Autoimmunthyreoiditis Hashimoto

3 Minuten

Autoimmunthyreoiditis Hashimoto

Hinter diesem komplizierten Namen steckt eine autoimmun bedingte Entzündung der Schilddrüse. Sie tritt gehäuft bei Menschen mit Typ-1-Diabetes auf. Allerdings ist sie viel leichter zu behandeln als der Diabetes. Mehr darüber weiß Dr. Nicolin Datz.

Luisa ist 15 Jahre alt und hat seit acht Jahren Typ-1-Diabetes. Im Rahmen der jährlichen Routineblutuntersuchung sind Schilddrüsenantikörper festgestellt worden. Dass ihr Diabetes durch gegen die Bauchspeicheldrüse gerichtete Antikörper entstanden ist, weiß Louisa schon. Dass es so etwas aber auch bei der Schilddrüse gibt, ist neu und beunruhigend für sie. “Muss ich jetzt zusätzlich zum Insulin auch noch Schilddrüsenhormone spritzen?”, fragt sie ängstlich ihre Diabetologin. Diese erklärt ihr daraufhin ausführlich, was das bedeutet und kann sie am Schluss damit beruhigen, dass diese Erkrankung mit einer einzigen kleinen Tablette morgens sehr gut zu behandeln ist.

Was ist das?

“Autoimmunthyreoiditis Hashimoto” ist die Bezeichnung für eine autoimmun bedingte Entzündung der Schilddrüse. Wie beim Typ-1-Diabetes bilden sich auch bei dieser Erkrankung Antikörper gegen körpereigenes Gewebe, in diesem Fall gegen das Gewebe der Schilddrüse.

Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion
  • Unklare Gewichtszunahme
  • Verstopfung
  • Kälteintoleranz
  • Müdigkeit und Antriebslosigkeit
  • Konzentrationsschwäche
  • Entwicklung einer vergrößerten Schilddrüse (Struma = Kropf)
  • Bei Kindern mit Diabetes: rezidivierende Unterzuckerungen

Warum diese Antikörper entstehen, ist letztlich nicht bekannt, aber man weiß, dass die Erkrankung etwas gehäuft bei Menschen mit Typ-1-Diabetes auftritt. Häufig gibt es sogar in der Familie des Betroffenen schon eine andere Person, die ebenfalls daran erkrankt ist.

Die Folge: Unterfunktion der Schilddrüse

Die Antikörper greifen das Schilddrüsengewebe an und bewirken im Verlauf Veränderungen und Umbauten der Zellen und des Gewebes. Letztendlich führen diese Umbauprozesse dazu, dass die Schilddrüse nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Schilddrüsenhormone zu bilden. Im Verlauf von Monaten bis Jahren entwickelt sich eine Unterfunktion der Schilddrüse (= Hypothyreose). Da der Körper Schilddrüsenhormone benötigt, um viele Stoffwechselprozesse optimal zu regulieren, müssen sie dann ersetzt werden.

Wie häufig tritt eine Autoimmunthyreoiditis auf?

In der Gesamtbevölkerung haben ca. drei bis vier Prozent aller Kinder und Jugendlichen positive Auto-Antikörper gegen Schilddrüsengewebe, Mädchen sind ca. dreimal häufiger betroffen. Die Häufigkeit steigt mit dem Alter, sodass die Diagnose meistens bei Jugendlichen gestellt wird. Bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes können bis zu 25 Prozent positive Schilddrüsenantikörper haben, hier sind Mädchen doppelt so häufig betroffen wie Jungen.

Welche Symptome haben die Kinder?

Kinder mit einer Autoimmunthyreoiditis sind in der Regel beschwerdefrei, bis sich eine Unterfunktion der Schilddrüse manifestiert. Klinische Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion sind z. B. unklare Gewichtszunahme, Verstopfung, Kälteintoleranz, Müdigkeit und Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche oder die Entwicklung einer vergrößerten Schilddrüse (Struma = Kropf). Bei Kindern mit Diabetes können rezidivierende Unterzuckerungen auf eine Autoimmunthyreoiditis hinweisen.

Wie stellt man die Diagnose?

Da Patienten mit Typ-1-Diabetes ein erhöhtes Risiko haben, an einer Autoimmunthyreoiditis zu erkranken, wird sowohl von der nationalen (AGPD) als auch der internationalen (ISPAD) Gesellschaft für pädiatrische Diabetologie eine regelmäßige Blutuntersuchung auf Autoimmunthyreoiditis empfohlen. Bereits bei der Diagnosestellung des Diabetes, und dann in 1- bis 2-jährigen Intervallen, sollte das Blut auf schilddrüsenspezifische Autoantikörper untersucht sowie die Schilddrüsenhormone gemessen werden. Sind diese Antikörper in einer erhöhten Konzentration messbar und/oder liegt ein Hinweis auf eine Unterfunktion vor, muss eine Ultraschalldiagnostik (Sonografie) der Schilddrüse erfolgen. Damit können Form, Größe und Veränderungen der Schilddrüse festgestellt werden. Typischerweise findet man ein deutlich unruhigeres Gewebemuster mit kleinen Zysten und verstärkter Durchblutung; das Schilddrüsenvolumen ist oft vergrößert.

Die Diagnose – und jetzt?

Eine Behandlung mit Schilddrüsenhormon ist nur erforderlich, wenn eine Unterfunktion eingetreten ist. Die Therapie ist einfach und gut verträglich, da es sich um ein körpereigenes Hormon handelt, das aufgrund einer Mangelsituation ersetzt wird. Betroffene müssen täglich einmal morgens eine Tablette L-Thyroxin einnehmen. Die Dosis hängt vom Gewicht und der Größe des Patienten ab und wird vom Arzt festgelegt. Im weiteren Verlauf werden die Blutwerte regelmäßig kontrolliert, um die Dosis ggf. anzupassen. Außerdem sollte die Sonografie einmal jährlich wiederholt werden. L-Thyroxin, regelmäßig eingenommen, führt dazu, dass die genannten klinischen Symptome zurückgehen. Außerdem wird verhindert, dass die Schilddrüse weiter wächst, und eine bestehende Struma wird zurückgedrängt.

Fazit

  • Kinder mit Typ-1-Diabetes haben ein erhöhtes Risiko, an einer Autoimmunthyreoiditis zu erkranken.
  • Bei Vorliegen eines Typ-1-Diabetes sollten alle ein bis zwei Jahre auch die Antikörper gegen Schilddrüsengewebe im Blut bestimmt werden.
  • Liegen schilddrüsenspezifische Antikörper vor, ist neben der Bestimmung der Schilddrüsenhormone auch die Durchführung einer Sonografie (eine Ultraschalluntersuchung) notwendig.
  • Liegt eine Unterfunktion der Schilddrüse vor, muss eine Therapie mit L-Thyroxin erfolgen.
  • Verlaufskontrollen mit Messung der Schilddrüsenhormone und Durchführung der Sonografie erfolgen mindestens jährlich.

Autorin:

von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin „Auf der Bult“, Hannover

Kontakt:
E-Mail: datz@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2014; 7 (4) Seite 24-25

Ähnliche Beiträge

Diabetes-Anker-Podcast: Typ-1-Diabetes früher erkennen und sogar aufhalten – ist das möglich, Frau Prof. Ziegler?

Wie lässt sich Typ-1-Diabetes erkennen, schon bevor Symptome auftreten? Und was wird in der AVAnT1a-Studie untersucht – und mit welchem Ziel? Darüber sprechen wir im Diabetes-Anker-Podcast mit Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler.
Diabetes-Anker-Podcast: Typ-1-Diabetes früher erkennen und sogar aufhalten – ist das möglich, Frau Prof. Ziegler?

3 Minuten

Kommt es am Ende doch auf die Größe an?

Insulinpumpen werden immer kleiner – ein Fortschritt für viele, doch für manche Menschen mit Diabetes ein Problem. Community-Autor Daniel legt dar, warum Pumpengröße und Insulinmenge aus seiner Sicht entscheidend für individuelle Bedürfnisse bleiben.
Kommt es am Ende doch auf die Größe an? | Foto: privat

5 Minuten

Community-Beitrag

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert