- Bewegung
Sport-Start mit Diabetes: Das ist zu beachten
4 Minuten
Bisher war es auf der Couch sehr gemütlich – aber nun soll es wieder losgehen mit regelmäßiger Bewegung? Jeder, der länger keinen Sport getrieben hat, weiß, dass es sinnvoll ist, das Ganze langsam anzugehen. Wer einen Diabetes hat, sollte darüber hinaus noch etwas mehr beachten, denn manche körperliche Aktivität kann bei Folge-Erkrankungen ungünstig sein. Ein Gesundheits-Check vorab und ein gutes Planen des Starts in die regelmäßige Bewegung helfen, dranzubleiben.
Rainer W., 54 Jahre: “Ich habe schon länger grenzwertige Blutzucker-Werte gehabt. Meine Hausärztin sagte immer, ich solle aufpassen, damit ich keinen Diabetes kriege.” Jetzt sind beim Gesundheits-Check erstmalig deutlich erhöhte Werte aufgefallen. “Früher bin ich mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren, aber durch Corona bin ich seit einem Jahr im Home-Office, das habe ich auch auf der Waage gemerkt.”
So wie Rainer geht es vielen, im ersten Jahr der Corona-Pandemie stieg bei ca. 40 Prozent der Deutschen das Gewicht. Weniger Bewegung und mehr Stress haben zu einer durchschnittlichen Gewichts-Zunahme von 5,6 kg geführt und bei einigen auch zu höheren Blutzucker-Werten.
Wieder durchstarten mit Bewegung
“Aber jetzt ist Schluss, ich fange wieder mit Sport an. Früher habe ich regelmäßig Fußball gespielt, ich bin sogar schon einmal einen Halbmarathon gelaufen.” Rainer will also wieder durchstarten. Aber wie viel Bewegung ist gesund? Welcher Sport eignet sich? Und was muss man beachten, wenn man nach vielen Jahren wieder mit dem Sport anfängt?
Die Weltgesundheits-Organisation (WHO) empfiehlt jedem Erwachsenen mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche moderate oder 75 bis 150 Minuten anstrengende körperliche Aktivität und mindestens zweimal pro Woche Kraft-Training, das alle großen Muskel-Gruppen beansprucht, wie Rücken- und Oberschenkel-Muskeln. Und wenn man einen Diabetes hat? Die Deutsche Diabetes Gesellschaft rät: mindestens 150 Minuten Bewegung mittlerer Intensität pro Woche, am besten im Rahmen von strukturierten Bewegungs-Programmen. Außerdem wird für Menschen in der zweiten Lebenshälfte empfohlen, Geschicklichkeit, Reaktions-Fähigkeit, Koordination, Gelenkigkeit und Beweglichkeit zu trainieren.
Ausdauer- und Kraft-Training
Um fitter zu werden und seine Blutzucker-Werte zu senken, kann man sowohl Kraft- als auch Ausdauer-Training durchführen. Es ist oft einfacher, mit Kraft-Training zu starten. Wenn man bereits etwas fitter geworden ist, ist die Kombination aus Kraft- und Ausdauer-Training optimal. Wer sich ca. 150 Minuten pro Woche moderat körperlich bewegt, kann eine Reduktion des HbA1c-Werts um ca. 0,7 % erwarten. Bei längerem oder intensiverem Training lassen sich zusätzliche Effekte erzielen. Wer sich außerdem gesund ernährt und auf Rauchen verzichtet, kann sein Risiko noch stärker senken.
Welche Trainings-Methoden gibt es?
Kraft-Training: Hierbei handelt es sich um eine Trainings-Form, die die Körper-Kraft steigert und die Muskel-Masse erhöht. Sportarten, die überwiegend die Kraft trainieren, sind zum Beispiel das Training im Fitness-Studio an Geräten oder mit Hanteln. Beim Training mit dem eigenen Körpergewicht (z. B. funktionelles Training) wird nur das eigene Körpergewicht als Widerstand verwendet, hier werden meist auch die Beweglichkeit und der Gleichgewichts-Sinn mittrainiert. Bei Rehasport-Kursen oder Gymnastik-Kursen im Sport-Verein wird meist eine Kombination aus Kraft- und Ausdauer-Training durchgeführt.
Ausdauer-Training: Hierbei wird vor allem das Herz-Kreislauf-System trainiert. Es kommt zwar auch zu einem Effekt auf die Muskulatur, der aber nicht so stark ausgeprägt ist wie beim Kraft-Training. Zu den Ausdauer-Sportarten gehören unter anderem Spazierengehen, Wandern, (Nordic) Walking, Laufen, Schwimmen und Fahrradfahren.
Vor dem Start durchchecken lassen
“150 Minuten pro Woche, das kann ich schaffen.” Rainer will demnächst wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Wenn das Home-Office noch länger anhält, möchte er die Mittagspause dazu nutzen, 30 Minuten auf den Heimtrainer zu gehen. Außerdem bietet sein lokaler Sport-Verein donnerstags “Ausgleichsgymnastik” an – dann schafft er es sogar, sich mehr als 200 Minuten pro Woche zu bewegen. Bevor Rainer mit dem Training anfängt, wird er sich aber noch bei seiner Hausärztin durchchecken lassen. Denn bei fast der Hälfte der Menschen, bei denen ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert wird, liegen bereits Veränderungen an den Gefäßen, die das Herz mit Blut versorgen (Herzkranz-Gefäße), vor. Insbesondere wenn körperlich höhere Belastungen wie Bergwandern, Triathlon oder hochintensives Intervall-Training geplant sind, sollte ggf. auch eine umfangreichere Abklärung beim Kardiologen erfolgen.
Bei Menschen mit Diabetes können weitere Folge- und Begleit-Erkrankungen wie Bluthochdruck, eine Schädigung der Nerven (Polyneuropathie), der Augen (Retinopathie) oder der Nieren (Nephropathie) bestehen. Wenn man nicht bereits regelmäßig zum Augenarzt geht, steht vor dem Start des Sport-Programms ein Termin beim Augenarzt an. Es hat sich gezeigt, dass bei bis zu einem Drittel der Menschen, bei denen ein Typ-2-Diabetes neu diagnostiziert wurde, bereits eine leichte Veränderung der Netzhaut am Augen-Hintergrund vorliegt.
Was muss man bei diabetischen Augen-Erkrankungen und Bewegung beachten?
- milde bis moderate nicht proliferative Retinopathie:
- geringes oder kein Risiko eines Augenschadens durch körperliche Aktivität
- bei milden Retinopathien keine Einschränkungen beim Sport, aber jährliche Augen-Kontrollen erforderlich
- mittlere nicht proliferative Retinopathie:
- keine Aktivitäten, die den Blutdruck dramatisch ansteigen lassen, wie Gewichtheben
- keine Aktivitäten, die den Blutdruck dramatisch ansteigen lassen, wie Gewichtheben
- schwere nicht proliferative und instabile proliferative Retinopathie:
- keine Aktivitäten, die den Blutdruck dramatisch ansteigen lassen
- keine heftige körperliche Aktivität mit Springen, Erschütterungen, Aktivitäten über Kopf oder mit Anhalten der Luft
- während einer aktiven Glaskörper-Blutung sollte kein Sport getrieben werden
- Nach einer Laserung der Netzhaut oder Augen-Operationen sollte 6 Wochen lang keine körperliche Belastung erfolgen.
Ein paar Punkte beachten
Sollte die Hausärztin oder der Hausarzt Folge- und Begleit-Erkrankungen diagnostizieren, ist es wichtig, dass diese vor dem Start der Bewegung behandelt werden:
- Bei Bluthochdruck sollten in Ruhe normale Blutdruck-Werte unter 140/90 mmHg vorliegen.
- Wenn die Durchblutung an den Beinen gestört ist, ist Bewegung prinzipiell hilfreich. Ist die Durchblutung sehr stark gestört oder besteht sogar eine offene Wunde, darf erstmal gar kein Sport getrieben werden.
- Bei Nerven-Störungen (Polyneuropathie) wirkt sich Bewegung ebenfalls hilfreich aus. Regelmäßige körperliche Bewegung kann das Auftreten einer Polyneuropathie verhindern und sogar die Symptome wie Ameisenlaufen mildern. Eine Polyneuropathie führt allerdings auch zu Gefühls-Störungen und ändert das Abrollen des Fußes beim Gehen, sodass ein erhöhtes Risiko für Wunden an den Füßen besteht. Daher sollten bei Vorliegen von Gefühls-Störungen die Füße vor und nach körperlichem Training auf Veränderungen untersucht werden. Zum Training eignen sich vor allem Aktivitäten, die den Druck auf die Fußsohle nicht erhöhen: (langsames) Gehen (z. B. auf dem Laufband), Einbein-Stand, Treppensteigen, Übungen mit Aufstehen aus dem Sitzen oder Übungen, die den Druck auf die Fußsohle im Vergleich zu normalem Gehen senken: Ergometer-Training, Übungen mit dem Thera-Band, Übungen auf einem Gymnastik-Ball.
- Solange offene Wunden vorliegen, darf gar kein Sport gemacht werden. Wer schon einmal Wunden an den Füßen hatte, sollte vor dem Sport-Start mit seinem behandelnden Diabetes-Team sprechen.
Schwerpunkt „Bewegung grenzenlos“
- Sport-Start mit Diabetes: Das ist zu beachten
- Therapie anpassen bei körperlicher Aktivität mit AID-System
- Kitesurfen: Wellen brechen mit Typ-1-Diabetes
- Fabian Bleck: Zauberer mit Diabetes am Basketball-Korb
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2022; 71 (7) Seite 14-16
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 2 Tagen, 23 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 2 Tagen, 21 Stunden
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 2 Tagen, 3 Stunden
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Tag, 22 Stunden
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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stephanie-haack postete ein Update vor 3 Tagen, 20 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 3 Tagen, 19 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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