- Behandlung
Diabetes-Therapie der Zukunft
4 Minuten
Wie kann man starkes Übergewicht bekämpfen und so die Entwicklung von Typ-2-Diabetes verhindern? Lassen sich Bauchspeicheldrüsen oder die insulinproduzierenden Betazellen ersetzen? Forschende des Deutsches Zentrums für Diabetesforschung (DZD) arbeiten an neuen Ansätzen für die Therapie und Prävention, um in Zukunft Diabetes zu verhindern und besser zu behandeln.
Starkes Übergewicht ist einer der größten Risikofaktoren für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch nicht immer lässt sich mit gesunder Ernährung und mehr Bewegung das Gewicht so stark wie gewünscht reduzieren.
Kombinierte Hormone gegen Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes
Ein Team um Prof. Matthias Tschöp und Dr. Timo Müller aus München sowie Richard DiMarchi (USA) und Brian Finan (Dänemark) arbeiten an einer Serie neuer Wirkstoffe zur Behandlung von Adipositas und Typ-2-Diabetes. Ihr neuartiger Ansatz: Sie kombinieren verschiedene Hormone in einem einzigen hochwirksamen Wirkstoff. Diese neuen Wirkstoffe verbessern nicht nur die Blutzuckerwerte, sondern reduzieren auch das Gewicht und Körperfett deutlich stärker als bislang verfügbare Therapien.
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD)
- gegründet 2009
- gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Länder
- nationales Zentrum mit mehr als 400 Wissenschaftlern und Klinikern
- Mehrwert durch translationale, fächerübergreifende Diabetesforschung im Verbund
- Information der Öffentlichkeit
- Ausbildung und Förderung von medizinischen und klinischen Wissenschaftlern in der Diabetologie
- Partner: Deutsches Diabetes-Zentrum, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Helmholtz Zentrum München, Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrums München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, München und Schleswig-Holstein und weitere Projektpartner
- Weiterführende Informationen: www.dzd-ev.de
Mehrere Hormone in einem Molekül
Die Hormone, die zu zweit beziehungsweise zu dritt kombiniert werden, sind GLP-1 (Glucagon-Like Peptide-1) und GIP (Glucose-Dependent Insulinotropic Polypeptide) und Glukagon. Die natürlichen Hormone GLP-1 und GIP werden im Verdauungstrakt gebildet. Sie bewirken eine vermehrte Ausschüttung von Insulin und senken dadurch den Blutzuckerspiegel. Darüber hinaus zügelt GLP-1 den Appetit. Das Hormon Glukagon wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und fördert u. a. den Fettabbau. Durch die Kombination der Hormone können gleichzeitig mehrere Kontrollzentren des Stoffwechsels beeinflusst werden.
Den neuartigen Ansatz wollen die Forschenden auch nutzen, um künftig eine Fettleber behandeln zu können. Sie arbeiten an einem kombinierten Wirkstoff, der neben Glukagon auch ein Schilddrüsenhormon enthält. So kann der Wirkstoff gezielt in die Leber gelangen. Das Schilddrüsenhormon hat eine positive Wirkung auf den Fettstoffwechsel. Im Versuchsmodell konnten so nicht nur der Zuckerstoffwechsel und die Cholesterinwerte gesenkt, sondern auch das Körpergewicht und die Verfettung der Leber nachhaltig reduziert werden.
Stoffwechseleffekte der Hormone GLP-1, Glukagon und GIP |
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| Organ | Effekt | GLP-1 | Glukagon | GIP |
| Gehirn | Nahrungsaufnahme | ↓ | ↓ | |
| Schutz des Nervensystems | ↑ | ↓ | ||
| Leber | Glukoseproduktion | ↓ | ↑ | |
| Leberverfettung | ↓ | ↓ | ||
| Gallensäureproduktion | ↑ | |||
| Fettabbau | ↑ | ↑ | ||
| Fettaufbau | ↓ | ↓ | ||
| Muskeln | Insulinempfindlichkeit | ↑ | ||
| Glukoseaufnahme | ↑ | ↓ | ||
| Darm | Ausschüttung von Lipoproteinen (HDL, LDL usw.) | ↓ | ||
| Darmbewegung | ↓ | |||
| Knochen | Knochenaufbau | ↑ | ||
| Knochenabbau | ↓ | |||
| braunes Fettgewebe | Wärmebildung | ↑ | ||
| Herz | Glukoseverwertung | ↑ | ||
| Fettstoffwechsel | ↓ | ↑ | ||
| Herzfunktion | ↑ | |||
| Herzschutz | ↑ | |||
| Entzündung | ↓ | |||
| Puls | ↑ | |||
| Herzmuskelzell-Überleben | ↑ | |||
| Magen | Magenbewegung | ↓ | ↓ | |
| Magenentleerung | ↓ | |||
| Pankreas | Insulin-Ausschüttung | ↑ | ↑ | ↑ |
| Betazell-Bildung | ↑ | |||
| Betazell-Zerstörung | ↓ | ↓ | ||
| Glukagon-Ausschüttung | ↓ | ↑ | ||
| Fettgewebe | Fettaufbau | ↓ | ↓↑* | |
| Fettabbau | ↑ | ↑ | ↓↑* | |
| Fettmasse | ↓ | ↓ | ↓↑* | |
| Adipokin-Ausschüttung | ↑ | |||
| * GIP senkt die Fettmasse in einigen Studien, in anderen steigert es die Fettmasse | ||||
| ↑ Pfeil nach oben: Zunahme oder Verbesserung des körperlichen Vorgangs ↓ Pfeil nach unten: Reduktion des körperlichen Vorgangs |
||||
In klinischen Studien haben sich erste Wirkstoffkombinationen als vielversprechend zur verbesserten Behandlung von Adipositas und Typ-2-Diabetes erwiesen. Erste Wirkstoffe befinden sich sogar schon in klinischen Phase-2- und -3-Studien, also in Studien mit Patienten.
Neue Therapieoptionen für Typ-1-Diabetes in der Entwicklung
Weiterhin entwickelt das DZD auch neue Therapiekonzepte für Typ-1-Diabetes. Bei dieser Autoimmunerkrankung zerstören die Abwehrzellen des Immunsystems die insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. Transplantationen von Bauchspeicheldrüsen bzw. von insulinproduzierenden Zellen können hier helfen. Doch die dafür benötigten Bauchspeicheldrüsen sind rare Spenderorgane.
DZD-Forschende suchen daher nach Wegen, um die körpereigene Insulinproduktion wiederherzustellen. So arbeitet das Team um Prof. Stefan Bornstein und Prof. Barbara Ludwig aus Dresden an einer künstlichen Bauchspeicheldrüse – einer Art Bioreaktor, der gesunde Betazellen enthält, die selbstständig den Blutzuckerspiegel messen und passgenau Insulin produzieren. Die Zellen sind von einer speziellen Teflon-Membran umgeben, die zwar Hormone, Nährstoffe und Sauerstoff ungehindert passieren lässt, nicht aber die körpereigenen Immunzellen.

Dank des besonderen Aufbaus können die verkapselten Inselzellen nicht nur aus menschlichen Spenderorganen, sondern auch aus tierischen Quellen (z. B. Schweinen) stammen. Abgeschirmt durch die Membran könnten die Schweinezellen im Bioreaktor Insulin liefern, ohne das Immunsystem der Betroffenen zu reizen.
Künstliche Bauchspeicheldrüse
Die Xenotransplantation – so nennt man die Übertragung tierischer Gewebe in Menschen – unterliegt strengen Sicherheitsauflagen, um das Risiko der Übertragung neuer Krankheitserreger einzudämmen. Auf diesem schwierigen Weg hat das DZD wichtige Meilensteine erreicht: In zwei Studien konnte Prof. Eckhard Wolf aus München sowohl die Sicherheit als auch die Funktionsfähigkeit der aus Schweinen gewonnenen Inselzellen belegen. Die Studien waren so erfolgreich, dass die neue Technik schon bald an ausgewählten Typ-1-Diabetikern erprobt werden soll.
Ansätze für Zellersatztherapien
Einen anderen Weg, die körpereigene Insulinproduktion wiederherzustellen, können Stammzellen ermöglichen. Sie haben das Potenzial, sich in jeden Zelltyp des menschlichen Körpers zu verwandeln. Doch welche Bedingungen werden benötigt, damit Stammzellen zu Betazellen werden? Hier ist dem Team von Prof. Heiko Lickert (München) ein wichtiger Durchbruch gelungen. Sie haben ein Verfahren entwickelt, mit dem es im Labor gelingt, dass menschliche Stammzellen zu insulinproduzierenden Betazellen werden. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung Betazellersatztherapie.
Schwerpunkt „Neues aus der Diabetes-Forschung“
- Diabetes-Therapie der Zukunft
- Neue Einteilung in Subtypen: Diabetes ist nicht gleich Diabetes
- Vernetzte Daten für die Diabetes-Forschung
von Prof. Dr. Heiko Lickert, Prof. Dr. Barbara Ludwig, Dr. Timo Müller und Prof. Dr. Eckhard Wolf
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (12) Seite 16-18
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gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 4 Tagen, 22 Stunden
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Tag, 1 Stunde
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 4 Tagen, 13 Stunden
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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