Ich bin doch keine Maschine

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Ich bin doch keine Maschine

So sicher kann man sich da manchmal bei uns Diabetikern nicht sein. Schließlich gibt es heutzutage sehr viel Technik, die einen bei der Diabetestherapie unterstützt. Manchmal fühlt man sich wie ein kleiner Ironman, wenn man mit Pumpe, CGM und Co. ausgestattet ist. Erst recht, wenn die Pumpe im Ausschnitt befestigt ist und durch das T-Shirt leuchtet.

Quelle: Antonia Ahlers

Eigentlich geht es in diesem Beitrag aber gar nicht um all die kleinen technischen Geräte, die man als Diabetiker so mit sich herumtragen kann, sondern darum, dass nicht immer alles perfekt läuft, um die Dinge, die von einem erwartet werden, und warum das Leben mit Diabetes einfach kein Zuckerschlecken ist.

Es ist nicht alles schwarz oder weiß

Beginnen wir mal damit, dass es Personen gibt, die denken, man könne mit Diabetes nicht alt werden und das Leben wäre total grausam. Es gibt aber auch Menschen, die wissen, dass es nicht so ist. Diese denken aber oft, erst recht, wenn sie sich nicht so sehr auskennen, dass das alles total einfach ist mit der ganzen Technik, die es heutzutage gibt, und dass man kaum noch etwas selber machen muss und alles von alleine läuft. Beides ist nicht richtig.

Klar erleichtert die Technik einem viel, aber trotzdem muss man seinen Kopf anstrengen, immer wieder Kohlenhydrate ausrechnen, diese in KE oder BE umrechnen und Insulinmengen bestimmen. Viele haben inzwischen Messgeräte mit sogenannten Bolusrechnern, die einem ausrechnen, wie viel Insulin man für die gegessenen Kohlenhydrate braucht. Jedoch muss man die Kohlenhydratmenge halt vorher bestimmen und manchmal muss man auch die Rechnung des Messgerätes kontrollieren, denn technische Geräte können mal kaputt gehen. Auch andere Dinge müssen immer bedacht werden und können nicht von den ganzen kleinen Geräten übernommen werden. Wenn ich zum Beispiel zum Sport gehen möchte, weiß mein Messgerät ja nicht, wie meine Tagesform ist und wie sehr der Sport meinen Blutzucker an dem Tag abfallen lässt oder ob er gar ansteigt (ja, auch das kann passieren).

Auch andere Situationen, wie zum Beispiel Stress, Aufregung, Streit, warmes Wetter, Heuschnupfen oder Krankheit, erfordern eine Anpassung der Insulinmenge und diese Anpassung muss man selber vornehmen. Denn Pens und Insulinpumpen können das noch nicht von allein. Diese ganzen kleinen technischen Helferlein wie Pumpe, Messgerät, FGM und CGM sind also eine Unterstützung im Alltag eines Diabetikers, aber alles können sie dann doch noch nicht übernehmen.

Die Lebenserwartung und die Erwartung ans Leben

Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht mehr so, dass man nicht alt wird. Früher mag das vielleicht so gewesen sein, aber heute kann man mit der richtigen Therapie eigentlich ein einigermaßen beschwerdefreies Leben führen. Klar kann man Folgeerkrankungen bekommen oder wird im Alltag immer mal wieder durch Unterzuckerungs- oder Überzuckerungssymptome beeinträchtigt. Bei guter Einstellung und Therapie hat man aber eigentlich eine ganz normale Lebenserwartung. Kümmert man sich natürlich nicht richtig um seinen Diabetes, kann es zu diesen Folgeerkrankungen kommen und diese wiederum können das Leben sehr negativ beeinflussen und es auch eventuell verkürzen (kommt immer auf die Folgeerkrankung an), nur ist das heute nicht mehr ganz so oft der Fall wie früher.

Manchmal weiß man halt nicht, woher der Anstieg kommt… (Quelle: Antonia Ahlers)

Wichtig ist einfach, sich nicht zu verrückt zu machen und keine Angst zu haben. Aber trotzdem gut auf den Diabetes aufzupassen und sich darum zu kümmern. Macht man das, kommt man eigentlich ganz gut mit ihm aus.

Niemand ist perfekt

Das ist auch eine ganz gute Überleitung zu meinem nächsten Punkt. Es geht darum, dass keiner perfekt ist und dass halt nicht immer alles so super und gerade verläuft. Schon öfter habe ich auf Facebook und in Foren gelesen, dass es Leute gibt, die einen schnurgeraden Blutzuckerverlauf anstreben und Ausreißer nach oben als sehr schlimm ansehen und gefühlt bei jedem Wert über 150 mg/dl (8,3 mmol/l) Panik vor Folgeerkrankungen bekommen. Wenn ich so etwas lese, denke ich immer, dass es doch normal ist, wenn der Blutzucker mal solche Ausreißer hat. Schließlich sind wir alle nicht perfekt und unser Körper schon gar nicht. Manchmal klappt es einfach nicht so, wie es soll.

Der Katheter ist herausgerissen und man hat keinen Ersatz, das Insulin ist leer und man hat kein neues mit, die Pumpe geht kaputt, der Traubenzucker ist alle oder man hat sich verrechnet. Das kann jedem von uns passieren. Wirklich jedem. Auch wenn jetzt bestimmt ein paar Diabetiker denken: „Ich würde niemals vergessen, genug Ersatzkram mitzunehmen!“ Glaubt mir – auch denen kann es passieren.

Quelle: Antonia Ahlers

Schlechte Phasen

Ich hatte in meinem Leben mal eine Phase, in der ich öfter vergessen habe, zu messen oder zu spritzen. Stolz bin ich nicht darauf und heute frage ich mich, wie ich meinem Körper das nur antun konnte. In dieser Zeit durfte ich mir aber ab und an von meinen Eltern folgende Sätze anhören: „Wie kann man das nur vergessen? Das muss doch ins Blut übergegangen sein. Es muss im Kopf eingebrannt sein nach all den Jahren. Sowas vergisst man doch nicht!“ Meine Antwort darauf würde heute folgendermaßen lauten: „Doch sowas kann passieren. Ich akzeptiere meinen Diabetes gerade nicht so sehr, wie ich sollte. Mein Unterbewusstsein hat einfach keine Lust.“

Diese Phase war zum Glück irgendwann vorbei. Damals konnte ich aber selber nicht sagen, warum ich so gehandelt habe, und ich habe mir dann oft selber Vorwürfe gemacht. Heute weiß ich es besser und ich weiß, dass solche Phasen in der Pubertät nun mal kommen können. Natürlich passiert es mir auch jetzt noch ab und an, dass ich vergesse, zu messen oder einen Bolus mit der Pumpe abzugeben, jedoch ist das sehr selten geworden. Wenn es aber passiert, ist es kein Drama und ich mache mir keine Vorwürfe. Klar ärgere ich mich dann über einen hohen Wert und bin auch nicht glücklich darüber, aber ich bin halt nicht perfekt. Kein Mensch ist perfekt und das ist gut so, denn das macht uns zu Individuen.

Ich bin doch keine Maschine!

„Ich bin doch keine Maschine!
Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut
Und ich will leben, bis zum letzten Atemzug
Ich bin ein Mensch mit all meinen Fehlern
Meiner Wut und der Euphorie
Bin keine Maschine, ich leb’ von Luft und Fantasie“

(Tim Bendzko)

Dieses Zitat aus Tim Bendzkos Lied „Keine Maschine“ passt meiner Meinung nach sehr gut zu diesem Thema. Macht ein Diabetiker ab und an Fehler in seiner Therapie, verrechnet er sich oder vergisst etwas, dann ist das kein Weltuntergang. Er sollte sich keine Vorwürfe machen und sich auch von anderen Diabetikern nicht einreden lassen, dass das jetzt das Ende wäre oder dass man zu doof für alles ist. Auch von Außenstehenden sollten wir uns so etwas nicht anhören müssen. Sie sind schließlich auch nicht makellos. Wir sollten nie vergessen, dass kein Mensch perfekt ist und dass jeder von uns kleine Macken hat und ab und an Fehler macht. Sie machen unseren Charakter aus und uns zu dem, was wir sind.

Ihr seid alle wunderbar!

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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