- Behandlung
Insulin-Serie: Mischinsuline – für wen sind sie sinnvoll?
4 Minuten
Mischinsulin ist eine Kombination aus schnellwirksamen und Verzögerungsinsulin und wird bei der konventionellen Insulintherapie (CT) eingesetzt – wenn also die Behandlung möglichst einfach gehalten werden soll. In unserer Insulin-Serie erklärt Prof. Haak, wann dies angezeigt ist.
Das Fallbeispiel
Katharina P. ist eine hochbetagte Patientin und lebt in einer Einheit für betreutes Wohnen. Im Alter von 68 Jahren wurde bei ihr ein Typ-2-Diabetes festgestellt, der einige Jahre mit Tabletten gut eingestellt war. Mittlerweile ist sie 87 Jahre alt, aber geistig noch ganz rege. Mit ihrem Rollator dreht sie täglich ihre Runden um das Seniorenstift und nimmt an den Freizeitangeboten der Einrichtung gern teil.
Bei der letzten Überprüfung ihres HbA1c-Wertes lag dieser allerdings bei 9,8 Prozent, obwohl Katharina P. schon ein Verzögerungsinsulin zur Nacht spritzt und eine Tablettenkombination tagsüber einnimmt.
Der HbA1c-Wert von Katharina P. ist zu hoch (siehe Kasten). Deshalb entschließt sich ihr behandelnder Arzt, die Therapie in eine konventionelle Insulintherapie (CT) umzuwandeln. Konkret heißt das: Das Verzögerungsinsulin zur Nacht wird abgesetzt. Stattdessen erhält Katharina P. ein Mischinsulin, das zu 25 Prozent aus schnellwirksamem Insulin und zu 75 Prozent aus einem Verzögerungsinsulin besteht.
Umstellung auf CT – was dies im konkreten Fall bedeutet
Mit der Pflegedienstleitung spricht der Arzt den Verpflegungsplan für Katharina P. ab, damit sichergestellt ist, dass sie weitgehend die gleiche Menge Kohlenhydrate zu den Hauptmahlzeiten erhält und dass ihr Zwischenmahlzeiten drei Stunden nach einer Hauptmahlzeit angeboten werden. Außerdem empfiehlt er, dass sie vor dem Zubettgehen noch fettverzögerte Kohlenhydrate zum Beispiel in Form eines Joghurts mit 3,5 Prozent Fett essen soll.
Da Katharina P. schon mit der Injektionstechnik vertraut ist, tauscht er den bisherigen Pen gegen einen neuen Pen mit Mischinsulin aus und erläutert seiner Patientin noch einmal, dass das Mischinsulin durch zwanzigmaliges Kippen sorgfältig durchmischt werden muss.
Außerdem erhält Katharina P. einen Spritzplan, der ihr angibt, wie sie abhängig vom aktuell gemessenen Blutzuckerwert die richtige Insulindosis auswählt. Nach zweimaliger Anpassung dieses Plans bei den nachfolgenden Hausbesuchen des Arztes haben sich stabile Blutzuckerverläufe eingestellt; der Blutzuckerwert liegt vor den Mahlzeiten im Mittel bei 150 mg/dl (8,3 mmol/l).
CT: für manche genau richtig
Die konventionelle Insulintherapie wird mit Insulinmischungen durchgeführt. Der Anteil des schnellwirksamen Insulins in diesen Mischungen liegt je nach Insulinpräparat zwischen 15 und 50 Prozent, während der Anteil an Verzögerungsinsulin zwischen 85 und 50 Prozent beträgt.
Die konventionelle Insulintherapie kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Therapie besonders einfach gehalten werden muss – zum Beispiel bei Patienten, die mehr oder weniger pflegebedürftig sind oder wahrscheinlich nur noch eine geringe Lebenserwartung haben, so dass das Auftreten von Diabetes-Folgeerkrankungen wenig wahrscheinlich ist. In der Regel wird bei der CT morgens und abends eine Mischinsulin-Dosis gespritzt, wobei die morgendliche Dosis etwas höher ist als die abendliche Dosis (meist beträgt das Verhältnis 2 : 1). Die Insulindosierung orientiert sich an den Blutzuckerverläufen und wird entsprechend angepasst.
Wichtig: regelmäßig kleinere Kohlenhydratmengen
Wichtig ist, dass Menschen mit Diabetes, die die konventionelle Insulintherapie nutzen, regelmäßig kleinere Kohlenhydratmengen zu sich nehmen. Diese dienen dazu, Unterzuckerungen zu vermeiden. Je gleichmäßiger der Lebensrhythmus und die Kohlenhydratzufuhr sind, desto stabiler sind die Blutzuckerwerte unter einer konventionellen Insulintherapie. Als Zielwert wählt man zumeist einen mittleren Blutzucker von 150 mg/dl (8,3 mmol/l), da Blutzuckerschwankungen bei dieser Therapieform nicht zu vermeiden sind.
Es hat sich dabei bewährt, die Dosis des Mischinsulins abhängig vom aktuell gemessenen Blutzucker morgens und abends zu variieren. Dabei verändert sich jedoch nicht nur der kurzwirksame Anteil des Insulins, sondern auch der langwirksame Anteil. Die Korrektur mit diesen Insulinen ist daher deutlich träger, als wenn die Korrektur mit reinem schnellwirksamem Insulin vorgenommen würde.
Während des Tagesverlaufs und der Nacht können Patienten mit einer CT mit ihrem Mischinsulin den Blutzucker nicht mehr beeinflussen. Im Tagesverlauf können sie allenfalls zu hohe Blutzuckerverläufe durch mehr Bewegung oder weniger Kohlenhydratzufuhr korrigieren. Zu tiefe Werte muss man hingegen stets durch Zufuhr von Kohlenhydraten ausgleichen. Es ist daher besonders wichtig, dass jeder Betroffene über die Symptome einer Unterzuckerung aufgeklärt wird und immer ausreichend Kohlenhydrate bei sich trägt. Das gilt umso mehr, je älter die Menschen sind.
Achtung: Gut mischen!
Bei der Handhabung von Mischinsulinen sollten Nutzer wissen, dass die Insulinmischungen durch den Verzögerungsstoff Protamin trüb sind. Daher müssen die Insuline vor Gebrauch sorgfältig durchmischt werden. Unterbleibt dies, ist das Verhältnis von schnellwirksamem Insulin und Verzögerungsinsulin nicht bei jeder Dosis konstant, was zu unkalkulierbaren und damit auch gefährlichen Blutzuckerschwankungen führt.
Es gibt Menschen mit Diabetes, die nachts stets starke Blutzuckeranstiege haben. Meist sind das diejenigen, die sehr insulinresistent sind und bei denen das wichtigste orale Antidiabetikum Metformin nicht gegeben werden darf, weil zum Beispiel schon ein Nierenschaden vorliegt. Verwendet man bei diesen Patienten im Rahmen einer intensivierten Insulintherapie reine Verzögerungsinsuline, so werden oft sehr hohe Insulindosierungen benötigt, die nicht nur teuer, sondern auch ungünstig für das Gewicht sind.
Hier hat es sich bewährt, vor dem Zubettgehen ein Mischinsulin einzusetzen. Die Idee dahinter ist, dass der schnelle Anteil des Mischinsulins den frühen Blutzuckeranstieg in der ersten Nachthälfte blockiert und das dann anflutende Verzögerungsinsulin die zweite Nachthälfte kontrolliert; das funktioniert in der Regel sehr gut und führt zu einer deutlichen Reduktion der spätabends notwendigen Insulinmenge.
Vorsicht bei guter Stoffwechsellage
Wenn es gelingt, auf diese Weise einen guten Nüchternblutzuckerwert zu erzielen, bessern sich in der Regel auch die Tagesverläufe. Wenn dann über einige Tage ein vormals erhöhter Blutzucker sich dauerhaft normalisiert, besteht die Gefahr, dass das nächtliche Mischinsulin zu stark wirkt – oder gar nächtliche Unterzuckerungen auftreten. In diesem Fall sollte man die Therapie damit beenden und wieder auf ein reines Verzögerungsinsulin wechseln.
Tipp für die Praxis
Auch wenn Mischinsuline nur morgens und abends injiziert werden, empfiehlt es sich, den Blutzucker häufiger zu messen, beispielsweise vor jeder Hauptmahlzeit und vor dem Zubettgehen. Auf diese Weise lassen sich unerwünschte Blutzuckerschwankungen vermeiden.
von Prof. Dr. med. Thomas Haak
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (10) Seite 36-38
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 6 Tagen, 1 Stunde
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 3 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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