Diabetes als Chance – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

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Diabetes als Chance – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Sechs Jahre mit Diabetes. Für manch einen Menschen da draußen, der schon von Kindheitsbeinen an damit durchs Leben geht, scheint das vielleicht wenig. Für mich sind es aber sechs Jahre leben mit einer Krankheit, die mir im Alltag oft viel abverlangt. Dieser Themenmonat hat mich zum Nachdenken gebracht. Diabetes als Chance – das sehen viele ganz und gar nicht so. Um meine Gedanken diesbezüglich zu ordnen, wollte ich gerne meine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft betrachten und nach Chancen suchen. Chancen, die ich hatte, habe, haben werde oder vielleicht nie bekomme. Eine Art „Geister der Weihnacht“, nur für Diabetes und ohne den Weihnachtsbaum. 

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Vergangenheit

Wir schreiben das Jahr 2013: Am Tag meiner Diagnose sagte mir die Sprechstundenhilfe, ich hätte sicherlich Typ-2-Diabetes und könne diesen mit Ernährung und Sport in Zaum halten. Ich hatte, bis auf die bekannten Stereotypen, keine Ahnung von Diabetes und daher konnte ich mit ihrer Aussage wenig anfangen. Wenig später saß ich mit meiner neuen Diabetesberaterin in einem Raum. Sie sagte mir: „Sie haben Typ-1-Diabetes. Aber keine Sorge: Sie dürfen weiterhin alles essen!“ Danach erklärte sie mir, was das bedeutet und welche Neuerungen jetzt auf mich warten. Später, als ich meine Diabetologin das erste Mal traf, war mein Diabeteswissen schon größer und ich fühlte mich nicht mehr ganz so verloren. 

Was die Wenigsten wissen: Meine Diabetesberaterin hat mit ihren ersten Worten den Grundstein für mein Tun mit Diabetes gelegt. Sie hat mir die Angst genommen und mich motiviert. Ohne sie wäre ich heute nicht, wo ich bin. Und dafür bin ich ihr dankbar. Sie hat mir eine Chance gegeben. Und diesen Moment trage ich für immer in meinem Herzen.

Gegenwart

Mir geht es gerade ganz gut mit dem Diabetes. Dass ich das so sagen kann, hätte ich selbst nicht gedacht. Ich komme klar. Zwar laufe ich keinen Marathon oder bin eine „Diabetesheldin“, aber ich stemme meinen Alltag mit der Krankheit gut. Was die Ausstattung angeht, klar, geht immer noch was. Ein Closed-Loop-System zum Beispiel. Oder Insulin produzierende Zellen. 

Ich habe Freund_innen mit Diabetes, Typ 1 und 2, die mir zur Seite stehen und mit denen ich mich austauschen kann, auch fernab des Dia-Alltages. Meine treuen CGM-Sensoren helfen mir, einen besseren Überblick über meine Werte zu erhalten, das motiviert, auch wenn es nicht immer Top-Werte sind. Ich weiß aber inzwischen: Ich bin ich und ich bin nicht meine Werte. Der Diabetes ist ein Teil von mir, aber nimmt in meinem Alltag keinen allzu großen Raum ein. Das darf er nicht. Ich kümmere mich um ihn, aber ich versuche, dabei stets die Überhand zu haben. Dabei helfen mir auch andere Menschen mit Diabetes, die ähnliche Erfahrungen machen wie ich.

Unterzuckerungen lassen mich dann aber kurz innehalten. Sie zeigen mir für einen Moment, dass ich vielleicht doch nicht alles immer so unter Kontrolle habe(n kann), wie ich es mir wünschen würde. Die rote Kurve, die rote Zahl, ein Alarm. Ich zittere und esse irgendwas. Und dann wird es wieder besser.

Aktuell schreibe ich pro Monat circa einen bis acht Texte zum Thema Leben mit Diabetes aus meiner eigenen Sicht. Ich verdiene mit meiner Krankheit Geld und auch das hätte ich mir vor einigen Jahren nicht erträumen können. Ich mache das aber immer so, dass es für mich niemals zu viel ist. Denn dann würde ich den Spaß und die Inspiration verlieren und „betriebsblind“ werden. Es ist eine Chance für mich, anderen Menschen mit und ohne Diabetes zu zeigen, wie ein Leben mit Diabetes aussehen kann. Und diese nutze ich.

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Zukunft

Ich habe auch ein wenig Hoffnung in die Technik und glaube, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten einiges auf den Markt kommen kann, was uns maßgeblich helfen kann… wenn die Unternehmen sich trauen und wenn sie schnell genug sind und die Chancen ergreifen, die sie haben. Denn die Technik verändert sich heutzutage so schnell und was gestern noch modern war, ist morgen überflüssig geworden. Ich sehe definitiv Therapiechancen, die man sich greifen könnte. Es ist nur die Frage, was die Industrie und Medizin daraus machen. Aber das liegt nicht in meiner Hand.

Ich hoffe, dass auch in Zukunft ein paar Menschen mit Diabetes in meinem Leben sein werden. Denn mal ehrlich: Niemand versteht Diabetes so gut wie eine Person, die viele ähnliche Dinge durchmacht. 

Was aber in meiner Hand liegt, ist, wie ich mich um mich selbst kümmere. Damit habe ich manchmal immer noch Schwierigkeiten. Aber es wird besser, Stück für Stück. Genügend Wasser trinken, die Werte im Blick haben, die Kontrolltermine wahrnehmen und für meine mentale Gesundheit genug Platz machen. Auch das alles ist ein Prozess, aber ich möchte die Chancen der Zukunft ergreifen und weiter daran arbeiten. Für mich.

#DiaChance

Der Diabetes hat mir Chancen gegeben. Chancen, mich persönlich auszudrücken und meine Sicht auf die Dinge in die Welt über verschiedene Kanäle hinauszutragen. Er hat mich mutiger gemacht. Er hat mir Chancen gegeben, Menschen kennen zu lernen und sie in mein Leben zu lassen. Er hat mir Chancen gegeben, die Welt so zu sehen, wie ich sie sonst vielleicht niemals gesehen hätte. Er hat mich empathischer und geduldiger gemacht. Und der Diabetes wird mir auch weiterhin Chancen geben. Auch wenn nicht immer alles happy toll super mit dem Diabetes ist: Viele Dinge, die er mir ermöglicht hat, möchte ich so nicht mehr missen.


Mehr zum Monatsthema “Diabetes als Chance – wie ich an meiner neuen Herausforderung gewachsen bin” gibt es u.a. von #BSLounge-Autor Matthias: #DiaChance als Motivation und Herausforderung

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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