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Halber Marathon, volle Motivation
4 Minuten
7.30 Uhr: Der Wecker klingelt
Ich habe schlecht geschlafen – die Aufregung! Der aktuelle Blutzucker: 150 mg/dl (8,3 mmol/l). Vor dem Frühstück wechsle ich vorsorglich die schon seit Tagen sehr schwachen Batterien des PDM meines mylife OmniPods, damit er auf der Strecke keinen Alarm macht. Aber: Murphy’s Law – das System meldet einen Fehler. Ich muss den Pod ersetzen und der Bolusrechner fällt für die nächsten Stunden aus. Also ist besondere Konzentration beim Frühstück gefragt – Müsli mit ein bisschen Obst –, um die richtige Insulinmenge zu berechnen (4 KE mal den morgendlichen Faktor minus Reduktion für den Sport). Ab neun Uhr reduziere ich zusätzlich die temporäre Basalrate für die nächsten drei Stunden um 50 Prozent.
9.30 Uhr: Startbereich St. Pauli/Reeperbahn
Meine Freundin Verena – extra für den Halbmarathon aus München angereist – und ich haben unsere Sachen in die Lkw verstaut, die alle Sporttaschen zum Ziel bringen, und gehen Richtung Start.

Meine OmniPod-Fernbedienung habe ich nun doch mitgenommen – das mache ich sonst nie beim Laufen. Aber mein Blutzucker steigt und steigt. Bei 316 mg/dl (17,6 mmol/l; Tendenz stark steigend) werde ich nervös: Habe ich den Bolus zu stark reduziert beim Frühstück? Liegt es am Adrenalin? Funktioniert der neue Pod vielleicht nicht? Ich korrigiere vorsichtig. Mit mir trage ich außer meinem Handy zum Scannen des FreeStyle Libre und dem PDM noch eine Packung Dextro. Es kann losgehen.
10 Uhr: START
Der Blutzucker liegt bei 243 mg/dl (13,5 mmol/l), Tendenz stark sinkend. Puh, der Pod funktioniert. Verena – ihres Zeichens eine mehr als durchtrainierte Läuferin – und ich feuern uns nochmal gegenseitig an, dann rennt sie mir schon davon.

Insgesamt gehen rund 10.000 Läufer an den Start. Ich reihe mich ein wenig vor dem Zielzeit-Läufer mit dem Ballon „2:15 Stunden“ ein. „Ankommen“ lautet das oberste Ziel. Unter 2:15 Stunden wäre die Wunsch-Zeit, unter 2:10 Stunden ein Traum und für unter 2 Stunden muss schon alles stimmen: das Wetter, die richtig geschnürten Schuhe, die Psyche, der Blutzucker, das Karma …
Kilometer 5
Es läuft super. 28 Minuten sind vorbei, ein guter Schnitt. Ich esse, ohne zu messen, auf Verdacht ein Traubenzuckerplättchen – Erfahrungswerte aus dem monatelangen Training, während dessen ich mir immer notiert habe, mit welchem Blutzucker ich losgelaufen und angekommen bin und wie ich Kohlenhydrate und Basalrate angepasst habe.
Kilometer 10
Läuft immer noch super. Die Zeit: 58 Minuten. Ich schiebe die nächste Dextro-Scheibe in den Mund. Unterwegs sorgen zahlreiche Bands, Tänzerinnen und Animateure für gute Stimmung, aber auch viele gutgelaunte Zuschauer feuern uns am Streckenrand mit lautem Geschrei und kreativen Schildern an: „Ihr habt dafür bezahlt – also lauft“, „Ihr seid spitze!“, „Seine Grenze erreicht man erst, wenn man kotzt“, „Noch 5 Kilometer bis zum nächsten Bier“.
Kilometer 11,5
Boah. Einbruch. Ich muss meinen Blutzucker messen – irgendetwas stimmt nicht. Ich bleibe stehen, packe umständlich mein Handy aus meiner am Oberarm befestigten Tasche und scanne meinen FreeStyle-Libre-Sensor: 76 mg/dl (4,2 mmol/l), Tendenz sinkend. Mist! Ich schiebe gleich 1,5 BE ein und trabe gefrustet weiter. Unterzucker bei Wettkampfbedingungen braucht niemand!
Übrigens: 10 Kilometer weiter … nach 1.01 Stunden überquert genau zu dieser Zeit gerade der Sieger des Hamburger Halbmarathons die Ziellinie. Verrückt, oder!?
Kilometer 14
Wäre das hier ein Training, ich würde meinen Lauf abbrechen. Ab und zu muss ich für ein paar Meter auf Schritttempo drosseln. Denn auch wenn sich der Blutzucker ganz, ganz langsam wieder nach oben arbeitet: So richtig leistungsstark bin ich mit tiefen Werten nun mal nicht. Aber Stehenbleiben ist keine Option für mich, zumal ich weiß, dass der Zucker wieder steigt. Das letzte Drittel wird zur Qual. Und auch wenn ich noch genügend Dextro in der Tasche habe, frage ich vorsorglich am nächsten Getränke-Versorgungsstand: „Habt ihr irgendetwas mit Zucker?“ Die Antwort: „Ne, nur Wasser.“
Kilometer 17
„Noch 3,5 Kilometer bis zum Endspurt“ steht mit Kreide auf der Laufstrecke. Das motiviert. Die Zuschauermenge an der Strecke wird dichter. Man kann das Ziel schon riechen.
Kilometer 20
„Nur noch eine Kurve und ihr seht das Ziel“, ruft ein Zuschauer von rechts. Noch eine Kurve? Das Ziel? Denkste – ich biege um die Kurve und sehe: kein Ziel. Am liebsten wäre ich umgedreht und hätte dem „falschen Motivator“ die Meinung gesagt. Aber die letzten Kräfte müssen sehr genau eingesetzt werden. Und irgendwann taucht es dann tatsächlich doch auf: das Ziel. Ich zähle die Bäume am Straßenrand bis dahin und beiße die Zähne zusammen!
Kilometer 21,1: ZIEL

2 Stunden, 10 Minuten, 39 Sekunden. Geschafft. Der Ziel-Blutzucker: 80 mg/dl (4,4 mmol/l). Man sieht mir meine Erleichterung auf dem Zielfoto an. Höhenflug, ein wahnsinnig tolles Gefühl! Meine Freundin Verena wartet schon auf mich. Sie kam an, als ich ungefähr bei Kilometer 17 war – nach der stolzen Zeit von 1:46 Stunden!

Und danach? Eine außergewöhnliche körperliche Belastung wie ein Halbmarathon wirkt ordentlich nach. Im Ziel habe ich erstmal fleißig nach Apfelsaft und verteilten Snacks gegriffen – was in der Blutzucker-Kurve regelrecht „verpuffte“. Auch am Tag danach war die Insulinsensitivität viel höher als sonst – während sich mein Bewegungsradius vom Bett über die Küche bis zum Schreibtisch und zurück beschränkte, nicht nur wegen der Blase am Zeh …

Alles egal. Denn auch wenn er mich unterwegs ein bisschen geärgert hat: Mein Diabetes musste bei meinem Ziel „Halbmarathon“ mitziehen und es hat geklappt – das ist es, was für mich zählt!
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig