- Aus der Community
Bessere Diabetestherapie: Der Schlüssel liegt in der Kommunikation
3 Minuten
Wer Eckart von Hirschhausen nur vom Zappen durch das TV-Programm kennt, weiß möglicherweise nicht, dass er studierter Mediziner ist. Bevor er begann, mit Bühnenshows durch die Republik zu tingeln, arbeitete er als Arzt in Berlin in der Kinderneurologie. Allerdings fiel ihm bei seiner Arbeit als Arzt auf, dass die Patienten, die ihn konsultierten, gar nicht diejenigen waren, die am dringendsten ärztlichen Rat gebraucht hätten. Das änderte sich auch nicht, als er nach einer Weiterbildung zum Wissenschaftsjournalisten eine Gesundheitssendung im Hessischen Rundfunk moderierte. „Keine Zigaretten, mehr Gemüse, das Übliche eben – das predigte ich den Zuschauern jahrelang“, erzählt er, „doch es änderte sich nichts, weil nur die zuschauten, die ohnehin schon aufgeklärt und gesundheitsbewusst waren.“ Mit dieser Erkenntnis erklärte von Hirschhausen sowohl bei einer Weiterbildung für Medizinjournalisten Ende April in Mannheim, als auch beim Jahreskongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) Mitte Mai in Berlin seinen Wechsel vom seriösen ins komische Fach, gern auch im sogenannten Unterschichtenfernsehen.
Übergewicht: Mit Essen eine innere Leere füllen
Sein wichtigstes Anliegen ist allerdings ein sehr ernstes: Im Medizinbetrieb wird völlig falsch kommuniziert. Zentrale Botschaften kommen nicht an – ganz egal, ob es um Rauchen und Krebsrisiko oder Übergewicht und Diabetes geht. Hirschhausen bezeichnet sich selbst als großen Fan des Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick, dessen simpler Ratschlag lautet: Wenn etwas nicht funktioniert, dann probiere etwas anderes! Das gilt in Hirschhausens Augen auch für die Volkskrankheit Übergewicht: „Warum werden die Leute immer dicker, obwohl es doch so viele Diätratgeber gibt? Sie werden dick, weil sie eine innere Leere füllen möchten. Sie werden dick, weil sie Essen als einzigen Weg kennen, ihre Stimmung zu verbessern. Hierzu müssen wir ihnen Alternativen zeigen!“
Aufklärung ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen!
Und das funktioniert nicht mit Verboten, wie Hirschhausen ganz anschaulich schilderte: „Geben Sie einmal einem kleinen Kind eine große Packung Buntstifte und sagen ihm, es dürfe mit allen Buntstiften malen – außer mit dem gelben. Mit welchem Stift wird es unbedingt malen wollen?“ Klar, mit dem gelben. Funktioniert übrigens – vermutlich nicht nur bei mir – altersunabhängig und bei jeglichen Verboten. Trotzdem verfolgen Ärzte und Ernährungswissenschaftler meist genau dieses Muster, wenn sie Menschen zu einem gesunden Lebensstil bringen wollen. Hirschhausen drückt das so aus: „Alle fünf Jahre werden mir neue Gründe gepredigt, warum ich keine Butter-Laugenbrezel essen sollte. Mal ist die Butter, mal das Salz, mal das Weißmehl der Bösewicht. Doch welchen Effekt hat das? Ich liebe weiterhin meine Butter-Laugenbrezeln und höre den Ernährungswissenschaftlern einfach nicht mehr zu!“ Kommt mir bekannt vor – ich habe bei diesen Dingen auch eine sehr selektive Wahrnehmung. Wann immer ich von einer Studie erfahre, nach der Schokolade das Herz schützt, sage ich mir: „Siehste!“ Und bei Veröffentlichungen, denen zufolge Schokolade dick macht, schalte ich auf Durchzug und schimpfe vor mich hin: „Und woher soll ich denn sonst die Flavonoide bekommen, die sich so gut auf meinen Blutdruck auswirken?“
Totalausfall eines Organs ist keine Strafe Gottes
Die Strategie mit der Moralkeule bringt also nichts, im Gegenteil: „Das Wort ‚Sünde‘ wird heutzutage nur noch im Zusammenhang mit Essen verwendet. Dabei ist es doch eine grundlegende Errungenschaft des 20. Jahrhunderts, Krankheit und Moral voneinander zu entkoppeln – dabei sollten wir es auch belassen!“, meint Hirschhausen. Sprich: Die Zeiten, in denen Krankheit allgemein als Strafe für sündhaftes Verhalten angesehen wurde, sind zum Glück vorbei. Ein Totalausfall eines Organs wie beim Typ-1-Diabetes ist keine Strafe Gottes für ungesunde Ernährung oder anderes Fehlverhalten. Und auch die Entstehung eines Typ-2-Diabetes ist ein viel komplexeres Geschehen, als es die böse Formel „dick – dumm – Diabetes“ glauben macht.
Ärzte lernen im Studium sechs Jahre lang, sich unverständlich auszudrücken
Doch wie sollten Ärzte mit Patienten kommunizieren, damit ihre Gesundheitsbotschaften ankommen und beherzigt werden? Gar nicht so leicht, findet auch Hirschhausen: „Medizinstudenten lernen mit dem ganzen Griechisch und Latein im Studium sechs Jahre lang, sich unverständlich auszudrücken – und dann wundert man sich, dass die Hälfte der Medikamente falsch angewendet werden, weil die Kommunikation nicht funktionierte.“ Auch Hirschhausen hat hierfür kein Patentrezept. Doch er rät Ärzten, ihren Patienten keinen mit Verboten gepflasterten Weg aufzwingen zu wollen: „Fragen Sie die Leute lieber, wohin sie gehen wollen, und bieten Sie ihnen an, sie auf ihrem Weg zu begleiten!“ Gar kein schlechter Gedanke, diese freundliche Begleitung statt eines erhobenen Zeigefingers, oder? Übrigens nicht nur für Ärzte, sondern auch für meine Spezies, die Medizinjournalisten.
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
EASD-Jahrestagung 2025: Die Diabetes-Forschung der Welt in Wien
4 Minuten
- Ernährung
Nachgefragt Recht | Nur in besonderen Situationen: Mehrkosten für Ernährung geltend machen
3 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
stephanie-haack postete ein Update vor 1 Tag, 19 Stunden
Wir freuen uns auf das letzte virtuelle Community-MeetUp des Jahres! 🎄Morgen, Donnerstag, um 18 Uhr. Alle Infos findet ihr hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-dezember-2/
-
bloodychaos postete ein Update vor 6 Tagen, 2 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
-
ole-t1 antwortete vor 5 Tagen, 21 Stunden
Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.) -
bloodychaos antwortete vor 5 Tagen, 15 Stunden
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
-
rolli-xx antwortete vor 4 Tagen, 2 Stunden
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).
-
-
loredana postete ein Update vor 1 Woche
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
