPen Memoir und HumaPen Luxura HD des Unternehmens Lilly. Diese weltweit ersten digitalen Insulinpens können verschiedene Daten rund um das Insulinspritzen wie Datum und Uhrzeit der Insulin-Injektion oder die Menge der aktuellen und vorherigen Insulindosen speichern. In der Folge entstanden eine ganze Reihe von technischen Innovationen rund um den Insulinpen, die alle das Ziel haben, das Spritzen noch sicherer zu machen, die Daten der Insulindosierung auszuwerten und für andere Anwendungen verfügbar zu machen.
Bislang mussten Menschen mit Diabetes die Angaben, welches Insulin sie wann und in welcher Dosis mit ihrem Insulinpen spritzen, händisch in ihr Blutzuckertagebuch eintragen. Denn natürlich lassen sich Glukoseverläufe nur dann interpretieren, wenn man auch weiß, wann und in welcher Menge Insulin abgegeben wird. Dieses Aufschreiben entfällt, wenn diese Daten digital vom Insulinpen erfasst und dann in ein Tagebuch, eine App oder eine Software zum Auswerten der Glukoseverläufe übertragen werden. Zudem können perspektivisch die Insulindaten auch zum Steuern der Therapie genutzt werden.
Es gibt bereits verschiedene Smart-Pens, die auf dem Markt verfügbar sind. Von diesen erfüllt jedoch noch keiner alle der oben genannten Optionen. Smart-Pens sind als eigenständige wiederverwendbare Pens erhältlich. Verfügbar sind auch Kappen, die auf Insulinpens aufgesteckt werden. Die Kosten für die meisten Smart-Pens werden von den Krankenkassen übernommen.
Von Novo Nordisk sind seit 2021 die beiden Smart-Pens NovoPen 6 und NovoPen Echo Plus erhältlich. Während der NovoPen 6 eine maximale Dosis von 60 Einheiten Insulin ermöglicht, die in Schritten von 1 Einheit dosiert werden kann, ist der NovoPen Echo Plus eher für Kinder geeignet. Mit ihm kann man eine maximale Dosis von 30 Einheiten Insulin spritzen, dosierbar in Schritten von einer halben Einheit. Beide sind wiederverwendbar. Die Batterie hat eine Lebenszeit von vier bis fünf Jahren und ist nicht austausch- oder aufladbar. Auf dem Gerät werden die Dosis und die Zeit seit der letzten Injektion angezeigt sowie der Verlauf der Injektionen der letzten drei Monate gespeichert. Die Daten können auch in Softwares zum Auswerten (z. B. Glooko, Accu-Chek Smart Pix, mySugr) übertragen werden.
Der per USB einfach wiederaufladbare digitale Insulinpen pendiq 2.0 des gleichnamigen Unternehmens pendiq kann die letzten 1000 Injektionen mit Datum, Uhrzeit und injizierten Einheiten speichern. Die Daten sind in die App dialife auslesbar.
Eine eigenständige Lösung präsentiert das Unternehmen Emperra mit dem Insulinpen Esysta, der die abgegebenen Insulinmengen automatisch per Funk an eine Esysta-Basis übermittelt. Auch hier wird die zuletzt verabreichte Insulindosis angezeigt, etwa 1000 Datensätze können gespeichert werden. Dieser Smart-Pen ist mit einer Bluetooth-Schnittstelle ausgestattet und überträgt die injizierten Insulindosen direkt in die Esysta-App auf ein Smartphone, wo eine Auswertung der Daten möglich ist. Durch Einsetzen von Adaptern in den Pen können alle handelsüblichen 3-ml-Insulinpatronen mit der Konzentration 100 Einheiten/ml mit diesem Pen verwendet werden.
Einen anderen Weg beschreitet das Unternehmen Medtronic: Hier wird ein eigens konzipierter Smart-Pen, der InPen, mit dem Guardian 4, dem Sensor für das kontinuierliche Glukose-Monitoring (CGM) des Unternehmens gekoppelt. So können Nutzerinnen und Nutzer die Vorteile eines Smart-Pens mit denen von CGM kombinieren. Dieses System ist besonders für das Durchführen einer intensivierten Insulintherapie (ICT) gedacht. Der InPen enthält einen Bolusrechner und zeigt an, wie viel Insulin noch im Körper wirkt.
Vom Unternehmen Sanofi wird in Kürze eine wiederverwendbare Kappe verfügbar sein, die auf die beiden Fertigpens SoloStar und DoubleStar aufgesetzt wird und den Zeitpunkt der Injektionen sowie die Insulindosen aufzeichnet. Das Spritzen erfolgt auf die gleiche Weise wie ohne Kappe. Die Kappe kann über Bluetooth mit einer App verbunden werden, die die Dosier-Informationen aufzeichnet.
Schon verfügbar, aber noch nicht auf dem deutschen Markt erhältlich, ist der smarte Einwegpen des Unternehmens Lilly mit dem Namen "Tempo Pen", welcher mit einem "Tempo Smart Button" ausgestattet ist. Per Knopfdruck werden Datum und Uhrzeit der letzten Injektion sowie die letzte Insulindosis an eine App, Software und/oder andere medizinische Geräte übermittelt. In anderen Ländern gibt es bereits andere Kappen-Lösungen, die vor allem für Fertigpens konzipiert sind und den Zeitpunkt der letzten Injektion anzeigen (z. B. Dukada Trio, Timesulin).
Alle Personen, die eine Insulintherapie durchführen, ohne eine Insulinpumpe zu nutzen, können von Smart-Pens profitieren. Besonders für ältere Menschen mit einer Insulintherapie können die Erinnerungsfunktion und die Warnung vor einer doppelten Insulin-Injektion hilfreich sein. Alle Nutzer von CGM-Systemen bekommen durch die Weitergabe der Insulindaten einen Mehrwert zur Interpretation der CGM-Daten. Wenn in Zukunft die Smart-Pens mit einem Algorithmus die Insulinabgabe steuern, ist dies der größte Vorteil von smarten Pens.
Die Ergebnisse einer Befragung von 336 Diabetologinnen und Diabetologen zum Grad der Nutzung von Smart-Pens kam 2023 zu dem Ergebnis, dass aktuell nur etwa 4,8 Prozent aller Menschen mit Typ-1-Diabetes und 1,5 Prozent der Menschen mit Typ-2-Diabetes einen Smart-Pen nutzen. Ein Grund für die bislang eher geringe Nutzung ist sicher, dass die meisten verfügbaren Smart-Pens nicht ausreichend an Software-Lösungen angebunden sind. Aber: Nicht jede gute Idee setzt sich immer sofort durch. Langfristig sind wir aber davon überzeugt, dass Smart-Pens die bisherigen Insulinpens ablösen werden. Denn: Ohne die Daten der Insulindosierung sind Glukosekurven nur schlecht zu interpretieren.
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