Die Insulinpumpentherapie

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Die Insulinpumpentherapie

Mitte der 1970er Jahre war der Beginn der Insulinpumpentherapie; zunächst wurden nur Typ-1-Diabetiker mit einer kontinuierlichen Insulinzufuhr über einen Perfusor (Spritzenpumpe) in die Vene behandelt. Es folgte die Versorgung mit Insulin subkutan (unter die Haut) über batteriebetriebene Pumpen, in die eine kleine Spritze mit Insulin eingelegt war.

Vom Rucksack zum handlichen Modell

Der Vorteil war eine gleichmäßigere und bessere Blutzuckereinstellung gegenüber einer vergleichbaren intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT). Allerdings gab es bei der anfänglichen intravenösen Gabe der Insuline häufig Infektionen an der Einstichstelle – durch die subkutane Gabe konnte dies deutlich reduziert werden.

Die erste, vom Arzt Dr. Arnold Kadish aus Los Angeles getragene Insulinpumpe 1963 hatte noch die Größe eines großen Rucksacks, sie pumpte kontinuierlich Insulin und Glukagon in die Vene; heute wiegen die Pumpen noch zwischen 104 g (Animas Vibe) und 34 g (Pod der kabellosen mylife OmniPod). Derzeit gibt es fünf verschiedene Insulinpumpenmodelle auf dem deutschen Markt; alle Modelle haben die für eine Insulinpumpentherapie (auch: CSII = kontinuierliche subkutane Insulininfusion) charakteristischen Funktionen.

Nachahmung der normalen Insulinausschüttung

Mittels einer Insulinpumpe kann die normale Funktion einer Bauchspeicheldrüse weitgehend nachgeahmt werden, was die Ausschüttung von Insulin und die Blutzuckerregulation betrifft. Mit der Pumpe und einem Katheter mit Kanüle, die ins Unterhautfettgewebe eingestochen wird, wird kontinuierlich (alle paar Minuten) Insulin abgegeben. In der Regel wird dafür ein kurzwirksames Insulin oder Insulinanalogon verwendet.

Über einen speziellen Mechanismus kann zudem der Bolus abgerufen werden, also das Mahlzeiteninsulin zu den Hauptmahlzeiten wie auch – wenn nötig – zu den Zwischenmahlzeiten und zur Korrektur. Das funktioniert durch Druck auf einen Knopf, zum Teil auch mit einer Fernbedienung.

Insulinbedarf individuell programmieren

Der Insulinbedarf schwankt im Laufe eines Tages manchmal stark – so brauchen die meisten in der Regel morgens mehr Insulin als mittags und abends mehr als in der Nacht. Mit der Pumpe kann der Nutzer diesem unterschiedlichen Insulinbedarf gerecht werden, weil es möglich ist, eine jeweils passende Basalrate über den Katheter in das Unterhautfettgewebe abzugeben.

Die Pumpe kann je nach Modell so eingestellt werden, dass die abzugebende Insulindosis für jede Stunde programmiert ist (24-Stunden-Basalratenpumpe). Bei manchen Pumpen kann sogar für jede halbe Stunde des Tages eine eigene Basalrate programmiert werden. Der Bolus, der zu jeder Mahlzeit abgegeben wird, wird entsprechend der unterschiedlichen Insulinempfindlichkeit zu den unterschiedlichen Tageszeiten durch Ausprobieren ermittelt.

Auch Bolusgabe lässt sich zielgerichtet bestimmen

Auch die Bolusinsulinmenge zu den Mahlzeiten lässt sich an den modernen Insulinpumpen wie erforderlich verändern – eben genau so, dass es zur Mahlzeit passt. Alle Pumpentypen haben einen Boluskalkulator/-rechner integriert, der individuelle Therapieparameter wie Kohlenhydrat- und Basalratenfaktor, Insulinwirkdauer und Blutzuckerzielbereich berücksichtigt.

Eine der Pumpen (Paradigm Veo) ist sogar in der Lage, sich selbst auszuschalten, wenn der Blutzucker abfällt (Hypogefahr!). Dies gelingt durch die Kombination der Pumpe mit einem zusätzlichen Glukosefühler (Glukosesensor) und kann insbesondere in der Nacht eine wertvolle Hilfe sein, speziell auch bei Kindern.

Funktionen der Pumpen

Folgende Funktionen besitzen alle auf dem deutschen Markt erhältlichen Insulinpumpen:

Einige Pumpen bieten optional folgende Leistungen an:

Aktuelle Pumpenmodelle auf dem deutschen Markt

Wem die Pumpe nützt

Grundsätzlich kommt eine Insulinpumpentherapie nur für Patienten in Frage, die bereits eine intensivierte Insulintherapie beherrschen und damit keine befriedigende Stoffwechseleinstellung erreichen. Weitere Gründe: das Dawn-Phänomen (massive Blutzuckeranstiege in den frühen Morgenstunden) und auch unerklärliche, starke Blutzuckerschwankungen mit hohen HbA1c-Werten, aber auch häufigen Unterzuckerungen.

Auch bei extrem geringem Insulinbedarf, insbesondere bei Kindern, kann eine Pumpe sinnvoll sein, um über Nacht ein gleichmäßigeres Blutzuckerprofil zu erreichen und Unterzuckerungen zu vermeiden. In einer Schwangerschaft bietet die Insulinpumpe den großen Vorteil, dass nicht 6- bis 8-mal pro Tag Insulin gespritzt werden muss, wenn sich über die Monate der Insulinbedarf immer wieder verändert.

Gründe für eine Insulinpumpe

Wer übernimmt die Kosten?

Die Insulinpumpentherapie ist eine relativ teure Therapie; sie ist in der Regel um ein Drittel teurer als eine ICT. Die übernehmen die Kostenträger seit 2006 nur noch dann die Kosten, wenn der Antrag auf Kostenübernahme gut begründet ist und für die Antragstellung die Blutzuckerwerte, die Erkrankung selbst und die bereits durchgeführten medizinischen Maßnahmen genau dokumentiert wurden.

Wichtig: lückenloses Blutzucker-Tagebuch

Es ist deshalb sinnvoll und unbedingt erforderlich, dass ein Patient mit Insulinpumpenwunsch ein Diabetestagebuch führt, aus dem ersichtlich ist, warum eventuell eine Pumpentherapie sinnvoll ist. Erst aufgrund eines ausführlichen ärztlichen Gutachtens durch den betreuenden Diabetologen und wenn nötig aufgrund weiterer Unterlagen entscheidet der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), ob eine Insulinpumpentherapie bezahlt wird.

Genehmigung leichter bei Säugling oder Kleinkind

Soll ein Säugling oder ein Kleinkind eine Insulinpumpe bekommen, stimmt der MDK dieser Therapie in der Regel ohne vorherigen Nachweis einer ICT zu – meist aber nur dann, wenn die Eltern motiviert sind und im Umgang mit der Insulinpumpe ausführlich geschult wurden.

In der Regel muss also ein Patient, der eine Pumpe haben möchte, drei Monate lang seine Blutzuckerwerte sowie die Insulindosen dokumentieren, und der verordnende Arzt muss nachweisen oder erklären, dass alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft wurden, um eine gute Blutzuckereinstellung zu erreichen.

Bewährungszeit von 3 Monaten

Meist wird die Pumpe zunächst nur für einige Monate (meist drei) genehmigt. In der Zeit muss nachgewiesen werden, dass der Patient gelernt hat, mit der Pumpe sorgfältig umzugehen, und dass sich die Blutzuckerwerte bessern. Teils kann es vorkommen, dass die Pumpe nach der Probezeit wieder abgegeben werden muss.

Mit Langzeitgarantie

Die heutigen Pumpen haben eine Langzeitgarantie von vier Jahren, danach muss meist erneut eine Pumpe beantragt werden. Dafür müssen wiederum die Blutzuckerwerte dokumentiert werden, erneut muss der Arzt ein Gutachten vorlegen, und es muss nachgewiesen werden, dass die Insulinpumpentherapie notwendig ist.

Mein Fazit zur Pumpe

Zwar profitieren nicht alle Insulinpumpenträger von ihrer Pumpe, grundsätzlich bietet die Pumpentherapie jedoch die Chance für eine gleichmäßigere Insulinzufuhr – und dadurch können insbesondere stark schwankende Blutzuckerwerte und schwere Unterzuckerungen vermieden werden. Die gleichmäßigere Blutzuckereinstellung kann auch helfen, bereits bestehende Folgeschäden zu verbessern oder eine Verschlechterung zu vermeiden.

Die Pumpentherapie hilft insbesondere Menschen mit einem ungeregelten Tagesablauf (speziell durch Schichtdienst), aber auch Frauen mit Diabetes, die schwanger sind oder eine Schwangerschaft planen. Bei Kleinkindern lassen sich mit der Pumpe die Insulingaben in der Nacht besser steuern.

Königstherapie der Insulinbehandlung

Die Insulinpumpentherapie ist eine relativ teure Therapie; man kann sie nach wie vor als Königstherapie der Insulinbehandlung bezeichnen, die dann sinnvoll ist, wenn das ursprüngliche Therapieziel nicht erreicht wurde. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit verlangt allerdings auch, dass der Sinn und die Notwendigkeit bei einigen Patienten von Zeit zu Zeit überprüft wird. Die Insulinpumpentherapie ist in speziellen Fällen auch Typ-2-Diabetikern zugänglich – es gelten grundsätzlich dieselben Voraussetzungen.

Manche geben die Pumpe wieder ab

Es gibt durchaus auch Patienten in meiner täglichen klinischen Tätigkeit, die ihre Insulinpumpe wieder abgeben, da sie im Alltag mit der Technik nicht klargekommen sind oder überfordert waren mit den vielen Möglichkeiten, die in einem derart komplexen Gerät stecken, und sich auch die Blutzuckerwerte nicht besser einstellen ließen.

In diesen Fällen ist es manchmal der bessere Weg, erneut auf eine ICT umzustellen und dafür die modernen verfügbaren Insuline zu nutzen. Für den Patienten bedeutet der Schritt, die Pumpe wieder abzugeben, deshalb nicht immer einen Rückschritt!


Dr. Gerhard-W. Schmeisl, Bad Kissingen

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  • carogo postete ein Update vor 2 Stunden, 22 Minuten

    Hallo zusammen! Ich habe mich mit einer Freundin über die Rezepte in der Zeitschrift unterhalten und wir haben uns gefragt, was es eigentlich konkret mit den Nähwertangaben und der Unterscheidung zwischen Kohlenhydraten und anrechnungspflichtign KH auf sich hat?

  • cesta postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

    • kw antwortete vor 1 Woche, 1 Tag

      Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
      Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.

      LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)

    • cesta antwortete vor 1 Woche

      @kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!

    • cesta antwortete vor 1 Woche

      @moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

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