- Behandlung
Insulin-Serie: Der sanfte Einstieg in eine Insulintherapie
3 Minuten
Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes stehen einer Insulintherapie zunächst skeptisch gegenüber. Prof. Thomas Haak erklärt im aktuellen Teil der Insulin-Serie, wieso viele Sorgen unbegründet sind und wie ein sanfter Therapiestart gelingt.
Im Beispiel oben rät der Arzt zum Beginn einer Insulintherapie. Aber nur wenige Patienten sind begeistert von diesem Vorschlag. Was denkt sich der Arzt dabei, wieso wird Insulin bei Typ-2-Diabetes gebraucht? Normalerweise ist der Typ-2-Diabetes dadurch gekennzeichnet, dass Insulin zwar vorhanden ist, aber nicht mehr ausreichend wirkt. Diesen als Insulinresistenz bezeichneten Wirkverlust des Insulins kann man mit verschiedenen Medikamenten behandeln.
Das Fallbeispiel
Julius R. ist ein lebensfroher Mensch, der vor einem Jahr berentet wurde. “Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an” ist sein Motto, und als Genussmensch sind für ihn Essen und Trinken bedeutend für die Lebensqualität. Sport war nie seine Leidenschaft, aber er hat einen Hund und bewegt sich täglich mindestens ein bis zwei Stunden an der frischen Luft.Seit 11 Jahren hat er Typ-2-Diabetes und wird mit einer Kombination aus Metformin und einem “SGLT-2-Hemmer” behandelt: Das führt zu einem Glukoseverlust über den Urin.
Die Therapie verträgt er gut, Nebenwirkungen hat er bisher nicht. Beim letzten Arztbesuch rät der Hausarzt aufgrund des HbA1c-Wertes von 8,5 Prozent, dass die Therapie erweitert werden muss. Julius R. beginnt, über eine Woche seinen Blutzucker morgens, mittags, abends und vor dem Zubettgehen zu messen.
Dabei zeigt sich, dass der Blutzucker vor dem Zubettgehen zwischen 80 und 120 mg/dl (4,4 und 6,7 mmol/l) liegt, jedoch am nächsten Morgen selten niedriger als 160 mg/dl (8,9 mmol/l) ist. Der Hausarzt rät daher zu einer “basalunterstützten oralen Therapie” und verordnet ein Insulin zur Nacht.
Wenn andere Therapieoptionen nicht mehr ausreichen
Die Medikamente sind zumeist verträglich und lassen sich gut miteinander kombinieren. Auf diese Weise kann man in Verbindung mit einem besseren Lebensstil einen Typ-2-Diabetes problemlos über einige Jahre kontrollieren.
Allerdings ist der Typ-2-Diabetes eine fortschreitende Erkrankung: Das heißt, dass im Laufe der Jahre die Insulinproduktion geringer wird. Irgendwann einmal ist auch unter einer Kombinationstherapie mit verschiedenen Tabletten die Insulinproduktion so gering, dass sie für eine gute Blutzuckereinstellung nicht mehr ausreicht. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem Insulin ins Spiel kommt.
Angst vor Gewichtszunahme unbegründet
Viele Patienten haben aber Angst vor Insulin: Zum einen befürchten sie, dass man von Insulin dick wird. Diese Sorge ist unbegründet. Insulin führt nur im Übermaß zu einer Gewichtssteigerung – dieses Überangebot an Insulin zu vermeiden, gelingt durch die Devise “so viel Insulin wie nötig, aber so wenig wie möglich”.
Eine andere Sorge von Betroffenen ist, dass man mit Beginn der Insulintherapie “irgendwie das Endstadium erreicht hat” und jetzt besonders schwer krank ist. Auch dieses Gefühl ist völlig unbegründet. Insulin ist genau wie Tabletten ein wirkungsvolles Medikament, das, sofern richtig angewendet, eine gute Blutzuckerführung ermöglicht.
Der sanfte Einstieg in die Insulintherapie
Ein sanfter Einstieg in die Insulintherapie gelingt mit der basalunterstützten oralen Therapie. Im Falle unseres Patienten Julius R. besteht das Problem, dass der Blutzucker in der Nacht unkontrolliert ansteigt. Dies kann man dadurch verhindern, dass man eine geringe Menge Insulin zur Nacht gibt. Unter einer geringen Menge versteht man 8 bis 10 Einheiten als Startdosis. Die Insulindosis wird so angepasst, dass der Blutzucker am nächsten Morgen zwischen 80 und 120 mg/dl (4,4 und 6,7 mmol/l) liegt.
Bei den meisten Menschen reichen geringe Insulindosen aus. Es gibt aber Betroffene, die 20 Einheiten Insulin oder mehr benötigen, um den Blutzucker in der Nacht zu kontrollieren. Wenn es jedoch mehr als 40 Einheiten werden, sollte dieses Therapiekonzept überdacht werden: In diesen Fällen ist meist der Umstieg auf eine intensivierte Insulintherapie (zusätzlich Insulin zu den Mahlzeiten) notwendig.
Bauchspeicheldrüse: Entlastung durch das Insulin zur Nacht
Das zur Nacht gegebene Insulin ist ein Verzögerungsinsulin (NPH-Insulin, Insulin glargin, Insulin detemir). Diese Verzögerungsinsuline wirken während der Nacht und entlasten auf diese Weise die Bauchspeicheldrüse – sie kann sich quasi für ihre Aufgaben am folgenden Tag ausruhen. Die bis zum Beginn der Insulintherapie verordneten Tabletten werden unverändert weitergegeben.
Auf diese Weise lässt sich der Blutzucker über einen längeren Zeitraum, manchmal sogar über Jahre weiterhin gut stabilisieren. Diese Injektion zur Nacht lässt sich für die meisten Menschen einfach erlernen und in das Ritual vor dem Zubettgehen integrieren: Man nennt dies auch den “sanften Einstieg in die Insulintherapie”, der auch vermittelt, dass eine Insulintherapie weder schmerzhaft noch mit unangenehmen Nebenwirkungen verbunden ist.
Das Fazit
Julius R. hat seinem Arzt vertraut und mit Insulin zur Nacht begonnen. Die ersten Insulininjektionen waren ihm nicht ganz geheuer, aber dann fiel es ihm doch leicht, die Therapie umzusetzen. Drei Monate später lag der HbA1c-Wert mit 7,2 Prozent im idealen Bereich, ohne dass Julius R. eine Unterzuckung erleben musste und ohne dass er groß an Gewicht zugenommen hat.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (9) Seite 30-31
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 5 Tagen, 1 Stunde
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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